Shiw’a Asar beTamus: Der Fasttag am 17. Tamus

Der Fasttag des 17. Tammus erinnert an den Beginn der Zerstörung des Tempels. An ihm fangen die „Drei Wochen“ der Trauer über den Tempel und das Exil an. Diese „Drei Wochen“ enden am Fasttag des Neunten Aw.

Der Prophet Sacharja erwähnt diesen Fasttag erstmals (8,19): „… Das Fasten im vierten Monat …“
Im Traktat Ta’anit (4,6) erklärt die Mischna, daß wir wegen fünf Tragödien fasten, die sich an diesem Tag ereigneten:

  • Moses zerbrach die Bundestafeln
  • Das Korban Tamid wurde unterbrochen
  • Die Stadtmauer von Jerusalem wurde durchbrochen;
  • Apostomos verbrannte die Torarolle;
  • Im Tempel wurde ein Götzenbild aufgestellt.

Moses zerbricht die Bundestafeln

Der 17. Tammus wurde von unseren Weisen durch eine einfache Mathematikaufgabe eruiert: Die Tradition lehrt uns, daß die Zehn Gebote am 6. oder 7. Siwan von den Kindern Israels empfangen wurden und Moses am 7. Tag des Monats Siwan auf den Berg Sinai stieg, um die Bundestafeln zu erhalten: „Am siebten Tag rief er Moses mitten aus der Wolke heraus zu.“ (Ex 24,16) Vierzig Tage und vierzig Nächte blieb Moses am Berg. Da der Monat Siwan in diesem Jahr 30 Tage lang war, befand sich Moses 24 Tage des Siwan und 16 Tage des Tammus am Sinai. Am 17. Tag des Monats Tammus stieg Moses vom Berg herab und als er sein Volk um das Goldene Kalb tanzend vorfand, zerbrach er die Bundestafeln.

Die Unterbrechung des Korban Tamid

Die zweite Tragödie war die Unterbrechung des Korban Tamid – des täglichen Opfers im Tempel. Raschi erklärt die Unterbrechung damit, daß das Opfer von der Regierung verboten worden war. Eine weitere Erklärung ist, daß das Korban Tamid zur Zeit der Belagerung von Jerusalem vor der Zerstörung des Tempels unterbrochen wurde. Dies beziehe sich auf die dreijährige Belagerung durch Nebukadnezar vor der Zerstörung des Ersten Tempels.
Als die Hasmonäerkönigin Salome 67 v.d.Z. starb, brach zwischen ihren beiden Söhnen Hyrcanus und Aristobulus ein Bürgerkrieg aus.

Einmal wurde Hyrcanus in Jerusalem durch Aristobulus belagert. Obwohl beide Seiten bereit waren, einander zu bekriegen, bestanden sie auf der Weiterführung der täglichen Opfer im Tempel. Die Belagerten deponierten zwei goldene Truhen mit Geld. Die Belagerer nahmen das Geld aus der Truhe und steckten zwei Schafe hinein. Diese wurden dann in die Stadt geschafft. Der Talmud erzählt, daß ein hellenisierter Jude aus dem Lager des Aristobulus behauptete, es würde niemals gelingen, die Stadt zu erobern, solange die Verteidiger imstande seien, das Korban Tamid darzubringen. Am nächsten Tag wurde statt der Schafe ein Schwein geschickt. Das geschah am 17. Tammus. Von da an hörten die täglichen Opfer im Tempel auf. Der Krieg zwischen den beiden Brüdern führte zur Intervention Roms und zum Ende der jüdischen Unabhängigkeit.

Die Stadtmauer von Jerusalem wird durchbrochen

Diese Durchbrechung der Stadtmauer von Jerusalem führte zur Eroberung der Stadt und zur Zerstörung des Ersten und Zweiten Tempels. Die Zerstörung des Zweiten Tempels stellt jedoch für uns Juden die weitaus größere Katastrophe dar.

Die Verbrennung der Torarolle durch Apostomos

Die letzten beiden Ereignisse, auf die sich die Mischna bezieht, sind unbekannt. Sie werden mit dem Wort „Tradition“ erklärt, was bedeutet, wir wissen nur durch die Überlieferung, daß beide am 17. Tammus geschahen. Der Talmud erzählt die Geschichte eines griechischen Offiziers names Apostomos, der zur Zeit des Zweiten Tempels lebte und eine Torarolle Esras vebrannt haben soll. Es gab viele Versuche, Apostomos zu identifizieren, aber keiner ist überzeugend.

Aufstellung des Götzenbildes im Tempel

Daß ein solches Götzenbild im Tempel am 17. Tammus aufgestellt wurde, wissen wir aus dem Buch Daniel: (12,11) „Von der Zeit, wo das tägliche Opfer abgeschafft und der Greuel der Verwüstung aufgestellt wird …“
Daniel erwähnt jedoch nicht, wer dieses Idol aufstellte. Einige sagen, es sei Apustamus gewesen, andere sprechen über Menashe, einem bösen jüdischen König zur Zeit es Ersten Tempels.

Die „Drei Wochen“

Tisha Be‘ Aw ist strenger als andere Fasttage. Ihm geht eine dreiwöchige Periode voraus, die am 17. Tammus beginnt. Ab dem 17. Tammus werden Trauerriten zelebriert. Mit dem Beginn des Monats Aw werden diese Bräuche umso strenger eingehalten je näher der Neunte Aw kommt. Sephardische und aschkenasische Bräuche sind unterschiedlich. Die Aschkenasim feiern zum Beispiel während der gesamten Drei Wochen keine Hochzeiten, die Sepharden nur ab dem Beginn des Monats Aw. Die Aschkenasim schneiden zun dieser ganzen Zeit keine Haare, die Sepharden wieder nur ab dem Monatsanfang. Ebenso verhält es sich mit dem Waschen von Kleidungsstücken außer für Babies.

Was den Genuß von Wein und Fleisch betrifft, gibt es drei Bräuche:

  • Verboten für die gesamte Periode
  • Verboten nur in den neun Tagen des Monats Aw
  • Verboten nur in der Woche des Neunten Aw

Der Brauch hat einen dreifachen Ursprung: Einer bezieht sich auf eine Bibelstelle, in der beschrieben wird, wie sich Daniel drei Wochen lang des Fleisches und Weines enthielt, als er über die Zerstörung des Tempels trauerte. Ein zweiter Grund ist, daß am 17. Tammus die Mauern von Jerusalem durchbrochen wurden. Dies leitete die finale Phase des Kampfes ein, der der Zerstörung des Tempels vorausging. Da Fleisch und Wein Freudensymbole sind, soll man sie in dieser Zeit nicht zu sich nehmen. Der dritte Grund ist, das Aufhören des Korban Tamid am 17. Tammus. Damit wurden auch die Trankopfer beendet.

Heute ist es allgemein gebräuchlich, ab dem 1. Aw keinen Wein zu trinken und kein Fleisch zu essen. Dies gilt nicht für Schabbat. Falls der Neunte Aw auf einen Schabbat fällt, wird das Fasten auf Sonntag verschoben. Die Einschränkung bleibt bis zum Mittag des 10. Aw aufrecht, denn bis zu diesem Zeitpunkt brannte der Tempel.
Außer am Freitag ist es verboten, ein Bad zu nehmen oder zu duschen. Dies wird entweder nur im Monat Aw oder nur in der Woche des Neunten eingehalten.

Ähnlich wie in Trauerzeiten werden keine frischen Kleider angelegt.

„Schehechejanu“ („der Du uns Leben und Erhaltung gegeben und diese Zeit hast erreichen lassen“) wird ab dem 17. Tammus nicht gesagt, obwohl es darüber verschiedene Meinungen gibt.

Fastentage als nationale Trauertage
Schon die Bibel erwähnt Fastentage als nationale Trauertage. Sie wurden eingeführt und akzeptiert, nachdem das erste Staatsgefüge zusammenbrach. Die größten Unheilstage, die Ablauf und Umfang der nationalen Heimsuchungen veranschaulichen, gelten seither als Trauertage. An diesen Fastentagen vereinigte sich die Reue mit der Buße.

Das Licht Israels wird ewig leuchten:
Lehre und Lernen in Jawneh
Rabban Jochanan ben Sakkai war ein hervorragender Rabbi, Mitglied des Sanhedrins in Jerusalem. Als Leiter einer eigenen Schule hatte er viele Schüler, die zu seinen Füssen studierten und Worte der Weisheit von ihm hörten.

Die Bitte um eine Schule:
Jochanan Ben Sakkai im Hauptquartier des Vespasian
Im Hauptquartier des Vespasian in Cäsarea erschien, von den römischen Behörden mit Ehrfurcht empfangen, ein uralter jüdischer Herr, sehr klein, sehr angesehen, Jochanan Ben Sakkai, Rektor der Tempeluniversität, Oberrichter von Judäa, Großdoktor von Jerusalem.

Jochanan Ben Sakkai im Gespräch mit Josefus Flavius:
Über den messianischen Komplex
Es ist fraglich, ob der Messias jemals kommen wird. Aber glauben muss man es. Man darf nie damit rechnen, dass der Messias kommt, aber man muss immer glauben, dass er kommen wird.