Die Torahlesung zu Rosch haSchanah

Zur speziellen Bedeutung des Rosch haSchanah finden wir in der Torah keine offensichtliche Erklärung. In vaJikra/Lev. 23 steht nur die Anweisung: „Am ersten Tag des siebten Monats sei Euch eine Feier, ein Gedenken des Schofarschalls, eine heilige Versammlung“, und auch baMidbar 29: „Am ersten Tag des siebten Monats sei Euch eine heilige Versammlung, keine Arbeit sollt ihr tun, ein Tag des Schofar sei er euch“, ist nicht viel ergiebiger.

Den an beiden Stellen erwähnte Klang des Schofars erklärt der RaMBaM in den Hilchoth Tschuwah als einen Alarmruf. Gerufen wird nicht der Himmel sondern der Mensch. Er wird aufgerufen zur Umkehr, zur seelischen Erneuerung.

Auch der Bezug der Paraschoth zum Feiertag ist nicht auf den ersten Blick erkennbar. Am ersten Tag wird die Paraschath „Huledeth Jizhak“ – „Isaks Geburt“ gelesen. Am zweiten Tag lesen wir Paraschath „Akedath Jizhak“ – „Die Bindung Isaks“.

Die erste erzählt uns von Jizhaks Geburt, von Hagars Vertreibung und Jischma’els Errettung. Die zweite berichtet über die Bindung Jizhaks und seine Errettung. An dieser Stelle tritt mit dem Widder, der anstelle Jizhaks geopfert werden soll, ein Schofar auf.

Bereits Awrahams Zerrissenheit bei der Trennung von seinem Sohn Jischma’el, und erst recht die Schilderung der Qualen Hagars und Jischma’els, erschüttern den Leser und lassen ihn mit mehr Fragen als Antworten zurück. Nicht nur für Jeschajahu Leibowitz ist aber die Geschichte der Akedah die wohl am schwersten verständliche Schilderung der gesamten Torah. In ihrer Widersprüchlichkeit und ihrer Abgründigkeit entzieht sie sich geradezu dem Verstand.

Der Bericht von der Bindung Jizhaks wirft den Leser in Bangen, Furcht, Entsetzen und Zweifel. Einig sind sich fast alle Kommentatoren darin, dass diese Geschichte eine klare Absage an die Opferung eines Sohnes darstellt. Diese Ablehnung ist so deutlich und durch die grauenhafte und schmerzhafte Dramatik der Geschichte derart absolet, dass jede weitere Erörterung sich geradezu verbietet.

Im Torah-Kommentar Plauts heißt es hierzu: „Awrahams Religion weist nicht nur das Sohnesopfer zurück, sondern auch seine Verwendung als theologisches Thema. Dies steht in starkem Kontrast zu vielen östlichen Religionen und zum Christentum, wo das väterliche Sohnesopfer als Gabe eine zentrale Rolle spielt“.

Jeschajahu Leibowitz betont in den „Sichoth al Hagej-Jisrael uMoadav“ die Problematik der Beziehungen unseres Vaters Awraham zu seinen Söhnen Jischma’el und Jizhak. Er erwähnt, dass für die Grossen und Weisen Israels, wobei er in besonderer Weise den RaMBaM hervorhebt, die Rückkehr des Volkes Israel in das Land Israel und die Rückkehr der Herrschaft des Volkes Israel im Land Israel von zentraler Bedeutung ist.

Trotzdem, schreibt eben der RaMBaM in seiner Erläuterung zur Torah zur Beziehung Sarahs zu Hagar die deutlichen Worte: „Sarah unsere Mutter verfehlte sich gegen Hagar und ihren Sohn Jischma’el. Wegen dieser Verfehlung wurde die Herrschaft über das Land Israel an die Söhne Jischma’els vergeben“ – auch die Souveränität am Tempelberg.

Selbst diese harte Beurteilung lässt aber Raum für die Hoffnung, denn im weiteren Verlauf des Berichts lesen wir in der Torah, dass nach Sarahs Tod Jischma’el zurückfand zu seinem Vater Awraham. Es gibt Grund zur Annahme, dass auch Jischma’el, der ältere, und Jizhak, der jüngere, einander fanden. Die Torah selbst (Bereschith 25) berichtet uns, dass nach Awarahams Tod beide Awraham zur Ruhe betteten, in der Machpela, die Awaraham von Efron gekauft hatte als Grabesstätte für Sarah: „vajikberu oto Jizhak veJischma’el Banav“ – „und es begruben ihn Jizhak und Jischma’el, seine Söhne“.

Leibowitz fügt ein Zitat des Talmuds an: „Und die Taten der Väter seien zum Zeichen den Söhnen“, er sieht hier Trost und Hoffnung am Ende der Schilderungen der Paraschoth zu Rosch haSchanah.

Paraschoth zu den Hohen Feiertagen

Paraschah für Rosch haSchanah (Gen. 21,1-31, Lev. 23,23-25 Maftir)
Paraschah für den 2.Tag Rosch haSchanah (Gen. 22,1-24, Lev. 23,23-25 Maftir)
Paraschah für Schabbat Schuwa (Wochenabschnitt)
Paraschah für Jom Kippur (Dtn. 29,9-14 u. 30,1-20, Lev. 23,26-32, Maftir, zu Minchah Lev. 19,1-18)

Haftaroth zu den Hohen Feiertagen

Haftarah für Rosch haSchanah (1. Samuel 1,1-2,10)
Haftarah für den 2.Tag Rosch haSchanah (Jeremia 31,1-19)
Haftarah für Schabbat Schuwa (Hos 14,2-20; Mi 7,18-20)
Haftarah für Jom Kippur (Jesaja 57,14-58,14)

Haftarah für Sukkot (1. Könige 8,22-30; 41-43)
Haftarah für den 1. Tag Sukkot (1. Könige 8,2-21)
Schabbat Chol haMoed Sukkot (Kohelet 2,1-26)
Haftarah für Schemini Azeret/Simchat Tora (Josua 1,1-9)