Tomer Deborah – Der Palmbaum der Deborah

Seit seinem Erscheinen vor fast 500 Jahren gehört Cordoveros „Tomer Dworah“ zu den Schlüsseltexten jüdischer Mystik, der bislang nicht in deutscher Sprache zugänglich war.

Der Text handelt von der wechselseitigen Solidarität und Sympathie zwischen Gott und den Menschen und von den Chancen, Gott gut zu tun, indem man Menschen, Tieren, Pflanzen gut tut. Wer diese Chancen nutzt, übt sich in das radikale Erbarmen Gottes ein. So bietet das Buch die Chance, einen Schritt aus dem Hier und Jetzt heraus in eine Jahrhunderte zurückliegende Situation und in eine jüdische Praxis zu tun, die diese Situation bewältigt.

Zugleich handelt es von Menschen und Problemen, die es auch jetzt und hier gibt: Von Migranten und deren Enkeln und Urenkeln, die damals um Arbeit, wirtschaftliches Überleben und einen seelisch-geistig-sozialen Neuanfang kämpften. Diese Vertriebenen schafften es, zwischen 1530 und 1580 in Obergaliläa eine Kommunität aufzubauen, in der es keine verwahrlosten Waisen, ausbildungslosen Jugendlichen, keine würdelos Armen gab. Hier wurde eine Vision gesellschaftliche Realität, und dies kraft gemeinsamer religiös-ethischer Überzeugungen, die sich aus Mystik, das heißt aus tiefgehender Erfahrung speisten. Der Erfahrung, dass Sozialarbeit den verborgenen Kern der Realität erreicht und stärkt: Gott als unbedingtes Erbarmen. Dieser Gott schwebt nicht über der Kommunität, sondern steckt im Leben derer, die schlechte Karten haben, und im Handeln derer, die das zu ändern versuchen. Beider Rang und die Würde werden sichtbar. Wer Gottes radikales Erbarmen praktiziert, dessen Tun ist auch nicht durch Misserfolg widerlegt.

Der „Palmbaum der Deborah“ ermöglicht einen ersten Blick auf einen jüdischen spirituellen Meister und Denker von hohem Rang, auf eine Blütezeit jüdischer Mystik und auf eine bis in die Reformbewegungen im heutigen Judentum wirksame Gestalt jüdischer Spiritualität.

Sein Autor Rabbi Moses Cordovero lebte von 1522 bis 1570 und wirkte als selbständiger Vollender der mittelalterlichen jüdischen Mystik und als ein führender Kopf der spirituellen Erneuerung des Judentums im 16. Jahrhundert. Mit der hier vorgestellten Schrift begründete er die kabbalistisch-ethische jüdische Literatur des späten 16. und 17. Jahrhunderts.

Ins Deutsche übersetzt haben Shulamit Zemach-Tendler und Klaus Schäfer. Klaus Schäfer macht in seiner Einführung die historischen Zusammenhänge, den gedanklichen Ansatz und den theologischen Kern der Schrift sichtbar. Er zeigt in den Anmerkungen die Quellen auf, aus denen Cordovero schöpft, und weist im Schriftenverzeichnis auf weiterführende Literatur hin.

Rabbi Moses Cordovero von Zefat, Tomer Deborah – Der Palmbaum der Deborah. Eine mystische Ethik radikalen Erbarmens, Lambertus Verlag