Sidra Pekudei – Das Waschbecken und sein Gestell

Paraschat HaSchawua – Der wöchentliche Toraabschnitt, Kommentiert von Nechama Leibowitz

In unserer Sidra gibt Moses einen Bericht über die Weihegeschenke, die dem Stiftszelt gewidmet wurden. Wie viel sie ausmachten und wofür sie benutzt wurden. Die Metalle waren Gold, Silber und Kupfer. Bezüglich Kupfer heißt es:

Und das Kupfer der Weihgeschenke siebzig Kikar und zweitausendvierhundert Schekel.

Wofür wurde das Kupfer benutzt? Dies erfahren wir in den folgenden Versen:

Und er machte daraus die Füsse zur Tür des Stiftszeltes und den kupfernen Altar und das kupferne Gitter dazu …

Auch die Füsse des Hofes, die Füsse zum Hoftor, alle Pflöcke des Stiftszeltes wurden aus Kupfer hergestellt, sowie „alle Pflöcke des Hofes ringsum.“ Es gab aber noch einen kupfernen Gegenstand, der sicherlich wichtiger war als alle Pflöcke und Füsse, auf die hier angespielt wird. Dieser Gegenstand wird hier nicht erwähnt, sondern erst später in der Liste aller Gegenstände, die gegen Ende des nächsten Kapitels vor Moses gebracht werden (39, 39):

Den kupfernen Altar und das kupferne Gitter dazu, seine Stangen und all seine Geräte, das Waschbecken und sein Gestell;

Abravanel inkludiert diesen Punkt gleich in alle anderen Fragen, die er zu dieser Sidra stellt:

Er erwähnte die kupfernen Geräte: Füsse, Altar, Gitter und alle Gegenstände des Altares, usw. Aber das Waschbecken und sein Gestell, das – wie wir wissen – ebenfalls aus Kupfer hergestellt war, wie es heisst: „Mache ein Becken von Kupfer zum Waschen und setze es zwischen das Stiftszelt und den Altar, und tue darein Wasser“ (30, 18), wird hier nicht erwähnt.

Seiner Antwort folgen alle unsere Kommentatoren:

Der Grund, warum er hier das Waschbecken und sein Gestell, die auch aus Kupfer waren, nicht erwähnt, ist, daß sich der Text an dieser Stelle auf das Kupfer bezieht, welches als Weihegeschenk von den Kindern Israels gestiftet wurde, wie es heisst: „Und das Kupfer der Weihgeschenke …“. Das Waschbecken und sein Gestell wurde auf den Spiegeln der Frauen hergestellt, die sich am Eingang des Versammlungszeltes drängten. („Zov’ot“ – die genaue Bedeutung des Wortes und die Passage werden später besprochen.) Daher werden das Waschbecken und sein Gestell nicht erwähnt, da sie nicht aus demselben Kupfer hergestellt wurden.

Abravanel spielt hier auf eine Passage in der vorhergehenden Sidra an, die normalerweise mit unserer verbunden und gemeinsam gelesen wird:

Und er machte das Waschbecken von Kupfer und sein Gestell von Kupfer, aus den Spiegeln der Frauen, die sich sammelten am Eingange des Versammlungszeltes.
(38, 8)

Der Text stellt uns vor viele Probleme, inhaltlich und sprachlich. Was bedeutet der Satz „mar’ot hazov’ot ascher zav’u“?
Ramban haftet am Wortsinn des Textes:

Wir können vielleicht den einfachen Wortsinn nehmen, daß er das Waschbecken und sein Gestell aus den Spiegeln der Frauen herstellte, die sich in einer grossen Menge („zava“ hebräisch für „Schar“ oder „Armee“ – vergl. Gott der Heerscharen „zeva’ot“) vor dem Eingang des Versammlungszeltes sammelten, um ihre Spiegel als freiwillige Gabe zu bringen. Das Kupfer der Spiegel war für diesen Gegenstand bestimmt, da es eine weiche und polierte Oberfläche hatte. Als die Frauen dies sahen, versammelten sie sich, um die Spiegel für die Herstellung des Waschbeckens und seines Gestelles zu geben.

Er gibt den Text wider: „…der Frauen, die sich sammelten am Eingang des Versammlungszeltes“, die sich scharten, um ihr Geschenk zu übergeben. Später werden wir eine andere Interpretation kennenlernen. Aber die innere Bedeutung des Textes widerspiegelt linguistische Betrachtungen. Was veranlasste Moses dazu, die Spiegel der Frauen zur Herstellung des Waschbeckens und seines Gestells zu benutzen, einem Gegenstand, in dem sich die Priester beim Betreten des Stiftszeltes Hände und Füsse waschen würden, um ihre Handlungen zu heiligen? (Ex. 30, 17-21)
Hirsch widmete eine Menge seiner Aufmerksamkeit der Erklärung der symbolischen Bedeutung und der Funktion der verschiedenen Gegenstände des Stiftszeltes im Gottesdienst. Auch er beschäftigt sich mit diesem seltsamen Problem:

Es ist zutiefst bedeutsam, daß ein solcher Gegenstand, der der Heiligung der Hände und Füsse gewidmet ist und der die animalischen Bewegungen und Instinkte des Menschen läutern soll, aus so einem entscheidenden „Boudoir-Gegenstand“ wie einem Spiegel gemacht sein soll. Einem Gegenstand, der die Aufmerksamkeit des menschlichen Körpers als Objekt eines sinnlichen Gelüstes auf sich zieht.

Ibn Ezras Lösung des Problems ist entgegengesetzt:

Es ist der Brauch jeder Frau, jeden Morgen ihr Gesicht herzurichten, in einen Spiegel aus Kupfer oder Glas zu blicken, um die Frisur und den Schmuck, wie in Jesaja 3 erwähnt, zu ordnen. Die israelitische Frau benahm sich gleich wie die heutige arabische. Aber es gab in Israel fromme Frauen, die dieser weltlichen Versuchung nicht nachgaben und ihre Spiegel freiwillig zur Verfügung stellten, da sie die eigene Verschönerung nicht mehr als notwendig erachteten und stattdessen täglich zum Eingang des Versammlungszeltes kamen, um zu beten und zu ihrer Erbauung religiöse Diskussionen zu hören. Der Text sagt: „die sich beim Eingang des Versammlungszeltes sammelten“, da es viele waren.

In der Tatsache, daß die Frauen die Spiegel als Weihgeschenk für das Stiftszelt brachten und so ihre Eitelkeit überwanden, entdeckte Ibn Ezra, daß die Spiegel für diesen heiligen Zweck passten. Mit Ibn Ezras Worten lag die Grösse dieser Frauen darin, daß sie „dieser weltlichen Versuchungen nicht nachgaben“ und „die eigene Verschönerung nicht mehr als notwendig erachteten.
Es war nicht die physische Beschaffenheit und das Aussehen der Spiegel, was ihre Metamorphose in das Waschbecken und sein Gestell zur „Heiligung der Hände und Füsse“ rechtfertigte, sondern vielmehr die selbstlose und spirituelle Widmung der Gabe.
Der Midrasch Tanhuma nimmt einen völlig anderen Zugang. Raschi bezieht sich auf ihn, aber zuerst zitieren wir die Quelle:

Als die Israeliten in Ägypten Sklavenarbeit leisten mussten, verfügte der Pharao, daß sie nicht zu Hause schlafen und Beziehungen mit ihren Frauen haben sollten. R. Simeon b. Halafta sagte: Was taten die Töchter Israels? Sie stiegen hinab, um Wasser aus dem Fluss zu schöpfen. Der Ewige versorgte sie mit kleinen Fischen in ihren Krügen. Sie kochten sie, verkauften einige und kauften mit dem Erlös Wein. Damit gingen sie in die Felder hinaus und brachten ihren Männern dort zu essen. Nachdem sie gegessen hatten, nahmen sie ihre Spiegel und blickten gemeinsam mit ihren Männern hinein. Sie sagte: Ich bin anmutiger als du. Er sagte: Ich bin anmutiger als du. Im Laufe dieses Téte à Têtes erwachten ihre sexuellen Wünsche, sie wurden fruchtbar und mehrten sich. Der Ewige gedachte ihrer, wie es heisst: „Und die Kinder Israels waren fruchtbar und mehrten sich und wurden überaus mächtig.“ Bezüglich der Kinder Israels heisst es: „und das Land füllte sich mit ihnen.“, „aber je mehr sie sie plagten, umso mehr mehrten sie sich.“ Durch diese Spiegel, denen sie ihren Männern zeigten, um in der Sklavenarbeit ihre sexuellen Wünsche zu wecken, erreichten sie alle diese Scharen, wie es heisst (Ex. 12): „alle Scharen des Ewigen gingen aus dem Lande Mitzrajim“ und (12, 51): „Und es geschah, an eben demselben Tage, da der Ewige hinausführte die Kinder Israel aus Mitzrajim nach ihren Scharen.“
Als der Ewige, gepriesen sei Er, Moses befahl, das Stiftszelt zu errichten, kam ganz Israel und brachte Weihgeschenke. Einige brachten Silber, einige Gold oder Messing, Onyx und wertvolle Steine. Bereitwillig brachten sie alles. Daher sagten die Frauen: Was können wir als Weihgeschenk für das Heiligtum geben? Sie kamen und brachten die Spiegel, und legten sie vor Moses. Als Moses die Spiegel sah, wurde er zornig. Er sagte zu Israel: Nehmt Stöcke und brecht die Beine jener, die sie brachten. Was sollen diese Spiegel?
Der Ewige, gepriesen sei Er, sagte zu Moses: Moses! Du blickst auf sie herab? Diese Spiegel haben die Scharen in Ägypten gemacht! Nimm sie und mache daraus das Becken und sein Gestell für die Priester, damit sie darin sich selbst reinigen, wie es heisst: „Und er machte das Becken und sein Gestell aus dem Kupfer der Spiegel, die die Scharen erhoben“ – jene selben Spiegel, die alle diese Scharen erhoben hatten.

Raschi wiederholt diesen Midrasch:

Die Töchter Israels kamen mit den Spiegeln, in die sie blickten, um sich selbst zu verehren. Sogar diese brachten sie als Weihgeschenk für das Heiligtum. Aber Moses wies sie zurück, da sie gemacht waren, um den bösen Trieb zu befriedigen. Daher sagte der Ewige zu ihm: Nimm sie an! Denn diese sind mir lieber als alles andere, denn durch sie erhoben die Frauen die zahllosen Scharen in Ägypten. Wenn ihre Männer von der Arbeit erschöpft waren, kamen sie, brachten ihnen zu essen und zu trinken, gaben ihnen zu essen und zu trinken und nahmen die Spiegel. Jede schaute gemeinsam mit ihrem Mann in den Spiegel und reizte ihn mit den Worten: Ich bin anmutiger als du. In der Folge erweckten sie die Lust ihres Mannes, vereinigten sich mit ihm, wurden schwanger und gebärten, wie es heisst: „Unter dem Apfelbaum weckte ich dich“ (HohesLied 8, 5). Darauf bezieht sich der Text „Spiegel, die Scharen erhoben“. Daraus wurde das Waschbecken hergestellt.

Grammatikalisch wird das Wort „zov’ot“ als transitives Verb in dem Sinn „versammeln – die Scharen Israels“ erklärt. Symbolisch beschwören die Spiegel nicht die Trivialität und Eitelkeit ihrer konventionellen Benutzung herauf, sondern den überlebenswichtigen, lebensgebenden Zweck, dem sie dienten.
Derselbe Instinkt oder Impuls, der den Menschen zur Perversion, zum Schmutz und zur Zerstörung führt, kann ihn auch zur Kreativität, zur Errichtung eines Hauses und der Kontinuität der Nation bringen. Unsere Weisen bezogen sich auf diese Idee, als die Doppelsilbe erklärten, die für das Wort „Herz“ – „le-vav“ benutzt wird, die statt des einsilbigen Wortes „lev“ im Text benutzt wird: „Du sollst den Ewigen mit deinem ganzen Herzen dienen“ („levavcha“), was bedeutet „mit deinen zwei Herzen“ oder Impulsen: „mit dem guten und mit dem bösen“.

Weiterführende Fragen:
Sieh, wie Raschi den Midrasch verwendet. Was lässt er aus, was kürzt er ab, ändert oder bearbeitet er? Welches allgemeine Ziel hat seine Bearbeitung?
Siehe Ex. 30, 17-19: „Und der Ewige redete zu Mose also: Mache ein Becken von Kupfer und sein Gestell von Kupfer zum Waschen und setze es zwischen das Stiftszelt und den Altar, und tue darein Wasser. Und Aharon und seine Söhne sollen daraus waschen ihre Hände und ihre Füsse.“
Unser Kommentator fragt: Warum wurden für diesen Gegenstand keine Maße angegeben wie für die anderen Gegenstände wie dem Tisch, dem Leuchter und dem Altar? Versuche, die Frage zu beantworten, indem Du dich auf die Verse (38, 8), die wir studierten, beziehst.

Haftara zu Wajachel: 1 Könige VII, 51 – VIII 21