Sidrath Zav: Das Friedensopfer (Schelamim)

Paraschath haSchawu’a – Der wöchentliche Toraabschnitt, kommentiert von Nechama Leibowitz

Wir werden dieses Kapitel dem Studium einer Opferart widmen, worauf sich diese Sidra bezieht: das Friedensopfer – zevach schelamim (Lev. 7, 11-16). Die Implikationen dieses Begriffes sind nicht klar und wir werden daher die Meinungen einiger unserer Kommentatoren zitieren:

R. Jehuda sagte: Wer Schelamim bringt, bringt Schalom (Frieden) in die Welt. Eine andere Erklärung: Es enthält Frieden für alle Teile – das Blut und die inneren Teile – für den Altar; die Brust und die Schulter – für die Priester; die Haut und das Fleisch – für die Besitzer.
(Sifra)

Naphtali Hertz Weisel beschäftigt sich in Biur mit demselben Thema:

Es ist, wie unsere Rabbinen feststellten, ein Ausdruck des Friedens. Für die Pluralform vergleiche Psalm 69, 23: „So möge ihr Tisch ihnen werden zur Schlinge, und wenn sie in Frieden (schelomim) sind, zum Fallstrick.“ Die Sprache sucht nach verschiedenen Formen, in denen unterschiedliche Nuancen ausgedrückt werden. Im Singular drückt es Wachstum und Wohlsein aus (vergl. Gen. 37, 14). Wenn die Seele frei ist von Problemen und Leiden, ist sie im Frieden. Das Friedensopfer wird durch den Überfluss der Freude motiviert, durch den Sinn für Dankbarkeit gegenüber Gott, daß er uns wohl sein lässt und frei von Problemen. Wenn wir Gott für seine Güte danken, ziehen wir die göttliche Gnade auf uns herab und es geht uns gut. Im Gegensatz dazu gibt es jene, die Gott vergessen haben und sagen: „die Stärke meiner Hand hat mir all dies Vermögen geschafft“ (Deut. 8, 17). Oder „Ein Zufall ist uns geschehen.“ Sie werden umhergeworfen wie das Meer und für die Bösen gibt es keinen Frieden, spricht der Ewige.

Aber diese Erklärung reicht nicht aus für einen Fall, wie er im Richterbuch berichtet wird, über den Krieg der Stämme mit Benjamin:

Da kamen alle Israeliten und das ganze Volk nach Betel, weinten, sassen da vor dem Ewigen, fasteten den ganzen Tag bis zum Abend und brachten Brandopfer und Friedensopfer dar vor dem Ewigen.

Unter diesem Gesichtspunkt führt Hoffman weiter aus:

„Schelamim“ wird von einer Wurzel abgeleitet, die „Frieden“ oder „vollständig“ („Schalem“) bedeutet. Es bezeichnet den Geisteszustand des Betenden, der Frieden und Zufriedenheit geniesst und erkennt, daß dies durch seine Treue zu Gott erreicht wurde. Es kann auch sein, daß er einen solchen Zustand der Perfektion und Befreiung erlangen möchte, da er verzweifelt ist und sich nach Gottes Hilfe sehnt, um sein Gleichgewicht wieder herzustellen. All dies wird durch „Schelamim“ ausgedrückt: Frieden und Wohlergehen durch die Treue zu Gott.
Der Name passt genau, wenn wir die Idee von Frieden und Harmonie für den Altar, die Priester und die Betenden akzeptieren, die alle daran teilhaben. (Siehe Sifra). Es stellt daher eine Friedensfeier dar, die auf die Harmonie zwischen dem Betenden und Gott und seinen Dienern anspielt.

Es gibt drei Arten von Friedensopfern: Todah – Dank; Neder – Gelübde, Nedawah – freiwillige Gabe.
Die Tora beginnt mit dem Dank:

Wenn man es zum Danke darbringt, so bringe er mit dem Opfer des Dankes ungesäuerte Kuchen …“
(Lev. 7, 12)

Raschi bemerkt folgendes:

Wenn jemand aus Dank für ein Wunder, das ihm geschah, ein Opfer darbringt. Dies bezieht sich auf jene, die auf See in Lebensgefahr gerieten, durch die Wüste reisten, aus Gefangenschaft befreit oder von einer Krankheit geheilt wurden. Von ihnen wird Dank gefordert, wie es heisst: „Danken sollen sie dem Ewigen für all seine Gnade, für die Wunder, die er den Menschenkindern getan“ (Psalm 107, 21). Wenn er aus einem dieser Grüde ein Friedensopfer darbringt, dann ist es ein Dankopfer und die Vorschriften, die in diesem Kontext aufgezählt werden, beziehen sich darauf.

Die vier Kategorien von Personen, die in Psalm 107 erwähnt werden, sind verpflichtet, ein Dankopfer zu bringen und den Gomel-Segensspruch zu rezitieren. Aber unsere Gesetzgeber weiteten diese Vorschrift auf alle aus, die auf irgendeiner Gefahr gerettet wurden. Dem Schöpfer für seine Gnade zu danken zeigt das passende Verhalten, mit dem wir uns ihm nähern sollen.
Nachmanides beschäftigt sich mit der Wichtigkeit dieser Dankbarkeit hinsichtlich unserer Verpflichtung, uns der göttlichen Erlösung aus Ägypten zu erinnern. „Hiermit bezeugen wir, daß es einen alles erneuernten, alles gewährenden und allmächtigen Gott gibt.“
Er setzt fort:

Alle Vorschriften sind dazu da, unseren Glauben an Gott zu kultivieren und unserem Schöpfer dankbar zu sein. Es ist das Ziel der Schöpfung, daß der Mensch seinen Schöpfer anerkenne und ihm danke. Dies ist das Ziel all unserer Gebete in der Synagoge, wo sich die Menschen versammeln, um diese Tatsache öffentlich zu machen und auszurufen: Wir alle sind seine Geschöpfe!

Wie wir schon mehrmals bemerkten, betont Nachmanides das Leben selbst, der Lauf der Natur ist ein göttliches Wunder. Die ungewöhnlichen Erlösungen und ausserordentlichen Wunder sind nur dazu da, um unsere Aufmerksamkeit auf das Wunder der Existenz zu richten. „Alles, was uns geschieht, in unserem öffentlichen oder privaten Fassungsvermögen, ist ein Wunder und steht in keinem Zusammenhang mit der Natur und dem Lauf der Welt.“

Weiterführende Fragen:

Die Sidra wiederholt verschiedene Arten von Opfern, auf die sich Wajikra bezieht, aber in einer unterschiedlichen Ordnung und mit anderen Vorschriften:
Wajikra:
Olah, Mincha, Schelamim, Chatat, Ascham (Brandopfer, Mahlopfer, Friedensopfer, Sündopfer, Schuldopfer)

Tzaw:
Olah, Mincha, Chatat, Ascham, Schelamim (Brandopfer, Mahlopfer, Sündopfer, Schuldopfer, Friedensopfer)

In unserer Sidra kommt das Friedensopfer zum Schluss. Warum? (Beachte die Eröffnungsworte!)

„In deiner Güte, o Herr, erweise dich gnädig an Zion, lass neu erstehn Jerusalems Mauern. Dann werden dir rechte Opfer gefallen – Brandopfer und Ganzopfer“ (Psalm 51, 20-21): Rechte Opfer sind Friedensopfer. Brandopfer sind ständige Opfer und Zusatzopfer.
Ibn Ezra

Warum erwähnt der Text das Sünd- und Schuldopfer nicht?

Haftara zu Wajikra: Jeremia VII, 21 – VIII, 3; IX, 22, 23