Safed ist eine kleine Stadt im oberen Galiläa. Weltbekannt ist die Stadt in den Bergen, weil hier ungewöhnlich viele geistige Lehrer, Torah-Weise, Mischnah-Lehrer, Talmudisten und große Kabbalisten gelebt und gewirkt haben.
Hier befinden sich schon seit zweitausend Jahren die Gräber der Channah und ihrer Söhne, des Rabbi Shimon Bar Yochai und weiterer Geistesgrößen aus dem Zeitalter des zweiten Tempels und der Abfassung der Mischnah.
Im 16.Jahrhundert erlebte Zfath, wie die Stadt auf hebräisch heißt, ein „Goldenes Zeitalter“.
Rabbi Shimon Bar Yochai
Die Grabstätte des Weisen der Mishna (einer der Tanaim) und des vermuteten Autors des Heiligen Sohar liegt im nahen Meron. Dies war ein wichtiger Grund für die ursprüngliche Ansiedlung von Kabbalisten in Safed.
haRaw Jonathan Ben Usiel
Ein weiterer großer Weise aus der Ära des zweiten Tempels. Sein Grab ist eines von Israels meistbesuchten Pilgerstätten. Es liegt in einem schönen Tal etwas außerhalb von Safed.
Es war Jonathan Ben Usiel, der ein Schüler Hillels war, der uns im Targum Jonatan ben Usiel die Worte seines Lehrers zum „liebe deinen Nächsten wie dich“ mit „Was dir verhasst ist, tue auch deinem Nächsten nicht an“ überlieferte.
Hierbei sei auf zwei Dinge hingewiesen:
1) Die Verschiebung vom Bereich der Gefühle (liebe) in das Gebiet der Betätigung (tue).
2) Was noch erstaunlicher ist, die negative Formulierung – „sollst du ihm nicht antun.“
Bekanntlich, ist diese Paraphrase des Verses auf eine Erzählung im Talmud begründet: Es ereignete sich, dass ein Nichtjude vor Schammai trat und zu ihm sprach: „Mache mich zum Proselyten unter der Bedingung, dass du mich die ganze Tora lehrst, während ich auf einem Fuß stehe“. Da stieß er ihn fort mit der Elle, die er in der Hand hatte. Darauf kam er zu Hillel, und dieser machte ihn zum Proselyten und sprach zu ihm: „Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora, und alles andere ist nur die Erläuterung: geh und lerne sie“ (Sabbat 31 a).
Übrigens nutzte der große deutsche Rabbiner Samson Rafael Hirsch gerne das Pseudonym Ben Usiel.
Ein weiteres Grab aus alter Zeit sei noch erwähnt, das der Chanah und ihrer sieben Söhne aus der Zeit der Makabäaer.
Das goldene Zeitalter – Das leuchtende Zfath
1266 wurde die Stadt Safed (hebr. Zfath, arab. Safad) von den Muslimen zur Hauptstadt des nördlichen Galiläas gemacht. Im 16. Jahrhundert wurde Safed unter osmanischer Herrschaft zur „jüdischen“ Stadt. Um 1550 lebten hier knapp 10.000 Juden, von denen viele 1492 aus Spanien geflohen waren. Safed, das ein Zentrum kabbalistischer Mystik war, gilt neben Jerusalem, Tiberias und Hebron als eine der vier „heiligen“ Städte des Judentums.
Wie schon erwähnt, erlebte Zfath im 16. Jahrhundert ein „Goldenes Zeitalter“. Der wohl bekannteste Lehrer aus jener Zeit ist der als ARI verehrte Rabbi Jizhak Luria.
Zu dieser „Goldenen Epoche“ war es gekommen, nachdem die katholischen Könige von Spanien und Portugal per Edikt, zuerst am 9. Aw des Jahres 1498 die Vertreibung der Juden aus Spanien und später auch aus Portugal, beschlossen hatten und sich zahlreiche Gelehrte nach Galiläa retteten und so das bereits bestehende Zentrum der Lehre noch verstärkten.
Rabbi Yosef Saragossi hatte im späten 15. Jahrhundert die Grundlagen für Zfaths Entwicklung zum Hauptzentrum der Gelehrsamkeit geschaffen.
Einer der größten Weisen jener Zeit war, wie bereits erwähnt, der berühmte Rabbi Jizhak Luria (1534-1572), genannt der ARI. Am 5.Aw, dem Geburtstag des ARI, kommen noch heute alljährlich Zehntausende in die Stadt. „ARI“, wörtlich der „Löwe“, ist ein Akronym für „der G-ttliche Rabbi Izhak“. Er revolutionierte das Studium der Kabalah während der zwei Jahre, die er in Safed vor seinem Tod mit 38 Jahren verbrachte. Trotz der Kürze seiner Lehrtätigkeit überspannt sein großes, profundes, kabbalistisches Werk Tausende von Seiten in mindestens 10 umfassenden, von seinen Schülern geschriebenen Bänden.
Der maßgebliche Herausgeber der Lehren des ARI, wie „Etz Chaim“ („Baum des Lebens“), „Pri Etz Chaim“ („Frucht des Baumes des Lebens“) und Shmoneh Sha’ARIm („Acht Pforten“), ist Rabbi Chaim Vital (1543-1620). Er war ein herausragender Schüler der großen Rabbiner Moshe Al-Sheich und Moshe Cordevero und wurde schließlich zum Meisterschüler des ARI. Zahlreiche bedeutende Werke gehen auf ihn zurück.
Rabbi Moshe Cordevero (1522-1570) starb kurz vor der entscheidenden Lehrtätigkeit des ARI und gilt bei vielen als dessen Wegbereiter. Bekannt ist Rabbi Moses Kordovero durch das Akronym seines Namens: RaMaK. Er wurde, bis zu seinem Tod kurz nach der Ankunft von Rabbi Yitzchak Luria, als das Oberhaupt der Kabbalisten von Zfath angesehen. Er ist der Verfasser zahlreicher Standardwerke der Kabbala. Dazu gehören der „Pardes Rimonim“, („Garten der Granatäpfel“) in dem er das gesamte kabbalistische Wissen systematisierte, welches bis dahin enthüllt worden war. Von Rabbi Moses Cordovero stammt auch „Tomer Dworah„, die „Palme der Deborah“, eine mystische Ethik radikalen Erbarmens, die zu den Schlüsseltexten jüdischer Mystik gehört.
Samuel Gallico (15?-161?), Schüler des Moshe Cordovero und Lehrer des Menahem Azariah di Fano, verfasste den „Asis Rimmonim“, aus einer Zusammenfassung von Cordoveros „Pardes Rimmonim“, versehen mit Anmerkungen von Mordechaj Dato (Venezia, 1601). Später folgten noch Fanos „Pelach haRimon“ und Mordecai Ben-J’acows Kommentar „P’amon veRimon.“
Auch Rabbi Eliyahu von Vidas (1518-1592) war ein Schüler von Rabbi Moshe Cordevero. Er hinterließ uns mit „Reishith Chochmah“ eine wichtige ethische Abhandlung, basierend auf der Lehre des Heiligen Sohar.
Die Oberrabbiner von Zfath zwischen 1536 und 1614: Von Beirav bis Galante
Dass diese Stadt, die die Muslime schon 1266 zur Hauptstadt des nördlichen Galiläas erklärt hatten, eine so überragende Rolle unter den Städten Israels einnehmen konnte, verdankt sie auch jenen Gelehrten, die als Oberrabbiner die Gemeinde der Stadt leiteten und die Öffnung für die geistige Blüte im 16. Jahrhundert ermöglichten.
Rabbi Yaakov Beirav (1474-1546)
Talmudist, Gewürzhändler, Hauptrabbiner von Safed ab dem Jahre 1536. Im Jahre 1538 versuchte er die „Smichah“ wiedereinzuführen, die ursprüngliche „rabbinische Ordination“, die in einer unversehrten Kette von Moses bis zum 4. Jahrhundert übertragen worden war. Im 4.Jh. cZ war die Smichah wegen der Verfolgungen und der Erwartung des baldigen Kommens des Messias unterbrochen worden.
Rabbi Beirav ordinierte die Rabbiner Yosef Caro, Moshe von Trani, Yosef Sagis und Moshe Cordevero. Seine Absicht stieß aber auf starken Widerstand und wurde offiziell nicht angenommen. Als Oberrabbiner von Zfath folgte ihm der berühmte Josef Karo.
Rabbi Yosef Caro (1488-1575)
Der Kabbalist und Schüler von Rabbi Yaakov Beirav und Shlomo haLevi Alkabez, diente ab 1546 als Hauptrabbiner von Safed.
Bekannt wurde er vor allem als Verfasser einiger Standard-Werke, einschließlich des „Shulchan Aruch“ (hebr. „Gedeckter Tisch“), ein umfassendes Kompendium der Gesetze der Torah, geordnet nach den Bereichen Religiöses, Persönliches, Soziales, Familie, Geschäft, welches ungeachtet der nachfolgenden Neuausgaben bis heute Anerkennung erfährt, als wichtigste und maßgebende Zusammenfassung zu jüdischem Gesetz und Praxis. Schlomo Ganzfried schuf den Kizur Schulchan arukh, eine (aschkenasische) Kurzfassung.
Rabbi Moshe von Trani (1501-1580)
Er war ein Meisterschüler von Rabbi Yaakov Beirav und Mitglied seines Beit Din („Rabbinisches Gericht“) zusammen mit Rabbi Yosef Caro, dem er als Oberrabbiner von Zfath nachfolgte.
Rabbi Moshe Galante (1540-1614)
Er folgte auf 1580 auf Rabbi Moshe von Trani und diente der Gemeinde über drei Jahrzehnte als rabbinisches Oberhaupt.
In Zfath finden sich viele Synagogen. Eine der schönsten erinnert an Rabbi Josef Karo.
Rabbi Yosef Sagis (?-1573)
Kollege von Rabbi Yosef Caro und Moshe von Trani. Sagis war Begründer einer Verbindung gottesfürchtiger Männer, die sich unter anderem jeden Freitagnachmittag trafen, um das Rechtschaffene ihrer Tätigkeiten während einer vergangenen Woche zu besprechen. Eine Art Supervision in der sich die Gruppenmitglieder kritisch und selbstkritisch mit den Ereignissen und Erfordernissen ihrer Zeit auseinandersetzten.
Rabbi Moshe Al-Sheich (1508-1593)
Kabbalist, Prediger und Jurist. Schüler von Rabbi Yosef Caro und Mitglied seines Beit Din. Rabbi Yitzchak Luria lehnte es ab, ihn zu unterrichten und beharrte darauf, dass die Seele von Rabbi Al-Sheich in diese Welt gekommen sei, um die Arbeit eines Predigers zu verrichten, und nicht für die Kabbala bestimmt sei. Al-Sheich verfasste zahlreiche Werke, darunter wichtige analytische Kommentare zu den Schriften.
Leuchtende Sterne in Zfath: Gallico, Al-Kabez, Najara y Asikri
Das nordisraelische Safed (Zefat, Zfath, Safad) ist eine der vier „heiligen“ Städte des Judentums und seit dem 16. Jahrhundert Zentrum für Lehrer und Schüler der Kabalah. Für sie gibt es keinen besseren Ort um die Tiefen und Geheimnisse der Torah, der jüdischen Lehre, zu verstehen, denn nirgendwo strahlt haOr, das Licht Israels, klarer. In Zfath atmet man die reinste Luft des heiligen Landes und einige Kabbalisten sind davon überzeugt, dass der Maschiach zuerst hier erscheinen wird – um vom Galil nach Jerusalem zu ziehen.
In der Hoffnung auf die kommende Vereinigung G’ttes und seiner Welt, entstanden hier einige der beeindruckendsten Lieder und Gebete Israels. Bis zum heutigen Tag hallt ihr Klang in den Gassen von Zfath nach und das Licht über der Stadt ist noch immer erfüllt vom Glanz der Lehre und ihrer Lehrer. Or Jisrael tamid jisrach, das Licht Israels wird immer leuchten.
Rabbi Elisha Gallico (1526-1589)
Schüler von Rabbi Yosef Caro und Mitglied seines Beit Din. 1575 Nachfolger Caros als Oberhaupt der Talmudakademie (Jeschiwath Zfath) von Safed.
Gallico verfasste zahlreiche bedeutende Werke, darunter spirituelle Kommentare, die auf Rabbi Shlomo Al-Kabez Einfluss ausübten. Bekannt sind v.a. seine homiletisch-allegorischen Kommentare zu Koheleth, Esther und Schir haSchirim. Seine Responsen fanden Beachtung u. a. in Chaim Benvenistis „Kneset haGdolah“.
Rabbi Shlomo Al-Kabez (1508-1593)
Auch er trat als Autor zahlreicher wegweisender Werke auf, sein besonderes Talent lag aber im dichterischen Bereich.
Am berühmtesten wurde seine liturgische Hymne „Lecha Dodi“ (Komm Geliebter!), welche bis zum heutigen Tag in allen Synagogen der Welt zur Begrüßung des Schabath gesungen wird. In Zfath war es üblich die Hymne des Schlomo haLevi Alkabez beim Sonnenuntergang am Freitagabend auf dem Weg durch die Felder vor der Stadt zu singen.
Rabbi Yisrael Najara (1555-1625)
Kabbalist, Dichter und Musiker. Autor der Hymne zum Schabath „Jah Ribon Olam veAlmajah“ und vieler anderer Loblieder.
Rabbi Elazar Azikri (1533-1600)
Der Kabbalist und Prediger war ein Schüler von Rabbi Yitzchak Luria und Yosef Sagis. Asikri, manchmal auch Askari, zeichnet als Autor vieler Schriften, einschließlich der populären Hymne „Jedid Nefesch, Aw haRahaman“ und des Buches „Charedim“, welches die Erfüllung der Gebote, in Beziehung zu den Körperteilen stellt.
Zu nennen wären noch viele, die den Ruhm der Lehre Israels, sei es als Schüler, sei es als Lehrer, mehrten. Stellvertretend seien noch Rabbi Tovia HaLevi (1536-1606) und Rabbi Shmuel Uceda (1538-1602) genannt. HaLevi, ein weithin bekannter Gelehrter und Autor, erfüllte den Galil mit Lehre und Weisheit, ebenso wie Rabbi Shmuel Uceda (1538-1602), der ein Schüler von Jizhak Luria, Chaim Vital und Elisha Gallico war. Er verfasste den „Midrash Shmuel“, einen wichtigen Kommentar zu „Pirkei Avot“ („Sprüche der Väter“).
Nach dieser Blütezeit wurde Zfath im 17. Jahrhundert zu einer der Hochburgen der messianischen Bewegung Sabbatai Zwis (Sabbatianismus). Von hier stammt eine von Sabbatai Zwis Frauen.
Im 18. Jahrhundert ging die Zahl der jüdischen Bevölkerung zurück, die ihren Tiefststand während der britischen Mandatszeit erreichte.
Zur Zeit des Israelischen Unabhängigkeitskrieges im Jahre 1948 lebten in Safed 12.000 Araber und 1.700 Juden. Im Mai 1948 floh die arabische Bevölkerung aus der Stadt.
Seit 1948 ist Safed eine rein jüdische Stadt. Nach der Gründung des Staates Israel hatte Safed den Status einer Entwicklungsstadt. Ein wichtiger Wirtschaftszweig ist heute wegen des historischen Erbes und wegen der Höhenlage (um 800 m ü.NN) der Tourismus.