Sidra Jitro – Anochi

Paraschat HaSchawua – der wöchentliche Toraabschnitt, kommentiert von Nechama Leibowitz

Die Zehn Gebote beginnen mit der Erklärung: „Ich bin (Anochi) der Ewige, dein Gott“ und enden mit der Verfügung: „Du sollst nicht Gelüste tragen.“

In allen unseren Kommentaren, alten und neuen, finden wir die Diskussion, ob der Eröffnungssatz der Zehn Gebote „Ich bin der Ewige, dein Gott …“ das erste Gebot darstellt, da er, im Gegensatz zum Folgenden, weder als positive noch als negative Regel formuliert wird. Er stellt eher eine Erklärung dar und kein Gebot.
Dies stellt Crescas, der berühmte jüdisch-spanische Philosoph (1340-1410) in seinem Werk Or Ha-Shem fest:

Wer den Glauben an die Existenz Gottes unter die positiven Gebote reiht, unterliegt einem Irrtum. Dem Begiff „Mitzwah“ wohnt inne, das er nur auf Angelegenheiten, die dem freien Willen und der freien Wahl unterliegen, angewandt werden kann. Aber der Glaube an die Existenz Gottes gehört zu den Dingen, die weder dem freien Willen noch der Wahlfreiheit unterliegen. Daher kann der Begriff „Mitzwah“ darauf nicht angewandt werden.

Abravanel hat eine ähnliche Ansicht:

Der Satz „Ich bin der Ewige, dein Gott …“ stellt kein Gebot dar, weder ein dogmatisches noch ein praktisches, sondern ist eine Einleitung zu den folgenden Geboten und Vorschriften, eine Erklärung, die den Kindern Israels sagt, wer zu ihnen spricht.

Rambam jedoch, betrachtet in seinem Sefer Ha-Mitzwot und in seinem berühmten Kodex den ersten Vers des Dekalogs als positives Gebot. Mehr noch, er macht ihn zum ersten und vordersten Gebot, indem er darlegt, es verkörpere „die Grundlage der Grundlagen und der Eckpfeiler aller Wissenschaften.“
Hier sind die relevanten Zitate:

Die erste Mitzwah ist, daß Er uns befahl, an seine Göttlichkeit zu glauben, zu glauben, daß es hinter allen existierenden Dingen eine Ursache und eine motivierende Kraft gibt.
(Sefer Ha-Mitzwot, Mitzwah 1)

Zu erkennen, daß es eine erste Ursache gibt, die alle existierenden Dinge schuf, ist die Grundlage aller Grundlagen, der Eckpfeiler aller Wissenschaften. Und zu erkennen, daß alles, das im Himmel und auf der Erde und dazwischen existiert, nur durch die Wahrheit seiner Existenz ist. …
Die Erkenntnis dieses Konzeptes macht ein positives Gebot aus, wie es heißt: „Ich bin der Ewige, dein Gott“. Und in wessen Geist auch immer sich der Gedanke einschleicht, es gebe andere Götter daneben, übertritt eine negative Vorschrift, da es heißt: „Du sollst keine fremden Götter haben vor mir.“ Er verwirft ein fundamentales Prinzip, denn dies ist das wichtigste Prinzip, von dem alles abhängt.
(Kodex, Jesodei HaTorah I, 6)

Zwischen Rambams Formulierungen dieses Gebotes im Sefer Ha-Mitzwot und im Kodex wurde eine bedeutende Variation bemerkt. Im Sefer Ha-Mitzeot ruft er uns auf, an die Göttlichkeit zu glauben, im Kodex wird uns nicht länger eingeschärft, an eine erste Ursache zu glauben. Wir werden auch nicht mehr darübr informiert, der Glaube an dieses Konzept stelle ein positives Gebot dar. Er schreibt, es sei fundamental zu erkennen, daß es eine erste Ursache gibt und daß die Erkenntnis dieser Tatsache ein positives Gebot darstellt.
Ein bekanntes rabbinisches Diktum, das Rambam in seinem „Führer“ zitiert, gibt uns Aufschluß über die Formulierungsänderung:

Rabbi Simlai legt dar: 613 Vorschriften wurden Moses am Sinai übergeben. … Rabbi Hamnuna sagte: „Welchen Beleg gibt es für diese Zahl im Text? „Das Gesetz hat uns geboten Moscheh“ (Deut. 33,4). TORaH hat den Zahlenwert 611 (tav = 400; waw = 6; resch = 200; heh = 5). Anochi und lo jijeh (die ersten beiden Gebote des Dekalogs: „Ich bin der Ewige, dein Gott …“ und „Du sollst keine fremden Götter haben vor mir“) werden nicht gezählt, denn sie hörten sie direkt von Gott und nicht durch Moses.
(Makot 23b)

Diese Idee wird von Rambam ausgearbeitet:

Sie meinen, diese Worte (die ersten beiden Gebote) erreichten sie ebenso, wie sie Moses, unseren Lehrer, erreichten. Aber nicht Moses übermittelte sie ihnen. Denn diese beiden Prinzipien, die Existenz und Einheit Gottes, sind allein durch menschliche Spekulation erkennbar. In Hinsicht auf alles durch Beweis erkennbare, ist der Status des Propheten gleich wie jener jedes anderen Menschen. …

Malbim unternimmt einen interessanten Versuch, Rambams Ansicht über Anochi als Gebot zu akzeptieren und Crescas Argument ebenfalls zu treffen:

In seinem Kodex ändert Rambam die Formulierung von „glauben“ zu „erkennen“. Er möchte die intellektuelle Basis dieses Konzeptes betonen. Wie er in seinem „Führer“ darlegt, handelt es sich hierbei um ein rabbinisches Diktum, demzufolge wir die beiden ersten Gebote des Dekalogs direkt von Gott hörten. Er impliziert eine rein intellektuelle Erfassung. Mit anderen Worten: mit Ausnahme dieser beiden Vorschriften basiert das gesamte Judentum auf Glauben. Auf den Glauben an Moses als Gottes Prophet. Auf den Glauben, daß alles, was er uns gebot, eine authentische Botschaft Gottes darstellt. Aber diese beiden Gebote – die Existenz und Einzigkeit Gottes – wird durch die direkte Übung der intellektuellen menschlichen Fähigkeiten erreicht. Diese Konzepte legte Gott in den Menschen von Geburt an. Sie sind ihm innewohnende Ideen. Der Mensch muß nur in die eigene Seele blicken, um die zu entdecken, so wie er seine restlichen Fähigkeiten entwickelt. Es gab keinen Grund, sie von Moses als Akte des Glaubens zu empfangen. Sie wurden daher von Gott selbst verliehen, der die menschliche Seele bildete. Die Vorschrift besteht daraus, jede Anstrengung zu unternehmen, um ihre Erkenntnis in Übereinstimmung mit dem Text klarzustellen: (Hiob 12,9) „Wer kann aus alledem es nicht erkennen, daß Gottes Hand all dies geschaffen hat.“

Ob wir den ersten Vers des Dekalogs als Gebot (Rambam) oder bloß als Präambel nehmen (Abravanel), eines ist klar: er ist nicht wie ein Prinzip formuliert wie in: „So sollst du denn heute erkennen und zu Herzen nehmen, daß der Ewige dein Gott ist in dem Himmel droben und auf Erden hier unten, keiner sonst.“ Er wird auch nicht als unpersönliches Gesetz formuliert: Wer anderen Göttern außer dem Ewigen Opfer darbringt, wird zu Grunde gehen.
Der Vers nimmt die Form einer persönlichen Erklärung an, eines Manifestes göttlicher Offenbarung: „Ich bin der Ewige, Dein Gott, der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause.“

Obwohl die Satzstellung dieses Verses vertraut ist, vielleicht wegen dieser Vertrautheit, ist sie nicht klar. Zwei Lesarten sind möglich:

1.) Anochi Adonai – Ich bin der Ewige (Subjekt) – Elohecha – dein Gott (Prädikat)

Ibn Ezra stellt fest:

Das erste Gebot bedeutet, daß wir glauben sollen, mit einem über allen Zweifel erhabenen Glauben, der Ewige, dessen Name geschrieben, aber nicht ausgesprochen wird, ist allein unser Gott.

2.) Anochi – Ich bin (Subjekt) – Adonai Elohecha – der Ewige, dein Gott (Prädikat)

Dieser Lesart folgt Shadal:

Anochi ist das Subjekt und die nachfolgenden Worte formen das Prädikat. Dieser Teilung folgt auch die Vortragsmelodie. Wir könnten den Satz auch anders unterteilen und Anochi mit Adonai verbinden. Dort könnten wir eine Pause einfügen, um „Ich bin der Ewige“ zum Subjekt zu machen und „dein Gott, der dich …“ zum Prädikat. Die Lesart lautete dann: „Ich, der ich der Ewige genannt werde, bin allein dein Gott, der über dich wacht, der dich bereits aus Mitzrajim geführt hat.“
So wird der Text von N. Hertz Weisel erklärt, ebenso von Ibn Ezra. Wenn dies der Fall wäre, lautete die Lesart meiner Meinung nach so: „Ich, der Ewige, bin dein Gott, der dich hinausführte“ (hozeijacha, und nicht wie es tatsächlich heißt: hozeticha: der dich geführt.) Oder: Ich, der Ewige, bin dein Gott, denn (ki) ich führte dich hinaus.“ Oder: Ich, der Ewige, bin dein Gott, ich führte dich hinaus …“ Meiner Ansicht nach ist die erste Lesart, die auch durch die Vortragsmelodie berücksichtigt wird, die korrekte.

Shadals Beweis von „hozeticha“ ist weit davon entfernt, überzeugend zu sein. Seine eigene Formulierung der Lesart und die Ablehung Ibn Ezras enthält den Relativsatz „der dich bereits aus Mitzrajim geführt hat“ (ascher kwar hozeticha). Mit anderen Worten: Wer „dein Gott“ als Prädikat betrachtet, liest nicht „ascher hozeticha“ als restriktiven Relativsatz, sondern als nicht-definierend, als ob es hieße „Ich, der Ewige, bin dein Gott, der dich hinausgeführt.“ Das ist weit weg von Ibn Ezras Verständnis des Textes und von allen, die Ibn Ezras Ansicht folgten.

Benno Jacob, der sich Shadal anschliesst (die meisten nichtjüdischen Gelehrten betrachten „der Ewige“ als Prädikat), bringt den folgenden zu seiner Lesart. Wir sollten nicht vergessen, daß die Zehn Gebote dem Kapitel 19 und der gesamten Exoduserzählung folgen. Israel wusste genau, wer zu ihm sprach. Gott offenbarte sich am Sinai nicht, um eine Erklärung abzugeben. Sie hatten bereits seine Bekanntschaft gemacht. Er ließ sie gewisse andere Aspekte der Gottheit wissen:

Mit „Anochi“ bezog Er sich auf die „Person“ Gottes. Er war keine unpersönliche Idee, über die man spricht oder an die man glaubt. Der lebendige Gott richtete sein „Ich“ an das „Du“ des Hörenden, der sich ebenfalls an das göttliche „Du“ wenden kann. Der Name des „Ich“ ist „Ewiger“. Er ist dein Gott, der dich geführt aus dem Lande Mitzrajim. Der Text lautet nicht: „ki hozeticha“ – „weil ich dich hinausführte“, denn das Hinausführen konstituiert die Aktualität seines Gott-Seins und nicht den Grund dafür. Seine Rolle als Gott besteht darin, dich hinausgeführt zu haben, in sein Eingreifen in dein Leben, in der Richtung, die er deinem Leben gibt, im Hinausführen aus Ägypten bis zu diesem Punkt. Auch Hosea verstand offensichtlich den Vers so: „Doch ich bin der Ewige, dein Gott, vom Lande Ägypten her.“ (Hosea 12,10)

Die enge Verbindung zwischen „dein Gott“ und „der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim“ versorgte Jehuda Halevi mit einer Antwort auf die berühmte Frage, die er an Ibn Ezra stellte und die er in den Mund des Chasarenkönigs legte: Der König hatte die Glaubenserklärung Jehuda Helevis kritisiert, die den Eröffnungsworten des Dekalogs folgt: „Wir glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der die Kinder Israels aus Ägypten hinausführte.“
Hier ist das relevante Zitat Ibn Ezras:

Rabbi Jehuda Halevi, möge er in Ehren ruhen, fragte mich: Warum lautet der Text „Ich bin der Ewige, Dein Gott, der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause“ und nicht auch „der den Himmel, die Erde und auch dich erschaffen hat“? Dies war meine Antwort an ihn. Wisse, daß nicht jeder fähig ist, dasselbe Glaubensniveau zu erreichen. Einige glauben an Gott auf der Basis des Hörensagens. Die Autoritäten sagen ihnen, es stehe in der Tora, die Moses von Gott empfing. Wenn ein Häretiker ihren Glauben in Frage stellt, sind sie verblüfft und wissen keine Antwort. Wer die Wissenschaften meistern will, die Stolpersteine auf dem Weg zum ersehnten Ziel darstellen, sieht das Werk Gottes in den Tieren, Mineralien und Pflanzen, die ihn umgeben, im menschlichen Körper, im Funktionieren aller seiner Glieder. … Er wird die Astronomie beherrschen … und die Naturgesetze. Dies meinte Moses mit: „Laß mich wissen deinen Weg, daß ich dich erkenne.“ (Ex. 33,13) Im ersten Gebot stellte der Allmächtige fest: „Ich bin der Ewige, dein Gott.“ Nur eine Person mit tiefen intellektuellen Talenten wird mit dieser Formulierung zufrieden sein. Die Botschaft des „Ich bin der Ewige“ wird die intellektuelle Elite jeglicher Nation zufriedenstellen.
Gott führte in Ägypten verschiedenen Zeichen und Wunder aus, bevor er das Volk hinausbrachte, um sein Gott zu werden. Daher sagte Moses (Deut. 4,34): „Oder ob ein Gott versucht hat zu kommen, sich zu nehmen ein Volk aus einem Volke heraus …“ Mit anderen Worten: Gott tat für Israel, was er für kein anderes Volk tat. … Moses bezog sich auf den Einfluss der Wunder, die der Ewige in Mitzrajim ausführte, als er feststellte (4,35): “ Dir ist es gezeigt worden, daß du erkennest, daß der Ewige der Gott ist, keiner sonst außer ihm.“ Jeder sah sie, der Gelehrte und der Laie, alt und jung. Er fügte auch die Wirkung der Offenbarung am Sinai hinzu, als sie Gottes Stimme hörten (4,36): „Von dem Himmel hat er dich hören lassen seine Stimme, dich zurecht zu weisen. …“
Schliesslich bezog er sich auf die absolute Überzeugung, daß es außer ihm keinen Gott gibt, was vom Glaubenden durch einen klaren Beweis erreicht werden kann: „So sollst du denn heute erkennen und zu Herzen nehmen, daß der Ewige dein Gott ist in dem Himmel droben und auf Erden hier unten, keiner sonst.“ (4,39)
„Ich bin der Ewige“ wendet sich an den Intellektuellen, „der dich geführt …“ an den Laien.

Jehuda Halevis Antwort unterscheidet sich beträchtlich.
Hier eine Zusammenfassung, die Isaak Heinemann folgt:

Alle anderen mittelalterlichen Autoren, gehen vom Allgemeinen zum Besonderen, wenn sie das Judentum präsentieren. Zuerst beschäftigen sie sich mit der Rechtfertigung des Glaubens an Gott und ziehen dabei in Betracht, die Rechtfertigung von Religion als Kontakt mit Gott und als Glauben an historische Offenbarungen bewiesen zu haben.
Aber Halevi beginnt nicht mit natürlichen Phänomenen und geht von da aus weiter zum Schöpfer. Die Tatsache der Offenbarung, in alten Zeiten erkannt, ist der Beweis des Glaubens an Gott. Die Zuschreibung organischer Wunder an eine kosmische Intelligenz ist erstens weniger überzeugend und akzeptabel und führt zweitens nur zu einem Gott der Metaphysik und nicht der Religion, der sich des Einzelnen annimmt und von ihm eine entschiedene Reaktion erwartet.

Der Unterschied zwischen dem Gott des Aristoteles, zu dem „nur Spekulation führt“, und dem Gott Abrahams, „nach dem sich die Seele sehnt“, ist für Halevi grundlegend. Moses fleht nicht zum Schöpfer, als auf den Pharao Druck ausgeübt wird, das Volk ziehen zu lassen, sondern den „Gott der Hebräer“.
Heinemann beobachtet, daß Ibn Ezras Antwort (siehe oben), der Halevis diametral gegenüber steht. Für Halevi ist der Glauben an der Schöpfer (philosophische Theologie) weniger wichtig als die religiöse Erfahrung der Wunder Gottes. Wer Gott im nicht Normalen entdeckte, wird ihn auch in den „alltäglichen Wundern“ erkennen. Sogar Bilder wie „Gottes Hand“ oder die Apostrophierung Gottes als Licht wirken mehr auf uns als alle Abstraktionen. Ungleich Ibn Ezra, lehrt uns Halevi, daß metaphysische Konzeptionen von Gott ein armseliger Ersatz für das Wirkliche sind und gemacht für jene, die sich nicht auf die Glaubensebene erheben können.
Halevi erklärt den Satz „ehjeh ascher ahjeh“ nicht wie Rambam mit philosophisch abstrakten Begriffen („das Existierende, das existent ist“) sondern: „Der existierende Eine, existierend für sie, wann immer sie mich suchen. Es gibt keinen stärkeren Beweis als meine Gegenwart in ihrer Mitte. Daher sollen sie mich annehmen.“ Wenn dies also die wahre Konnotation von „ehjeh ascher ehjeh“ ist, dann enthüllte sich Gott Moses bei der ersten Offenbarung ebenso wie Israel am Sinai als der Eine, der immer mit ihnen in Verbindung war: „Ich bin der Ewige, dein Gott, der dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause.“
Kehren wir nun zum Ende des Verses zurück, zu den letzten Worten: „mi beith awadim“ – „aus dem Knechthause“. Welchen Zweck hat dieser Anhang, nachdem Mitzrajim bereits namentlich erwähnt wurde? Diese erweiterte Skizzierung Ägyptens als Knechthaus betont ausdrucksvoll das alles durchdringende Warum ihrer Erlösung:

Wenn du das Volk geführt hast aus Mitzrajim, werdet ihr Gott dienen auf diesem Berge. (3,12)

Sie wurden aus der menschlichen Knechtschaft erlöst, um Gott dienen zu können. Vor dem Verbot im zweiten Gebot, jemandem außer Gott zu dienen, wird die Phrase „aus dem Knechthause“ hinzugefügt“, um die Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Gebot zu unterstreichen.
Benno Jacob zieht die Aufmerksamkeit auf den Kontrast zwischen den beiden Phrasen „aus dem Lande Mitzrajim“ und „aus dem Knechthause“. Mitzrajim war das Zentrum der antiken Kultur, die Heimat weiser Männer, berühmt für die Pyramiden und ihre Kunst. Aber für Israel war es nur ein Knechthaus. Die ganze großartige Superstruktur basierte auf menschlicher Versklavung. Benno Jacob ist der Ansicht, die letzten Worte dienen dazu, uns zu lehren, daß, „wenn ein Kulturland keinen Raum für Freiheit hat, dann verzichtet der Diener Gottes auf Kultur.“ Denn es heißt: „Ich bin der Ewige, Dein Gott, der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause.“

Weiterführende Fragen

„Anochi“ beinhaltet, daß wir ihn erkennen und mit ganzem Herzen lieben sollen. Wir sollen uns seiner Gegenwart immer bewußt sein und die Ehrfurcht vor ihm soll uns nie verlassen. (Ibn Ezra)

Wie untersucht Ibn Ezra, im Licht des oben gesagten, die syntaktische Struktur unseres Verses?
Warum zitiert Ibn Ezra in dem Ausschnitt mit der Antwort an Jehuda Healevi Deut. 4,34 – 36 und 39?
Versteht Ibn Ezra das Thema von 4,34 so, daß es sich auf Gott bezieht oder nur auf (irgend)einen Gott?
Abravanel kommentiert Halevis Frage folgendermassen:
Der Text verwendet drei Begriffe, um Gott zu beschreiben. 1.) das Tetragramm“, 2.) „dein Gott“ und 3.) der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause. Damit wird indiziert, daß es drei Motivationen für das Befolgen und Beobachten seiner Gebote gibt. Der erste Grund ist, daß er der Ewige ist – dieser Name unterstreicht sein Wesen, mit dem er das All schuf. Der Name wird von einer Wurzel abgeleitet, die „Sein“ und „Existenz“ bedeutet. Er brachte alles zur Existenz und schuf alles. Mit anderen Worten: Da ich euch Existenz und Sein gab, ist es recht und billig, meine Gebote zu befolgen.
Der zweite Aspekt – „dein Gott“ zu sein, der über dich wacht und dich leitet. Kein Stern oder Schutzengel regiert dein Schicksal. Ich allein bin dein Gott, der dich leitet. Daher bist du verpflichtet, meine Gebote zu befolgen.
Der dritte Aspekt: der ich dich geführt aus dem Lande Mitzrajim, aus dem Knechthause. Ein düsteres Land regiert von einem düsteren Monarchen, bekannt als ein Knechthaus, ein Land ohne Wiederkehr für die darin Eingesperrten. Meine gütige Sicherung eurer Befreiung von dort, zeigt, daß ihr meine Gebote ausführt und auf meinen Wegen wandelt – wie es heißt: „Meine Knechte sind sie, die ich aus dem Lande Mitzrajim erlöste.“

Wie beantwortet Abravanel seine Frage?

Haftara zu Jitro: Jesaja VI – VII, 6 und IX, 5, 6