Schabath Sachor: Amalek

Von Elijahu Kitow

Am Schabbat vor Purim hebt man in der Synagoge zwei Torarollen aus, eine für den Wochenabschnitt, und eine für Maftir – wenn der Haftaralesende aufgerufen wird. Man liest ‚Gedenke, was Amalek dir angetan hat‘ (Dewarim 25, Ende der Sidra ‚Ki Teze‘). Nach dieser Vorlesung wird auch der Schabbat benannt, nämlich: Schabbat Sachor. Als Haftara wird dann aus dem Buch Schmuel I., Kap. 15 vorgelesen: ‚Ich gedenke, was Amalek getan hat.‘

Es ist eine Mizwat Asse – ein Gebot der Tat – bindend für ganz Israel, Amalek, seine Nachkommen und die Missetaten der Amalekiter zu verabscheuen und ausdrücklich zu erwähnen. Wir sollen unseren Kindern erzählen, was uns Amalek, gleich nach dem Auszug aus Ägypten, angetan hat. Endgültig wird diese Mizwa erst erfüllt sein, wenn wir das Andenken an ihn vollkommen aus der Welt geschafft haben werden, so dass alles, was nur in irgendeiner Weise an Amaleks Name erinnern könnte, vom Erdboden vertilgt werden wird.

Dies ist auch der Sinn des Wortes der Tora: ‚Sachor.. – gedenke, was Amalek dir angetan, als du aus Ägypten zogst…‘ Weiter heisst es: ‚Vertilge das Andenken an Amalek unter dem Himmel, vergiss dies nicht.‘ Unsere Weisen erklären: Sachor – gedenke‘ mit dem Munde; ‚Lo Tischkach vergiss nicht‘ im Herzen.

Um diese Mizwa zu erfüllen, haben unsere Weisen angeordnet, dass man diesen Abschnitt öffentlich aus der Tora vorlesen soll, einmal im Jahr, und dies am Schabbat vor Purim. So verbindet man das ‚Auslöschen‘ von Amalek mit dem ‚Auslöschen‘ von Haman, der ja ein Nachkomme von Amalek war.

Obwohl dieser Abschnitt jedes Jahr ohnehin im entsprechenden Wochenabschnitt gelesen wird, nämlich in der Sidra ‚Ki Teze‘, dies immer in die Zeit am Ende des Sommers fällt, ist es trotzdem Vorschrift, diesen Abschnitt ‚Sachor‘ zur vorgeschriebenen Zeit vor Purim noch einmal zu lesen. Dies, um zusätzlich zu der Mizwa, den Wochenabschnitt zu lesen, auch die Mizwa, Amaleks Andenken auszulöschen, zu erfüllen.

Da das Lesen der Paraschat Sachor zu der bestimmten Zeit ein ‚Asse‘ – ein Gebot – der Tora ist, muss der Vorlesende sich bewusst sein, dass er damit den Zuhörern die Mizwaerfüllung ermöglicht. Ebenso muss die Gemeinde (jeder einzelne) beim Zuhören bewusst an die Mizwaerfüllung denken.

Es gibt eine Ansicht, dass, wenn man Paraschat Sachor versäumt hat, man auch die Mizwa durch das Hören der Toravorlesung am Purim (Wajawo Amalek) erfüllt hat.

Ein Knabe, der das Barmizwa-Alter noch nicht erreicht hat, sollte bei Paraschat Sachor nicht zu Maftir aufgerufen werden. Auch sollte er die Parascha nicht anderen vorlesen. Da er nämlich für die Mizwa noch nicht verpflichtet ist, ist er nicht imstande, andere durch sein Vorlesen ihrer Pflicht zu entheben. Viele legen sogar besonderen Wert darauf, auch bei den anderen Parschiot (Para, Schekalim und Chodesch) keinen Knaben unter dem Barmizwa-Alter vorlesen zu lassen.

Für Frauen ist das Hören von Paraschat Sachor nur Minhag (ein Brauch) und kein Din (Gesetz). Die Mizwat Sachor ist in erster Linie für die Männer bestimmt, denn es handelte sich ja um die Verpflichtung zum Krieg gegen Amalek auszuziehen, und da Frauen normalerweise nicht in den Krieg ziehen, fällt für sie auch die Pflicht des ‚Sich Erinnerns‘ weg. Einige sind aber der Ansicht, dass auch Frauen dazu verpflichtet sind, die Vorlesung zu hören, da das Gesetz von ‚Milchemet Mizwa‘ auch für Frauen angeht.

Für einen Kranken, der sein Haus nicht verlassen kann, oder für Gefangene darf man gewöhnlich die Torarolle nicht aus der Synagoge holen. Doch da Paraschat Sachor ein Toragebot ist, ist es erlaubt dies zu tun. Nach Ansicht von einigen Posskim gilt diese Ausnahme auch für Paraschat Para. (Anm.: Im „Sefer haTod’a“ wird dies an geeigneter Stelle durch Jad Eljahu Kitow entsrechend erläutert)

AMALEK

Der erste Amalek war ein Enkel von Esaw. Sein Vater war Esaws ältester Sohn Eliphas. Seine Mutter war Timna, eine Tochter eines der Fürsten von Seïr, eine Nebenfrau von Eliphas. Die Überlieferung sagt, Timna sei Tochter einer verbotenen Ehe, denn in Paraschat Wajischlach wird sie als Schwester von Lotan aufgezählt, und dieser war ein Sohn von Seïr. In Diwrej Hajamim wird sie zu den Kindern von Eliphas gezählt, und nicht zu den Kindern von Seïr. Daraus lässt sich schließen, dass Timna aus einer Verbindung von Eliphas und Seïrs Frau stammt, und so war sie Schwester von Lotan, Fürst von Seïr, von Mutters Seite her, ihr Vater also Eliphas und nicht Seïr.

Als Timna älter wurde, wollte sie sich mit Nachkommen von Awraham verbinden, da sie unter den Völkern beliebt waren. Sie kam zu Jaakow, aber dieser wollte sie nicht nehmen, da sie ja aus verbotener Ehe stammte. Daraufhin kam sie zu Eliphas, ihrem eigenen Vater, und wurde seine Nebenfrau. Ihr Sohn Amalek war daher illegaler Sohn einer illegalen Mutter. Eliphas war noch unter Jizchaks Obhut aufgewachsen und war mit acht Tagen beschnitten worden, denn als Jizchak noch lebte, ließ Esaw all seine eigenen Kinder und die, die in seinem Hause wohnten, beschneiden. Eliphas selbst hatte noch einen Sinn für Sittlichkeit. Amalek, sein Sohn hingegen, wurde erst nach dem Tode Jizchaks geboren und wuchs unter Esaws Obhut heran. Von ihm erbte er denn auch den Hass gegen Jaakow und seine Nachkommen.

‚Esaw sagte zu Amalek: Wie sehr war mir doch daran gelegen, Jaakow zu töten, aber es ist mir nicht gelungen. Nimm du es nun auf dich, Rache für mich zu nehmen! Da sagte Amalek: Ich habe doch keine Hoffnung, gegen ihn aufzukommen. Esaw antwortete: Diese Überlieferung liegt nun in deiner Hand. Wenn du seine Nachkommen bei unrechten Handlungen antriffst, nimm die Gelegenheit wahr und überfalle sie!‘ (Jalkut Chukat 764)

Der erste Amalek lebte sehr lange, er sah noch Jaakow und seine Söhne nach Ägypten ziehen. Er erlebte auch noch den Auszug der Benej Jisrael 210 Jahre später. Als er sie während ihrer Versklavung in Ägypten sah, dachte er bei sich: Nun ist ja die Rache für meinen Vater bereits Tatsache. Aus dieser Versklavung werden sie sich nie befreien können. Sollte es ihnen aber doch gelingen, werde ich sie auf dem Wege überfallen wie ein Bär, dem man seine Jungen entrissen hat. So kann ich sie leicht venichten. Amaleks Nachkommen vermehrten sich sehr stark, wie Dornen auf dem Feld und sie wurden zu einem Volk. Amalek pflanzte in die Herzen seiner Nachkommen einen unerbittlichen Hass gegen die Benej Jisrael, und ihr ganzes Trachten und Sinnen war es, sie zu vernichten. Als Amalek die Benej Jisrael aus Ägypten herausziehen sah, entflammte sein Hass wie ein Feuer. Er versammelte sein Volk und lauerte ihnen auf dem Wege auf. Die Benej Jisrael waren müde und erschlafft. Da sprang Amalek aus dem Hinterhalt hervor, so wie es geschrieben steht: ‚Wajawo Amalek – und da kam Amalek…‘

AMALEKS HASS GEGEN ISRAEL

Amaleks Hass gegen Israel kann nicht mit dem Hass aller anderen Judenfeinde verglichen werden. Der Hass anderer Judenfeinde lässt zu manchen Zeiten nach, aber Amaleks Hass hält an. Solange Amalek besteht, wird er danach trachten uns zu vernichten. Andere Feinde sind bereit, Bestechung anzunehmen, oder sich sogar auszusöhnen, Amalek aber wird sich durch nichts von seinem mörderischen Vorhaben abbringen lassen. Wenn andere Völker sehen, dass G’ttes Hand sie straft, fürchten sie sich und geben nach. Doch Amalek, sogar wenn er Zeichen und Wunder G’ttes sieht, oder wenn G’ttes Herrlichkeit vor dem Lager Israels erscheint, auch wenn er erkennen kann, wie G’tt an Israels Feinden Rache nimmt, schreckt Amalek vor nichts zurück. Es liegt in Amaleks Natur, Israel zu hassen, sogar wenn sie dem eigenen Untergang ins Auge schauen müssen. Amalek, sein Volk und seine Nachkommen sind von diesem Hass durchdrungen. Es ist Hass um des Hasses willen, und darum wird dieser Hass nie aufhören.

Als die Sonne unseres Vaters Awraham aufging, und die Völker der Welt sahen, dass G’ttes Name auf ihm ruht, sahen sie ein, dass er die Quelle ihres Segens sei und betrachteten ihn als den ‚G’ttesfürsten‘ in ihrer Mitte. Worin bestand Awrahams Größe? Vor allem darin, dass er den Götzendienst verwarf. und dass er sich G’tt allein hingab. Er wies seinen Söhnen den Weg G’ttes. Sein ganzes Haus wurde dazu angehalten, in G’ttes Wegen zu wandeln, Gerechtigkeit und Recht walten zu lassen. Jischmael war zwar sein Sohn, doch dieser wollte nicht in den Wegen seines Vaters gehen. Er verschmähte die Grosse seines Vaters und ging seine eigenen Wege, und so überließ er das geistige Erbe seinem Bruder Jizchak. Esaw war Jizchaks Sohn, doch war sein Lebenswandel nicht im Sinne seines Vaters. Raub, Mord und Ehebruch wären für ihn nicht gesetzeswidrig. Doch er wollte beide Welten erben. G’tt hatte den Segen für Jaakow allein bestimmt, weil er mit vollkommener Hingabe Heiligkeit erstrebte und weil er Liebe zu den Menschen ausstrahlte. Esaw sah, dass seine Pläne, das Erstgeburtsrecht zu erhalten nicht gelangen, und so zog er in das Land Seïr. Doch er gab nie die Hoffnung auf, rechtlicher Erbe seines Vaters zu werden, und hasste seinen Bruder Jaakow auf ewig.

Als Esaw einsah, dass er selbst nicht imstande war, an Jaakow Rache zu üben, weil ‚der Hüter Israels nicht schläft und nicht schlummert‘, befahl er seinen Söhnen, Rache an Jaakow zu nehmen. Einige seiner Söhne gaben es auf, sich zu rächen, denn sie sagten: Diesen da können wir nie überwältigen, denn G’ttes Herrschaft schwebt ständig über ihm. Wir haben genug mit unserer Habe, wir brauchen das Erbe von Awraham und Jizchak nicht. Wir wollen weder Rechte noch Pflichten dieses Erbes. Sie gingen den Weg des Frevels und entfernten sich von dem Hause Awrahams und Jizchaks. So wuchs ein abscheulicher Zweig von Esaws Stamm. Schon die Quelle selbst war vergiftet und dieser Nachkomme sagte zu seinem Grossvater Esaw: Ich fürchte G’tt nicht. Ich fühle keine Scham weder für deine noch für meine Taten. Ich brauche den Gerechten keine Ehre zu erweisen. Ich verschmähe sie und ihre Taten. Ich allein bin groß und stark, ich werde Krieg gegen die Söhne deines Bruders führen, offen oder aus dem Hinterhalt. Ich werde die Schwachen überfallen und auch die Starken niedermetzeln, bis es mir gelingt, sie alle endgültig auszurotten.

Solange bei Esaw und seinen Söhnen noch ein geringes Maß von dem Guten ihrer Väter vorhanden war, wagten sie es nicht das Gute in der Welt zu zerstören. Doch als Amalek geboren wurde, bei dem nichts mehr von der Reinheit seiner einstigen Vorfahren übriggeblieben war, blieb nur noch: ‚Wajawo Amalek – Und da kam Amalek und führte Krieg gegen Israel.‘ Und wenn einst alle Nationen der Welt ihr unrechtes Handeln verlassen werden und Schutz unter der g’ttlichen Herrlichkeit suchen werden, wird Amalek den Weg des Bösen bis zu Ende gehen, und damit seinen Untergang finden. ‚Denn die Hand ist auf G’ttes Thron, der Krieg G’ttes gegen Amalek dauert von Generation zu Generation.‘ (Schemot 17)

DIE ERSTEN DER VÖLKER

Bileam war ein Prophet unter den Nationen, und es steht geschrieben: ‚Er sah Amalek und erhob seinen Spruch über ihn: Zwar ist er der erste der Nationen, aber am Ende wird er untergehen.‘ War denn Amalek wirklich der erste der Nationen? Waren ihm nicht siebzig Nationen, Nachkommen von Schem, Cham und Jefet vorangegangen? Man versteht aber den Vers so: ‚Der erste, der gegen Israel in den Krieg zog, war Amalek.‘ Beim Auszug aus Ägypten war Amalek das erste Volk, das Israel angriff. Kein anderes Volk vor ihm, wagte es, Israel anzugreifen. ‚Die Völker hörten es und sie bebten, Furcht ergriff die Einwohner von Pleschet. Da wurden die Fürsten von Edom verwirrt, und die Mächtigen von Moaw ergriff das Zittern. Alle Bewohner Kenaans wurden schwach. Angst und Furcht überfiel sie, die Größe Deines Armes ließ sie still werden wie Stein.‘ (Schemot 15)

Als G’tt Seine Zeichen und Wunder in Ägypten offenbarte, als G’tt das Meer spaltete, und mit ihm alle Wasser der Welt, da erkannte die Welt, dass G’tt Seine Wunder für Israel, Seine Söhne tat. Sein Name wurde bekannt in der ganzen Welt, und was von den Bewohnern der Erde zerstört worden war, sollte nun durch die Offenbarung am Sinai und die Übergabe der Tora an Jisrael und ihre Aufgabe, ein Priestervolk für alle Völker der Welt zu sein, wieder gutgemacht werden. Als sie ins gelobte Land kamen, um dieses zum Wohnsitz der g’ttlichen Herrlichkeit zu gestalten, zu einem Ort, zu dem alle Völker in der Suche nach g’ttlicher Führung strömen werden, als der Stolz der mächtigen Völker, mit Pharao an deren Spitze gebrochen war, und die Einwohner von Pleschet und Kenaan bereit waren, das Land an ihre rechtlichen Besitzer zurückzugeben, nämlich an Awraham und seine Nachkommen und als die ganze Welt in Israels Gesang miteinstimmte und sagte: ‚G’tt wird bis in alle Ewigkeit regieren…‘ – was tat Amalek zu jener Stunde? – ‚Da kam Amalek und kämpfte gegen Israel in Refidim.‘

Bist du, Amalek, denn stärker als Pharao, Sichon und Og und die 31 Könige von Kenaan, stärker als deine Brüder, die Fürsten von Edom, stärker als deine Verwandten, die Mächtigen von Moaw? Warum kämpfst du alleine gegen Israel, während die anderen sich schon unterworfen haben? Ist Israel denn jemals in deine Regionen eingedrungen, oder werden sie es je in der Zukunft tun? Betreten sie etwa dein Land? Sind zwischen dir und uns nicht 400 Parsa (ein Wegmass) und ausserdem noch fünf Nationen, zwischen deinem Land und der furchtbaren Wüste, in der es weder Wasser zu trinken, noch Brot zu essen gibt? Wie kannst du nur in einem solchen Augenblick und an diesem Ort Krieg gegen Israel erklären? Es ist dein schlangen ähnlicher Charakter, der dich dazu verleitet. Du bist sogar bereit, vom Erdboden hinweg ausgerottet zu werden, wenn es dir nur gelingt, die Flamme des G’ttesbewusstseins, Seine Grösse und Seine Wunder in der Welt auszulöschen. Du willst ja nur Verwirrung und Zweifel in die Herzen der Menschen bringen, sowohl in Israels als auch in die Herzen aller Völker.

Auch du, Israel, vergelte Gleiches mit Gleichem! Er kommt, um zu zerstören und zu hassen. Du hast keine andere Möglich keit als mit dem gleichen Hass zu antworten: ‚Macho Timche… Vertilge das Andenken an Amalek unter den Himmeln – du darfst es nicht vergessen!‘

RESCHIT: TERUMA – DAS ERSTE: DIE HEBE

Sowohl Israel als auch Amalek werden ‚Reschit‘ genannt: ‚Heilig ist Israel für G’tt, das erste Seines Ertrages.‘ (Jirmi jahu 2, 3) und ‚das e r s t e der Völker, Amalek‘ (Bamidbar 24, 20)

Was will dies uns lehren?

Unsere Weisen sagen: Reschit bezieht sich auf Teruma, die Hebe (Abgabe). Das bedeutet, dass der Gehalt, das Wesentliche einer Sache ‚Teruma‘ genannt werden kann. So kann es ‚Teruma‘ in einer heiligen und in einer unreinen Sache geben. Alles, was in G’ttes Schöpfung heilig und rein genannt wird, also das ‚Reschit‘ Seiner Schöpfung ist für Israel bestimmt. Der Begriff des Bösen und des Unreinen wird durch ‚Nachasch Hakadmoni‘ – die erste Schlange verkörpert, und dies ist Amalek. Darum wird Amalek auch ‚Reschit‘ genannt. So ist Israel ‚Reschit‘, Wurzel des Heiligen auf der einen Seite, und Amalek Reschit‘, Wurzel des extrem Unreinen und Bösen auf der anderen; dazwischen sind alle anderen Völker der Welt gestellt. Wenn Israels Stärke sinkt, hat Amalek die Oberhand in der Welt, und sie wird von der Macht des Bösen regiert. Doch ist diese Macht nie imstande Israels Namen ganz auszulöschen. Wenn Israel einst die genügende Stärke besitzen wird, wird das Gute die Oberhand gewinnen, und die ganze Welt sich dem Guten zuwenden. Nur Amalek, Symbol des absolut Schlechten, wird nicht mehr aufkommen können, und so wird sein Name unter dem Himmel ausgelöscht werden.

„UND AMALEK KAM“

Unsere Weisen sagten: ‚Amalek‘ ist wörtlich zu verstehen. (Mechilta Beschalach) Amalek, Sohn von Eliphas, den Esaw erzogen hatte. Er sei damals noch am Leben gewesen und sei mit seinem ganzen Volk in den Kampf gegen Israel ausgezogen. ‚Und Amalek kam‘ – er kam mit einem Kriegsplan. Er hatte alle Nationen der Welt versammelt und ihnen gesagt: Helft mir gegen Israel zu ziehen. Sie sagten: Gegen Israel können wir nichts erreichen, auch Pharao hatte sich gegen sie gestellt und er wurde mit seinem Heer im Schilfmeer ertränkt. Wie könnten wir dann gegen sie aufkommen? Daraufhin sagte Amalek: Ich gebe euch einen Rat, den ihr befolgen könnt! Sollten sie mich besiegen, dann fliehet. Wenn aber nicht, kommt und helft mir gegen sie zu kämpfen. (Jalkut Beschalach 263)

Zu ‚Und Amalek kam‘ sagt Rabbi Nathan: Aus den Bergen von Seïr kam Amalek, 400 Parsa, (ein Wegmass) hatte er zurück zulegen um gegen Israel in den Krieg zu ziehen. (Jalkut Bescha lach)

Von Esaw wird gesagt: ‚Er gib in ein Land wegen seines Bruders Jaakow.‘ (Bereschit 36)

Er ging dorthin um seine Schuld zu begleichen, denn es steht von Jizchaks Nachkommen: ‚Ki Ger Jihje Saracha Fremdling wird dein Nachkomme sein in einem Land, das ihnen nicht gehört, 400 Jahre lang.‘ Damm sagte er: Ich werde von hier wegziehen, denn ich habe weder einen Anteil an dem mir geschenkten Land, noch an der ‚Einlösung des Wechsels‘, d.h. ‚Fremdling wird dein Nachkomme sein…‘ Er wollte auch das Land verlassen, weil er sich schämte, dass er sein Erstgeburts recht an Jaakow verkauft hatte. So wartete sein Enkel Amalek nur auf den Moment der Rache, und nützte die Gelegenheit beim Auszug der Benej Jisrael aus Ägypten dazu aus und griff. sie an, ‚Und Amalek kam…‘ (Chiskuru Beschalach)

Was hatte Amalek ihnen getan?

Er war in die Archivkammern von Ägypten gegangen, hatte die Listen genommen, auf denen die Namen der Stämme aufgezeichnet waren, stellte sich außerhalb der Wolke, die das Volk Israel begleitete und rief aus: Reuwen, Schimon, wir sind Brüder! Kommt doch heraus, wir wollen mit euch Handel treiben. Wenn dann einer herauskam, wurde er erschlagen. (Jalkut Teze 938)

Von jeher schon war Amalek eine Strafrute für Israel. Als Israel vor dem Empfang der Tora nach Refidim kam und sich fragte; ‚Gibt es einen G’tt in unserer Mitte oder nicht?‘ ‚Wajawo Amalek – und Amalek kam.‘ Bei der Erzählung über die Kundschafter heisst es ebenso: ‚Und Amalek kam herunter und schlug sie bis Chorma.‘ Als Amalek hörte, dass Ahron gestorben war, und dass die g’ttlichen Schutzwolken gewichen waren, suchte er eine Gelegenheit um Israel zu provozieren, denn es steht: ‚Und es hörte der Kenaaruter, der König von Arad‘ (Bamidbar 21, 1) – das sind die Amalekiter, die sich bewaffnet hatten, sich als Kenaaniter verkleidet hatten, um den Eindruck zu erwecken, Trauernde zu sein. Sie sagten: Wir wissen, dass sie ein väterliches Erbteil haben, nämlich: ‚Hakol Kol Jaakow – die Stimme ist Jaakows Stimme….‘ Gemeint ist damit ihre Fähigkeit zu beten und erhört zu werden. Wenn wir nun als Kenaanim erscheinen, werden sie G’tt um Schutz vor den Kenaanim beten. Da wir ja Amalekiter sind, wird das Gebet nichts nützen, und so können wir sie erschlagen.

Auch als Amalek sah, dass Israel in Jehuda und Jeruschalajim schuldüberladen war, kam es, denn es steht: ‚Bejom Amodcha Mineged – am Tage, da du abseits standest.‘ (Owadja 11) Eine Meile war er entfernt. Da sagte er (Amalek) zu sich: Wenn Israel siegt, werde ich sagen, ich sei gekommen ihnen zu helfen. Wenn aber Babylonien siegen wird, dann stürze ich mich auf Israel und erschlage sie. (Nach Jalkut Chukat 764)

DIE MACHT AMALEKS

Woher hat Amalek die Kraft, sich gegen das Volk Israel zu stellen, es hinterlistig anzugreifen, während es unter g’ttlichem Schutz steht?

Unsere Weisen sagen: ‚Wajilachem Im Jisrael Birefidim – und er kämpfte gegen Israel in Refidim.‘ – ‚Kann denn Schilf ohne Sumpf wachsen, oder wächst Gras ohne Wasser?‘- (Ijow 8) So kann auch Israel nicht bestehen, wenn es sich nicht mit der Tora beschäftigt. Da sie sich von den Worten der Tora entfernt hatten, kam der Feind über sie, denn der Feind kommt nur wegen Sünde und Verfehlen. (Jalkut 262)

Einige erklären: Refidim kommt von dem Wort: Rafe = schwach. Da sie ihre Hände erschlaffen liessen, (sich von der Tora abwandten) kam der Feind über sie, denn der Feind hat nur Macht über sie, wenn sie die Tora vernachlässigen. (Jalkut 263)

REFIDIM

Immer war Amalek dem Testament seines Grossvaters treu geblieben: ‚Immer, wenn ihr sie straucheln seht, störzt euch auf sie.‘

Als das Volk Israel das Schilfmeer hinter sich hatte und in die Wüste Schur kam wusste es, dass es sich dem G’ttesberge näherte, um dort die Tora zu erhalten, und um ein ‚Königreich von Priestern‘ und ein heiliges Volk zu werden, ein Volk, das nicht vom Brot allein lebt, und nicht nur vom Brunnenwasser seinen Durst stillt, sondern von G’ttes Wort allein. Sogar in der Wüste wandert es auf G’ttes Geheiss, in der schrecklichen Wüste, in der es weder Wasser noch Brot gibt. Dort sollte es auf G’tt vertrauen, dass Er es nicht verhungern lässt, selbst in der öden, trockenen Wüste.

Als sie in die Wüste Schur kamen, wanderten sie drei Tage lang, ohne Wasser. Doch solange sie noch Kraft hatten, beschwerten sie sich nicht. Sie hatten Vertrauen und nahmen ihre Leiden an, denn sie wussten, dass die Tora, die sie erhalten werden, nur mit Leiden erworben werden kann. Durch das Ausschalten leiblicher Genösse würden sie reine Liebe zu G’tt erwerben, und schliesslich auch in den Genuss der Freuden dieser Welt gelangen. Das ganze Volk, 3 Millionen Männer, Frauen und Kinder, waren in freudiger Erwartung, die Tora zu empfangen. Sie waren bereit, das Joch der Tora auf sich zu nehmen, im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass dies nicht leicht sei.

Als sie nach Mara kamen, und dort Wasser fanden, kam eine neue Prüfung auf sie zu. Sie konnten das Wasser nicht trinken, denn es war bitter. Sie hielten nicht stand, und beklagten sich bei Mosche. ‚Wajilonu Haam… – das Volk beklagte sich‘, die Weisen und die Föhrer des Volkes machten dabei nicht mit. Selbst die Klage des Volkes war nicht allzu gross – ‚Was sollen wir trinken?‘ war der Wortlaut ihres Begehrens.

Somit war die erste Krise überwunden. ‚Wajawou Elima.. und da kamen sie nach Elim, dort waren 12 Wasserquellen und siebzig Dattelpalmen, und sie lagerten dort beim Wasser.‘ Solange sie noch Brotreste von Ägypten hatten, waren sie um das Brot nicht besorgt. Aber die Erfahrung des Wassermangels liess sie beim Finden von Wasser aufjauchzen. ‚Und sie lagerten beim Wasser.‘ Als sie nun vom Wasser der Oase Elim genügend Kraft geschöpft hatten, gingen sie in die Wüste Sinai. Nun ging der Brotvorrat zu Ende. Auch gab es dort kein Wasser, nur noch soviel als in ihren Geräten war. Doch der Mangel an Brot war spürbar, wie sollten sie ihre Kinder ernähren, wie könnten sie nur einen einzigen Tag ohne Brot auskommen? G’tt wird uns sicher Brot geben, dachten sie, Er wird uns doch nicht sterben lassen! Wenn die Tora ein solch schweres Leben von uns ver langt, wird man wohl daran zweifeln müssen, ob ein ganzes Volk imstande sein wird, dies durchzuhalten. ‚Wajilonu Kol Adat Benej Jisrael… – Da beschwerte sich die ganze Gemeinde Israels gegen Mosche und Ahron in der Wüste.‘

Die erste Prüfung in der Wüste Schur konnte ganz Israel bestehen. Bei der zweiten Prüfung in Mara beklagte sich nur das Volk, aber die Föhrer und Weisen hielten noch stand. Doch als die dritte Prüfung auf sie zukam, versagten sie alle. Ihre Lage wurde ja auch wirklich unerträglich! Wenn solche Prüfungen anhalten würden, wäre es unmöglich für ein ganzes Volk, diese bis zum Ende durchzustehen. Bis jetzt war auch ihr Begehren noch im Rahmen des Verständlichen, sie hatten ja nur ein Minimum verlangt: Brot und Wasser.

Nun kam das Man herunter, und so erhielten sie ihr tägliches Brot. Tag für Tag sammelten sie ihre Ration ein, und das Volk war beruhigt. Sie waren nun bereit, die Tora zu empfangen, hatten sie doch das sichere Gefühl, Tag für Tag versorgt zu sein.

Nun ging ihnen aber das Wasser aus, das sie von Elim noch in ihren Gefässen hatten. Wieder waren sie der schweren Prüfung des Wassermangels ausgesetzt. ‚Und sie lagerten in Refidim und das Volk hatte kein Trinkwasser.‘ Gleich darauf: ‚Da stritt das Volk mit Mosche.‘ Alle hatten sich bei dem Murren beteiligt, aber nicht alle beim Streit.

Diese Prüfungen stellten harte Anforderungen an das Volk: Das Brot des Elends ohne Wasser, bitteres Wasser, eng bemessene Wasserration ohne Brot, – dann gab es endlich Brot, und es war wieder kein Wasser vorhanden. Gab es das eine, gab es das andere nicht, und gab es das andere, dann war das erste wieder nicht da. Sollte dies der Weg der Tora sein? ‚Wajachanu Birefidim.‘ Refidim – Scherafu Jedejhem Min Hatora – das war der Ort, an dem ihre Hände schwach wurden, zu schwach um die Tora zu halten. Viele unter dem Volk verloren den Mut und waren nicht bereit das Joch der Tora auf sich zu nehmen, eine Tora, die mit so vielen Erschwerungen und Schwierigkeiten das tägliche Leben belasten sollte.

MASSA UMERIWA – PRÜFUNG UND STREIT

„Und man nannte den Namen dieses Ortes: Massa Umeriwa – Prüfung und Streit – weil die Benej Jisrael dort stritten und weil G’tt sie dort prüfte. Sie hatten nämlich die Frage gestellt:“Gibt es denn einen G’tt in unserer Mitte oder nicht?“

Wie konnte ein so heiliges Volk wie Israel eine solche Frage stellen? Hatten sie nicht täglich grosse Wunder erlebt?

„Um welchen Streit ging es dort?“ fragen unsere Weisen.

Rabbi Jehuda sagt: Sie hatten gesagt: Wenn Er Herr der ganzen Welt und auch Herr über uns ist, dann dienen wir Ihm. Wenn aber nicht, so werden wir uns gegen Ihn auflehnen.

Rabbi Nechemia sagt: Wenn er für unseren Lebensunterhalt sorgt, so wie es ein König in seinem Lande tut, dann dienen wir Ihm, wenn aber nicht, werden wir uns gegen Ihn erheben.

Und unsere Weisen sagen: Wenn Er uns beweist, dass Er unsere innersten Gedanken erkennen kann, dienen wir Ihm. Wenn nicht, werden wir aufständig werden.

Daraufhin sagte der Heilige, gelobt sei Er: Wollt ihr Mich denn pröfen? Dann soll „der Böse“ kommen, und euch prüfen. Sofort danach: „Wajawo Amalek – da kam Amalek.“(Schernot Rabba 26)

Nach den Worten von Rabbi Jehuda sollten die Benej Jisrael folgendes gesagt haben: Wir sind wohl bereit das Joch der Tora in allen ihren Wegen auf uns zu nehmen, sei es noch so schwer. Doch wollen wir nicht schwereren Prüfungen ausgesetzt sein als alle anderen Geschöpfe.

Zu diesem fügt Rabbi Nechemia hinzu: Israel war wohl bereit anders als alle Völker und Sprachen zu sein. Das heisst, sie wären bereit gewesen, auf persönliche Göter zu verzichten, wenn nur G’tt, der König ihren Lebensunterhalt zusichern würde. Doch wollten sie nicht zu jeder Zeit und zu jeder Stunde dafür bitten müssen.

Unsere Weisen sagen, Israel hätte behauptet: Sogar wenn wir anders sein sollen als die anderen Völker und wenn auch der Weg schwerer sei als der ihrige, „Naasse Wenischma“ – wir wollen tun und hören, führen und verstehen lernen. Sogar wenn wir jederzeit um unseren Lebensunterhalt bitten müssen, Naasse Wenischma. Wir bitten nur darum, dass Mangel an Nahrung keine unerträglichen Ausmasse annehmen möge, denn in der Todesangst verliert der Mensch die Selbstbeherrschung und kann dann nur noch murren und streiten. Wenn G’tt nun unsere Bedürfnisse, so wie wir sie in unserem innersten Herzen föhlen, erkennt, und sie uns dann erfüllt, dann „Naasse Wenischma“. dann wollen auch wir alles erfüllen und Ihm immer dienen. Wenn er dies aber nicht so tut, wenn wir für die Erhaltung unseres Lebens in bitteres Wehgeschrei ausbrechen müssen, wird es uns nicht möglich sein, in jeder Situation standhalten zu können. Wir würden dann – G’tt behüte – einst wieder in Wut ausbrechen und gegen Ihn aufständig werden!

In Refidim war es also kein vollkommener Vertrauensbruch, sondern nur „Rafu Jedejhem“ – ihre Hände wurden schwach, sie waren nicht imstande durchzuhalten, um die Tora, die sie bald empfangen sollten, bedingungslos anzunehmen. Darum stellten sie Forderungen bevor sie sich verpflichteten, um der hohen Aufgabe gewachsen zu sein, und um nie wieder schwach zu werden.

Da sagte G’tt: Ihr stellt Mir Bedingungen und wollt Mich auf die Probe stellen, damit Meine Anforderungen an euch nicht zu hoch sind! So soll denn Amalek kommen, und euch auf die Probe stellen, ob ihr euer Möglichstes getan habt, um meinen Willen zu erfüllen.

GÖTZENDIENST IM LAGER

‚Lechtech Bamidbar‘ – dass ihr Mir in die Wüste gefolgt seid, in ein unbesätes Land. Dies ist ein Dienst, der nur den Charakter des Vorläufigen und des Einmaligen dieses Weges durch die Wüste trägt, bis die Tora endgültig in euch dringt. Danach werdet ihr in Mein Land, in Meinen Palast eintreten. Pflögen, säen und ernten, je nach Jahreszeit, und Mein Segen über euch wird grösser sein als der über andere Völker. Doch die Aufgabe, fremde Götter zu entfernen und.Mir allein zu dienen, ist eine Aufgabe, die sich über Generationen hinweg erstreckt. Da wird von Zeit zu Zeit Amalek erscheinen, um zu pröfen, ob ihr voll und ganz zu Mir steht. Wenn dies der Fall ist, braucht ihr ihn nicht zu fürchten. Wenn aber unter euch Frauen oder Männer sind, deren Herz noch an den ägyptischen Göttern und ihren Abscheulichkeiten hängt, so sollen sie doch kommen, und euch von Amalek fetten. Dann bewahrheitet sich: ‚Wajawo Amalek – Und Amalek kam, Wajesanew Becha Kol Haneche schalim Acharecha – dann wird er hinterlistig alle jene über fallen, die schwach waren.‘

‚Wajesanew Becha‘- und er hat dich hinterlistig überfallen.‘

Raw Nachuran sagt: Wenn jemand von der schätzenden Wolke hinausgestossen wurde, da wurde er von Amalek überfallen.

Und unsere Weisen sagen: Der Stamm Dan wurde von der Wolke ausgestossen, denn sie waren alle Götzendiener. (Jalkut 491)

Noch war das Götzenbild Micha in ihren Händen, und viele unter ihnen dienten G’tt noch nicht aus vollem Heizen.

Darum sagte G’tt zu ihnen: Ich zürne,weil es in eurer Macht steht zu handeln, und ihr tut es nicht. Fürchtet ihr euch etwa, dass Ich euch etwas befehle, was ihr nicht führen könnt? So komme doch Amalek und prüfe euch! So war Amalek wie eine Fliege, die sich auf jede offene Wunde setzt. Kaum entdeckte er eine ‚Wunde‘, eine schwache Stelle, da griff er an und kämpfte gegen Israel.

Woher schöpfte Amalek die Kraft, gegen Israel zu kämpfen? In ‚Refidim‘, Rafu Jedejhem – denn da waren Israels Hände schwach geworden. Sie hatten ja vor der Gesetzgebung am Sinai schon durch einige Gesetze beweisen müssen, dass sie sich bewähren können. Doch sie hielten nicht stand. Wajesanew Bahem, er überfiel sie, denn ‚der Böse‘ kommt nur, wenn Fehl und Sünde im Spiel sind.

Fehl und Sünde – dies ist Amaleks Kraft. Er ist die Quelle der Sünde, aus ihm entsteht sie und auch die Strafe ist durch ihn verursacht. Dies ist nämlich die Art des Satan‘, des Anklägers: Zuerst legt er ein Hindernis in den Weg, dann geht er zu G’tt, dem Richter und klagt an, und am Ende geht er selbst hin und zerstört.

SACHOR… GEDENKE, WAS AMALEK DIR ANGETAN HAT !

Unsere Weisen sagen: ‚Ascher Korcha‘ (Kor = Kälte) – er hat sie kalt gestellt vor den Völkern der Welt. Man vergleicht dies mit einer Wanne, die mit kochend heissem Wasser gefällt ist, in die keiner hineinsteigen kann. Wenn dann aber doch ein Mutwilliger hineinspringt, so hat er sich zwar verbrüht, aber das Wasser ist für die anderen abgekühlt. So ist es auch mit Israel: Als sie aus Ägypten hinauszogen, fürchteten sich alle Völker der Welt, denn es steht: ‚Damals erschraken die Fürsten von Edom‘ und ‚Es falle Schrecken und Angst über sie.‘ Als nun Amalek kam, und sie überfiel, da ‚verbrannten‘ sie sich zwar an ihnen, doch waren sie für die anderen Völker ‚abgekühlt‘ (Korcha) und für diese leichter verletzbar. (Jalkut Teze, 938)

Bevor die Sonne unseres Stammvaters Awraham aufging, war die ganze Erde öde, es war, als ob das Licht der Welt erloschen war, und sie drohte in den dunklen Abgrund des Frevels und des Götzendienstes zu versinken. Da kam Awraham und brachte die zu erlöschende Kohlenglut zum Brennen. Seine Nachkommen fachten die Flamme weiter an bis sie loderte und Wärme spendete. Israel konnte nur durch die wunderbare Offenbarung G’ttes aus Ägypten herauskommen, und so wurde es Israel, Ägypten und allen Völkern klar, dass es ausser G’tt keinen anderen gibt. Nun warteten alle auf das erhabene Ereig nis, die Offenbarung am Sinai, bei welchem Er erstmals mit Menschen von Angesicht zu Angesicht spricht. An jenem Tage sollte menschlicher Stolz und Hochmut gebrochen werden, und nur G’tt allein erhaben über allem walten, für Götzen gab es keinen Bestand mehr. G’tt hatte sich da dem ganzen Volk offenbart und hat es dazu bestimmt, Beauftragter für die ganze Menschheit zu werden, ihnen den Weg zu Höherem zu weisen. Würde es dann noch Völker geben, die, wie Pharao sagen könnten: ‚Wer ist überhaupt G’tt, dass ich auf Ihn hören soll?‘

Ganz Israel war für dieses grosse Ereignis vorbereitet. Es war sich der grossen Aufgabe bewusst. Doch da kam jener Bösewicht, Amalek, und zerstörte alles. Er sprang in das von allen gefürchtete Feuer und verbrannte sich.- Aber gleichzeitig kühlte er auch die lodernde Glut ab (Ascher Korcha). Die anderen Völker können jetzt sagen: Wir führen den Kampf weiter fort, wir haben uns nur vorläufig unterworfen. So ist der ‚Tikkun‘, der Idealzustand der messianischen Zeit, in die Ferne gerückt.

Was nun das Volk Israel betrifft, – auch es hatte Schaden erlitten durch diesen Angriff. Obwohl Amalek durch den Kampf ‚verbrannt‘ wurde, war sein Kampfgeist nicht gebrochen. Doch auch Israels feurige Begeisterung und ihr G’ttvertrauen war von da an ‚abgekühlt‘. Angst und Bangen vor Kriegen, die von Fleisch und Blut geführt werden, lassen wahre, echte G’ttes furcht noch nicht aufkommen. Die Schwachgewordenen hatte Amalek aus dem Hinterhalt angegriffen, den Entkräfteten hatte er Furcht eingejagt, und sogar die Starken waren besorgt. Und als sie dann beim Sinai standen, fehlte schon etwas von der Vollkommenheit, und diese Unvollkommenheit machte sich dann auch später durch zahlreiche schwerwiegende negative Handlungen bemerkbar. So wurde Israels ‚Tikkun‘, ein Idealzustand für die Menschheit, für spätere Zeiten verschoben. Nun sind es schon mehr als dreitausend Jahre her, und die Erlösung ist noch nicht gekommen. Die Welt schwebt immer noch über dem Abgrund – – – und all dies wegen der listigen Schlange, Amalek. Möge sein Name und sein Andenken ausgeslöscht werden.

‚Wehaja Behaniach… und es wird sein, wenn G’tt dir Ruhe geben wird‘

‚Osse Gedolot ejn Cheker – der G’tt, der Grosses tut, Er ist nicht zu ergründen.‘ Gibt es denn etwas, das zu wunderbar wäre, dass Er es nicht machen könnte? Hätte Er damals Amalek nicht bändigen können wie Er es mit anderen Völkern tat, hätte Er es nicht zum Schweigen bringen können wie Steine?

Hierin liegt gerade die Tiefe Seines Wirkens. Dass Er die anderen Völker bezwungen hatte, wird ihnen als Verdienst angerechnet. ‚Wejejdu Mizrajim Ki Ani Haschern – Mizrajim soll erkennen, dass Ich G’tt bin.‘ Es ist ein Verdienst für Ägypten, denn durch ihre Unterwerfung und ihre Furcht haben sie ja die Herrschaft G’ttes anerkannt. Ebenso gilt dies für die Bewohner von Pleschet – Philistia – und die Mächtigen von Moaw, denn auch sie beugten sich vor der g’ttlichen Majestät und so werden sie auch am Ende der Zeiten Anteil an der Erlösung durch Maschiach haben. Amalek jedoch fehlen alle Voraussetzungen, und es wird niemals zusammen mit allen anderen Völkern G’ttes Herrschaft anerkennen können. So wird es für ewig verstossen bleiben.

Wehaja Behaniach… – und es wird sein, wenn G’tt dir Ruhe geben wird von all deinen Feinden ringsum‘, wenn es keine Furcht vor Krieg mehr geben wird, und wenn Israel keine Angst mehr von Amalek haben muss, und wenn es in der Welt kein Hindernis mehr geben wird und G’tt als einziger Herrscher anerkannt wird, dann: ‚Timche et Secher Amalek‘, dann wird das Andenken an Amalek vollkommen ausgelöscht werden unter dem Himmel, als ob es nie bestanden hätte. Dann erst kann die Welt wieder zu einer neuen Vollkommenheit gelangen, einer neuen Schöpfung gleich, eine Welt ohne Amalek.

AUS DEN LEHREN UNSERER WEISEN

Das Böse, sichtbar oder verborgen für alle, die G’tt dienen wollen, lauert an jedem Kreuzweg und versucht, die vollkommene Hingabe zu G’tt zu verhindern. Diese bösen Kräfte, deren einziges Ziel es ist, zu stören und den Weg zum reinen, vollkommenen Dienst für G’tt allein zu verhindern, sind die Wurzeln von Amalek. Sobald ein Mensch nur ein wenig nachlässt in seiner Verehrung für G’tt, nimmt dieser Rascha, dieser Bösewicht die Gelegenheit wahr, um seine zerstörerische Kraft wirken zu lassen. Darum soll jeder Mensch darauf bedacht sein, die g’ttlichen Gesetze nicht zu übertreten, damit Amaleks Kraft nicht überhand nimmt.

‚Ein Krieg G’ttes ist es gegen Amalek von Generation zu Generation.‘ Denn für jede Generation hat G’tt das Licht Seiner Offenbarung bestimmt und nur Amaleks Schlechtigkeit stellt sich in den Weg dieser Offenbarung, die für jede Generation bestimmt ist. Darum verabscheut G’tt Amalek, da sich dieser der Güte, die Er Seinen Geschöpfen zukommen lassen will, entgegenstellt. Wird sich nun ein Mensch, der G’tt in Wahrheit dienen will, bewusst, dass es Amalek ist, der ihn an einer vollkommenen Hingabe hindert, so wächst natürlich seine Abnei gung gegen Amalek dementsprechend.

Amaleks Stärke besteht vor allem darin, dass er versucht das menschliche Dasein zu beschweren. Doch wenn der Mensch nicht unter Arbeitsdruck steht, und wenn er die Seelenruhe bewahren kann, dann verliert Amalek seine Herrschaft. Darum steht geschrieben: ‚Und es wird sein, wenn G’tt, dein G’tt dich zur Ruhe kommen lässt… lösche das Andenken an Amalek aus.‘ Nur in ruhigen Momenten und in ausgeglichener Gemütsverfassung wird sich der Mensch bewusst, wie nichtig und schädlich die Kraft des Bösen ist. Darum liest man auch Paraschat Sachor am Schabbar, denn er ist ein Tag der Ruhe und darum besonders dazu geeignet, eine Atmosphäre der seelischen Ruhe zu schaffen, um Amaleks Schlechtigkeit auszuschalten.

Dies ist auch der Grund, warum das Datum von Purim nicht für den Tag des Sieges über Haman, der ja von Amalek ab stammt, festgelegt wurde. Jom Tow wurde erst gefeiert, als sie von ihren Feinden ‚ruhen‘ konnten: ‚Schenachu Meojewejhem.‘ Denn nur die Ruhe nach dem Sieg kann die Vernichtung Amaleks herbeiföhren.

Das ‚Auslöschen‘ von Amalek wird erst zur Zeit der endgültigen Erlösung stattfinden, wenn die ganze Welt anerkennen wird: ‚Haschern Echad Uschemo Echad‘ – G’tt ist einzig und Sein Name ist einzig. Dies wird vor Beginn des Monats Nissan sein. Jedes Jahr, ‚in den Tagen von Mordechai und Esther‘, zur Purimzeit also, die vor dem Monat Nissan gefeiert wird, fühlt man schon eine Spur dieses endgültigen ‚Auslöschens‘. Dann wurde das Vorlesen der Paraschat Sachor auch für diese Zeitspanne festgelegt.

Rosch Chodesch Nissan ist Rosch Haschana für die Könige Israels; die Errichtung des Königreiches Israel ist abhängig von der Gründung des himmlischen Königreiches. Darum sind in der Tora die beiden Mizwot: Einsetzen eines Königs und Aus löschen von Amaleks Andenken nebeneinander gestellt.

SITTEN UND BRÄUCHE

Man hatte es sich früher zur Gewohnheit gemacht, die Feder, mit der man schreiben wollte zu pröfen. Man schrieb die Buchstaben von dem Wort ‚Amalek‘ und versuchte dann, mit der gleichen Feder die geschriebenen Buchstaben wieder auszu streichen, bis der Name unleserlich wurde. Dies, um die Mizwa ‚Macho Timche‘ zu erfüllen.

Manche pflegten am Purim die Namen von Amalek und Haman auf ein Stück Papier zu schreiben und danach das Geschriebene mit ‚Scheckar‘, einem Alkoholgetränk auszulöschen. Dies tat man, um ‚Tenu Scheckar Laowejd – gebet Schechar dem Verlorengehenden‘ (Mischlej 31, 6) zu erfüllen. Denn es steht im Zusammenhang mit Amalek: ‚Weacharito Adej Owejd‘ – und sein (Amaleks) Ende, bis es ein Verlorenes wird. (Bamidbar 24, 20)

Andere wiederum pflegten die Buchstaben Amalek auf die Sohlen ihrer neuen Schuhe zu schreiben, bevor sie sie zum ersten Mal anzogen. Damit traten sie dann kräftig auf den Boden; um den Namen zu verwischen. Man bezog sich auf den Vers: ‚Bechol Derachecha Daehu… – Auf allen deinen Wegen sollst du Ihn erkennen, dann wird Er deine Pfade recht weisen.‘ (Mischlej 3, 6) Denn es steht auch: ‚Weata Al Bamotejmo Tidroch – und du sollst auf alle ihre Bamot (Anhöhen, die zum Götzendienst bestimmt waren) treten.‘

DER TAG DES TRAJAN

In Megillat Taanit wird der zwölfte Adar als Tag erwähnt, an dem G’tt Rache an Trajan, einem bitteren Feind Israels, genommen hat, Zwei rechtschaffene Brüder, Lulianus und Papus hatten ihr Leben zur Heiligung des g’ttlichen Lebens gegeben, und somit ihren Mitbrödern das Leben gerettet. Dieser Tag wurde als Freudentag festgesetzt, an dem man weder fasten durfte, noch einen Hesped – Trauerrede – über einen Toten halten sollte. Der freudige Charakter dieses Tages wurde jedoch später wieder abgeschafft, weil am gleichen Tage zwei andere fromme Brüder, Schmaja und Achija getötet wurden.

Trajan war ein römischer Herrscher, der die Juden grausam unterdrückte. Einst Sand man die Tochter des Trajan in Lod erschlagen auf. Keiner wusste, wer sie getötet hatte. Trajan sagte: An diesem Ort habe ich keine Feinde, höchstens die Juden. Sicherlich haben sie meine Tochter getötet. Daraufhin befahl er, alle Juden von Lod zu erschlagen.

Nun wohnten dort zwei fromme Brüder, Lulianus und Papus. Die gingen zu Trajan und sagten: Wir sind schuldig, wir haben deine Tochter erschlagen. Trajan wusste wohl, dass sie es nicht getan hatten, und dass sie die Schuld nur auf sich nahmen, um ihre Brüder zu retten. Trotzdem nahm er ihr Geständnis an, und so konnte er seine Wut nicht an allen jüdischen Bewohnern Lods auslassen.

Man erzählt, dass, als Lulianus und Papus zur Hinrichtung gebracht wurden, Trajan sagte: Wenn ihr zu dem Volk von Chananja, Mischael und Asarja gehört, dann soll doch euer G’tt kommen, und euch aus meiner Hand befreien, genau wie er Chananja, Mischgel und Asarja aus der Hand von Nebukadnezar errettet hat! Da antworteten sie: Chananja, Mischgel und Asaqa waren Zadikim, sie hatten es verdient, dass ihretwegen ein Wunder geschehe! Auch Nebukadnezar war ein bedeutender Mensch, und er hatte es verdient, dass durch ihn ein Wunder geschehe! Aber dieser Bösewicht-Trajan-ist ein gewöhnlicher Mensch, er verdient es nicht, dass ein Wunder durch ihn geschehe. Was uns betrifft, wir sind vor G’tt zu Tode verurteilt worden. Wenn du uns nicht tötest, dann hat Er andere Vollstrecker, um das Todesurteil zu vollstrecken. Viele Bären und Löwen hat Er, die uns töten können. Doch G’tt hat uns dir ausgeliefert, weil Er einst von dir die Schuld unseres Blutes fordern wird! Dies machte auf Trajan keinen Eindruck, und tötete sie.

Man erzählt, dass später zwei hohe Regierungsbeamte erschienen sind, die Trajan auf brutale Weise töteten. Sie schlugen mit hölzernen Stöcken auf seinen Kopf, bis dieser starb. Und so wurde wahr, was Lulianus und Papus gesagt hatten.

Dies geschah am 12. Adar, und so wurde dieser Tag als Freudentag festgesetzt. Man nannte ihn: ‚Trajan-Tag‘.

Man erwähnt die beiden Brüder Lulianus und Papus als die Erschlagenen von Lod‘, und man sagt von ihnen: Keiner kann am Platz des Erschlagenen von Lod im Gan Eden stehen, so hoch wird ihre Opferbereitschaft geschätzt!

Genaue Details über die beiden anderen Brüder Schmaja und lchija, die auch an diesem Tage erschlagen wurden, sind nicht gekannt. Man weiss nicht, warum sie getötet wurden. (Siehe Caanit 18 b, und Raschi zu dieser Stelle).

Quelle: „Sefer haTod’a“ – Jad Eljahu Kitow, MORASCHA VERLAG ZÜRICH