Die Torah der Kinder Noahs
Das Judentum missioniert nicht. Aber auch Nicht-Juden können Anteil an der kommenden Welt haben, wenn sie ein gerechtes Leben führen. Dazu gibt sieben grundsätzliche Gebote, die als „Noachidische Gebote“ bezeichnet werden.
Als die Schöpfung heraufdämmerte, gab G-tt dem ersten Menschen sechs Anweisungen, die er befolgen sollte, um Seine Welt zu erhalten. Nach der Sintflut gab Er Noah eine weitere Anweisung. So wird es in der Schöpfungsgeschichte, wie der Talmud sie nach der Tradition überliefert, erzählt.
Während der längsten Zeit in der jüdischen Geschichte erlaubten es die Umstände nicht, diese Prinzipien öffentlich zu verkünden und zu verbreiten. Als Raw Mendel Schneerson, der Lubavitscher Rebbe, vor breitem Publikum darüber zu sprechen begann, um so eine neue Ära einzuleiten, brachte er wieder Leben in eine fast verlorene Tradition. Faszinierend an diesen Regeln ist der Freiraum, den sie lassen. Sie sind wie ein roter Faden eines großartigen Musikers oder Künstlers: fest, verläßlich und umfassend – und doch nur eine Grundlage, auf der jedes Volk und jeder Mensch selbst weiter auf bauen kann.
Den Weisen des Talmuds zufolge gibt es siebzig Familien mit siebzig Wegen innerhalb der großen Familie der Menschheit. Und jedes Individuum hat seinen eigenen Pfad innerhalb des jeweiligen Weges. Aber es existiert eine universale Basis, auf die wir alle uns stützen können.
Jeder, der nach diesen Regeln lebt und damit anerkennt, daß es das ist, was G-tt von uns will, wird von unserer Tradition als ein „Gerechter“ betrachtet. Dieser Mensch ist ein Mit-Erbauer, der seinen Beitrag zum Tikun Olam leistet, für eine menschliche Welt, so, wie es G-ttes Plan ist.
Hier sind die sieben Anweisungen, entsprechend der alten Überlieferung, mit einigen zusätzlichen Erläuterungen:
Erkenne, daß es nur Einen G-tt gibt, der unendlich ist und über allen Dingen steht
Ersetze das Höchste Wesen nicht durch begrenzte Idole, seien diese du selbst oder andere Dinge. Dieses Gebot bezieht sich auch auf das Gebet, das Studium der heiligen Schriften und die Meditation.
Ehre den Schöpfer
So frustriert und zornig du auch sein magst, mach dem nicht Luft, indem du deinen Schöpfer verfluchst.
Morde nicht
Jedes menschliche Wesen ist – wie Adam und Eva – eine ganze Welt für sich. Das Leben eines einzigen Menschen zu retten heißt, eine ganze Welt zu retten. Ein Leben zu zerstören heißt, eine ganze Welt zu zerstören. Anderen Menschen zu helfen ist eine logische Folge dieses Prinzips.
Ehre die Ehe
Die Ehe ist ein G-ttlicber Bund. Die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau ist die Spiegelung der Einheit G-ttes und Seiner Schöpfung. Die Leugnung der gegenseitigen Verantwortung und Treue ist ein Angriff auf diese Einheit.
Stehle nicht
Sei ehrlich in allen deinen Geschäften. Indem wir uns auf G-tt verlassen anstatt auf unsere eigenen Tricksereien, drücken wir unser Vertrauen in Ihn als Ernährer des Lebens aus.
Ehre G-ttes Geschöpfe
Zu Beginn der Schöpfung war der Mensch der Gärtner des Gan Eden. Er hatte die Aufgabe, sich um ihn zu kümmern und ihn zu schützen. Ursprünglich war es dem Menschen verboten, ein Tier auch nur zu verletzen. Nach der Sintflut wurde ihm gestattet, Fleisch zu essen, jedoch mit einer Warnung: Füge keinem Geschöpf unnötige Leiden zu.
Übe Gerechtigkeit
Gerechtigkeit ist G-ttes Sache, aber wir haben den Auftrag, gerechte Gesetze, gerecht im Sinne der Gleichheit aller Menschen, zu erlassen. Auf deren Einhaltung müssen wir bestehen. Wenn wir Ungerechtigkeiten der Gesellschaft beseitigen, handeln wir als Partner, um gemeinsam die Schöpfung zu bewahren.