Das jüdische Jahr kennt neben den großen Fasttagen (Jom Kippur und Tischa beAw) noch fünf kleine Fasttage. An den großen Fasttagen gilt vom Vorabend bis zum Sternenaufgang des folgenden Tages ein strenges Gebot zu Ruhen und zu Fasten. An den kleinen Fasttagen gilt nur das Fastgebot und auch dieses nur bei Tageslicht.
Einer dieser kleinen Fasttage wird alljährlich im Anschluss an Rosh haSchanah am 3. Tischrei begangen (fällt der 3.Tischrei auf einen Schabbat, so wird Zom Gedaljah auf den 4.Tischrei verschoben). Das Fasten beginnt am 3. Tag des Tischrei bei Sonnenaufgang und es endet, wenn am Abend die Sterne aufgehen. Dieser Tag, Zom Gedaljah, ist dem Angedenken an Gedaljah ben Achikam gewidmet.
Wer war Gedaljah ben Achikam?
Nachdem die Babylonier 586 v.d.Z. Jerusalem und den ersten Tempel zerstört und einen Großteil der Oberschicht Jehudahs verschleppt hatten, setzten sie über die verbliebene Bevölkerung einen jüdischen Statthalter, Gedaljah ben Achikam.
Gedaljah war ein realistisch-pragmatischer Politiker: Er sprach sich für die Anerkennung der politischen Gegebenheiten und gegen nationalistisches Abenteurertum aus. Eine Landreform sprach das Land der verschleppten Oberschicht den verbliebenen ärmeren Bevölkerungsschichten zu. Er versuchte unter den gegebenen Umständen das Beste für ein Überleben des jüdischen Volkes im Lande Israel zu erreichen.
Radikale Gruppen behaupteten, er sei ein Verräter. Jishmael ben Netanjah, Mitglied der im Lande verbliebenen Oberschicht, lud Gedaljah zu einem Gespräch. Obwohl ihn Berater gewarnt hatten, erschien Gedaljah dort. Er war naiv genug zu glauben, dass ein Jude niemals einen anderen Juden ermorden würde – und wurde von Jishmael ben Netanjah erschlagen.
Was auch immer die genauen Motive gewesen sein mögen: Dieser Mord machte die letzten Autonomiebestrebungen Judahs zunichte und besiegelte damit den Untergang des ersten jüdischen Staates.
Zu seinen Lebzeiten wurden Gedaljahs Bemühungen um Erhalt und Wiederaufbau jüdischen Lebens nicht richtig gewürdigt.
Nach seiner Ermordung erkannte man das Ausmaß seines Heldentums und die Trauer um ihn war sehr groß. Noch heute, Jahrtausende später, wird seiner am 3.Tischrei, an Zom Gedaljah, gedacht.
Neben dem 9. Aw, dem Tag der Tempelzerstörung, ist dies der zweite Gedenktag im jüdischen Jahr, der explizit politischen und religiösen Fanatismus verurteilt und vor Hetze, Hass und Gewalt – speziell nach innen, warnt.
Quellen:
Jeremijah 32ff; 40,9ff; 52,29-30;
2 Koenige 24-25;
Ben-Sasson: Geschichte des juedischen Volkes p.200ff, CH Beck Verlag;
Rabbi Joseph Telushkin: Jewish Literacy p.596ff;
Alfred Kolatch: The Jewish Book of Why p.288
Gallyahu Cornfeld: haMikra baOlam, Publishing House Ltd. Tel-Aviv, 1964
Zom Gedaljah und Jitzhak Rabin
Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen…
Slichah!
LeSecher Jitzhak Rabin…