Purim – im Spiegel jüdischer Kunst

Gibt es jüdische Kunst trotz des Bilderverbotes? Die Meinung, dass aufgrund des biblischen Verbotes im Dekalog im Judentum Visuelles wenig und Sprachliches häufig vertreten sei, hält sich hartnäckig im Bewusstsein jüdischer wie nichtjüdischer Menschen. Worum es inhaltlich beim Verbot „Du sollst Dir kein Bildnis machen“ (2.M. 20:4) geht und in welchem Kontext es zum Phänomen Kunst steht, überschreitet das Anliegen dieses Textes und soll an anderer Stelle bearbeitet werden.

Kunst und Kunsthandwerk hat es in der jüdischen Tradition immer gegeben, angefangen mit den bildhaften Beschreibungen in der Tora, der geschilderten Kunstfertigkeit des Bezalel, der Erwähnung der Cheruben am Stiftszelt, der Gestaltung des Tempels in Jerusalem. Sie erscheint in den antiken Synagogenausgrabungen mit ihren reichhaltigen Mosaiken, in der liturgischen Musik, in der Malerei der Synagoge und deren Gegenständen bis hin zur modernen Kunst, die zu einem nicht geringen Teil gerade von jüdischen Künstlern mitgeprägt wurde.

Feste und Bräuche spiegeln sich in künstlerischer Gestaltung durch die Zeiten hinweg.

In diesem Text soll ein Ausschnitt jüdischer Volkskunst anhand von Beispielen, die im Zusammenhang mit dem Purimfest stehen, vorgestellt werden. Die ausgewählten Werke entstammen größtenteils der Volkskunst, ihre Materialien sind oft einfach (Holz, Papier und Stoff), aber es finden sich auch Werke professioneller Silberschmiede und Graphiker, deren Feinsinnigkeit bis heute beeindruckend ist.

„Be happy it’s Adar!“

Purim findet am 14. Adar statt. Der Adar (Februar/ März) ist ein Monat, der mit Fröhlichkeit in Verbindung gebracht wird, nicht zuletzt wegen des eintägigen volkstümlichen Festes, das an diesem Tag gefeiert wird. Purim erinnert an die Rettung der Juden Persiens aus den Händen Hamans, der die Vernichtung der jüdischen Gemeinde plante.

Purim findet vier Wochen vor dem Pessachfest statt.

Beide Feste spannen den Bogen von existenzieller Angst, Bedrohung und Versklavung hin zu Errettung und Erlösung.

Purim hat an Bedeutung weniger Gewicht als Pessach, dennoch liegen ihm ähnliche Gedanken zugrunde, die sich in den verschiedensten Bräuchen verdeutlichen. Pessach ist ein Fest mit einer ernsteren Grundstimmung, während Purim sich durch besondere Ausgelassenheit auszeichnet.

Rabbiner Ari Strikowsky aus Jerusalem erläutert den fröhlichen Festcharakter von Purim folgendermaßen:

Das jüdische Fest der Purimfreude ist eine Berichtigung zum ersten Fes (an dem der betrunkene König Ahasveros die Königin Waschti verstößt und sich eine neue Königin sucht, die Esther sein wird, Anm. S.R.), von dem in der Megilla erzählt wird. Das erste Fest endet in Verzweiflung und Trauer, das Purimfest setzt sich an diese Stelle der Trauer. Das jüdische Volk, welches beim ersten Fest lediglich Gast war, lernt jetzt, seine eigenen Feste zu feiern.

JMS 107, Adarzettel, evtl. Polen, 1870-1900

Adartafeln waren in vielen jüdischen Häusern als Wandschmuck beliebt. Sie dienten zum Schmuck und zur Zierde. Diese Adartafel wurde Ende des 19. Jahrhunderts geschaffen. Der hebräische Spruch aus dem Babylonischen Talmud, BT Ta’anit 29a, erinnert an den Adar und gemahnt seine Freude: „mi schenichnas adar marbim besimcha“ („wenn Adar eintritt, mehre sich die Freude „). Der Künstler und vermutliche Besitzer dieser Tafel zeichnete mit

„l’chajim brider, auf das Leben, ihr Brüder, ich der Zeichner Zwi David Eisner aus Trischke“ sein Werk.

Kanne, Kelch und Flasche stehen auf der Tafel als Symbole für Festmahl und Feier; die Fische stellen ein Symbol für den Monat Adar und die Löwen Symbole für das Haus Juda dar.

Megilla & Megillalesung

Ein zentrales Ereignis des Purimfestes ist das Verlesen der Purimgeschichte am Vorabend und am Tag des 14. Adar aus der Megilla. Die Megillot sind oft, im Gegensatz zur Tora, in der Bilder nicht erlaubt sind, mit Bildern bzw. Graphiken ausgeschmückt. Eine Megilla ist eine Rolle, in welche der Text der Esthergeschichte eingeschrieben ist. Sie hat nur einen Griff, im Gegensatz zur Tora, ist häufig von geringer Größe und ist oft in einer kostbaren Schmuckhülle aufbewahrt.

Megillalesung im Kibbutz, Yavne 1970

Die Esthergeschichte wird in der Rolle visuell häufig naturalistisch oder symbolisch dargestellt. Zeit und Ort der Herstellung der Megilla ist anhand des Stils nachweisbar.

Die Lesung findet mit viel Lärm statt, die Gemeinde verkleidet sich und die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen.

Erzählt wird eine Geschichte am Hofe des persischen Königs Ahasveros, dessen Minister Haman sich an einem Juden rächen wollte und dies als Anlass nahm, sämtlichen Juden nach dem Leben zu trachten und sie zu berauben. Die jüdische Gemeinde wird durch die kluge Initiative von Esther, die dem jüdischen Volk entstammt und den König von Persien heiratet, gerettet.

Alle Juden sind traditionell verpflichtet, die Lesung zu hören, sowohl Männer, wie auch Frauen und Kinder.

Der Text wird nicht nur gelesen, sondern gesungen. Für Purim gibt es, wie für alle Festtage, eine besondere Melodie. Auch müssen die Namen der Söhne Hamans in einem Atemzug gelesen werden. Die vier Verse, in denen das Wort „Erlösung“ vorkommt, müssen lauter als die übrigen Verse gesungen werden. Im babylonischen Talmud finden wir ein ganzes Traktat aus dem 2. Jahrhundert, das Traktat Megilla aus der Ordnung Moed (Festtage), welches uns genaue Anweisungen zur Lesung liefert. Bei der Lesung erlebt man eine Art „akustischen Midrasch“ anhand der besonderen Melodie und der spezifischen Leseweisen.

Midrasch: 1. Methode der Schriftanwendung und Schriftendeutung; 2. literarische Gattung (eine Art Kommentar zur Bibel); 3. Bezeichnung für verschiedenartige, rabbinische Schriften, auch homilitischen und traktatartigen Charakters (aus: Glossar von Inge Schott, s.u.).

Die Lesung wird vom Publikum mit viel Lärm kommentiert, sobald der Baal Kore, der Leser der Megilla, das Wort „Haman“ ausgesprochen hat (die Details zum Lärm werden in einem der folgenden Abschnitte erklärt).

In dieser Megilla, einer so genannten Megillat ha’Melech, einer Königs-Megilla, ist die Purimgeschichte im Renaissancestil dargestellt. Sie wurde im 18. Jahrhundert in Italien hergestellt.

Jeder Reihe beginnt mit dem Wort „ha’Melech“, der König. Mit dem „König“ ist der König der Welt, G’tt, gemeint. Der Text wird visuell durch architektonische Säulenelemente unterteilt und durch verspielte Pflanzen- und Vogelmotive umrahmt. Am unteren Rand wird die Esthergeschichte wie ein Kommentar zum Text bildlich dargestellt.

Diese Estherrolle stammt aus dem Elsass und wurde um 1730 angefertigt. Der Text ist dekorativ in Kreisen angelegt. Die Illustrationen zeigen Szenen aus der Purimgeschichte, aus dem jüdischen Alltag der damaligen Zeit, Figuren, Vögel und Blumen. Als Besonderheit ist der Text von Tierkreiszeichen eingefasst.

Diese Skizzen zu einer Megilla von Otto Geismar ist ein Beispiel der Ausgestaltung durch einen modernen Künstler. Der aus Deutschland stammende Otto Geismar, der durch seinen minimalistischen Stil bekannt wurde, hat hier um die Jahrhundertwende als Gestalter gewirkt. Seine Megilla zeichnet sich durch seinen sparsamen und comicartigen Stil aus, der Witz und die Ironie des Purimfestes wird visuell verdeutlicht.

Megillot Esther, Estherrollen, werden meistens in dekorativen Hüllen aus Silber oder Holz aufbewahrt. Diese aufgerollte Megilla stammt ebenso wie die Hülsen aus Holland (Mitte des 18. Jahrhunderts). Sie ist reich bebildert mit Szenen vom Hof des Ahasveros und gegliedert durch Säulenelemente, die den Text unterteilen. Die Hülsen zeigen feinste Silberschmiedearbeit mit figurativen und floralen Elementen.

Der Lärm

Wer schon einmal an einer Purimlesung teilgenommen hat, weiß, von welchem Lärm die Lesung begleitet ist.

Mit der Purimrassel, Ratsche, Gragger oder hebräisch Raschan genannt, kann man einen unglaublichen Lärm veranstalten. Vor allem für Kinder ist das ein Riesenspaß. Dennoch hat auch diese Kakophonie eine Ordnung: die Lesung muss tatsächlich gehört werden, nur beim Wort Haman darf man seine Lärminstrumente einsetzen und den Baal Kore übertönen.

Neben dem wirkungsvollen Einsatz des Raschan darf man trampeln, zuweilen mit Schuhen, auf deren Sohle das Wort Haman geschrieben ist, in manchen Gemeinden wird mit Topfdeckeln geschlagen, Steine werden an einander geklopft, Ziegelsteine mit dem Wort Haman werden solange aneinander gerieben, bis der Name verschwunden ist.

Die obere Purimrassel stammt aus Deutschland aus dem 18.Jahrhundert und ist aus Holz geschnitzt. Die Worte auf dieser Purimrassel „arur haman“ bedeuten „verflucht sei Haman“.

Die Purimrassel darunter wurde im zwanzigsten Jahrhundert in New York angefertigt, sie ist aus Silber gearbeitet. Haman, der Mordechai begleiten muss, welcher auf dem Pferde des Königs sitzt, ist auf dem Flügel eingraviert.

Diese Rassel aus Holz wurde 1947 auf Zypern in einem Durchgangslager zur Einwanderung nach Israel von Schoa-Überlebenden angefertigt. Die hebräische Inschrift in der Mitte des Hakenkreuzes bedeutet „man hängte sie (Mehrzahl) auf“.

Auf der angehängten Münze ist das Portrait Adolf Hitlers und die Umschrift „Unser die Zukunft/ Adolf Hitler“ sichtbar. Die Person Hitlers und die Vernichtung des europäischen Judentums wird gleichgesetzt mit Haman und der von ihm geplanten Ausrottung des jüdischen Volkes, wie sie im Buch Esther erzählt wird.

Dort wird das gesamte jüdische Volk glücklicherweise errettet, während diese Rassel nur von der Errettung ihres Herstellers berichten kann.

Ein Hamanklopfer aus dem ländlichen Franken, 19. Jahrhundert.
Hamanklopfer, Deutschland, Ende 18. Jahrhundert.
Purimrassel aus dem Elsass, 19. Jahrhundert, mit eingeritztem Davidsstern.

Verkleidungen

Die Verkleidung zu Purim ist ein Brauch, der sich im Mittelalter unter dem Einfluss des venezianischen Karnevals entwickelt hat und sehr bliebt ist – nicht nur bei Kindern! Zunächst war es nur unter den italienischen Juden üblich, sich zu kostümieren und verbreitete sich erst allmählich von dort ins restliche jüdische Europa.

An Purim ist es sogar erlaubt, dass Männer Frauenkleidung und Frauen Männerkleidung tragen, entgegen dem Gebot in Deuteronomium 22:5 „Eine Frau soll nicht Männertracht anlegen, und ein Mann soll nicht Frauengewänder an ziehen; denn ein Gräuel ist dem Ewigen, wer dies tut“. Die rabbinischen Meinungen zu diesem Aspekt gehen allerdings auseinander.

Diese Aufnahme wurde in einem Lager für so genannte „DP’s“ – Displaced Persons – in Landsberg am Lech gemacht. Sie zeigt Kinder im Jahre 1946 in Verkleidungen mit Purimrassel zum wahrscheinlich ersten Purim, das im Lager nach der Schoa gefeiert wurde.

Auch dieser „Haman“ wurde in Landesberg am Lech in Oberbayern aufgenommen.

Franca Blum, eine Überlebende, erläutert die Hitler-Hamans folgendermaßen: „Wir wussten, dass Hitler tot war, aber wir konnten nicht sehen, wo er war. Hier sahen wir, dass er hingerichtet und begraben wurde“ (aus: Paulus, Ein Ort wie jeder Andere).

Selbstgebastelte Masken aus einem jüdischen Kindergarten, Deutschland 2004.
„Der Maskenball“ – ein Stich nach einer Zeichnung von Wagenaar, Holland, aus dem Jahr 1780. Er zeigt maskierte und tanzende portugiesische Juden in Amsterdam vor einem Wandbehang, auf dem die Purimgeschichte dargestellt ist.

Fasten, Essen & Trinken

Am 13. Adar wird traditionellerweise vom Morgen an bis zum Purimabend gefastet, zur Erinnerung an das Fasten Esthers in der Purimgeschichte. Dieser Tag wird Ta’anit Esther, Fasten Esthers, genannt.

An Purim selbst wird dann gegessen: es gibt eine festliche Mahlzeit und man schickt Schlachmones zu Freunden. Wichtig ist auch eine Spende an Bedürftige.

Das jiddische Wort Schlachmones kommt vom hebräischen Mischloach Manot (Mana, Portion; lischloach, schicken). Die Schlachmones werden häufig in eigens dafür gefertigten Behältern gesandt. Dieser Brauch, kleine Schachteln, Teller, Behälter oder Körbchen mit den dreieckigen Hamantaschen, Süßigkeiten und Früchten aller Art an Verwandte und Freunde zu verschicken, ist eine Spezialität an Purim. In Israel werden Schlachmones auch an die Soldaten geschickt.

Meistens sind die Kinder die Kuriere für die Schlachmones.

Mindestens zwei Menschen müssen mit Schlachmones bedacht werden und mindestens zwei Arme haben ein Recht auf eine Spende. Sie selbst sind aber ebenso verpflichtet, an wiederum Ärmere zu spenden.

Das Gebot, den Armen zu spenden, ist schon im Babylonischen Talmud, in Megilla 7b, zu finden.

Ein Silberfisch, als Symbol für den Monat Adar, zum Transport von Schlachmones aus Österreich, Silberschmiedearbeit aus dem 19. Jahrhundert.

Dieser Spendentopf stammt aus Spanien. Er wurde 1319 aus Tuffstein gemeißelt. Die Inschrift auf dem Topf lautet: “ König Ahasveros und Königin Esther“.

Ein Purimteller aus Fayence, Ende des 18. Jahrhunderts. Darstellung des Umrittes von Mordechai, geführt von Haman. Umschrift am Rand: „Geschenke schicke einer dem anderen und Gaben den Armen“ Inschrift im Fond:“ So geschehe dem Mann, den der König ehren will.“

Ein Purimteller aus Zinn, Deutschland, um 1800. Am Rande ist die hebräische Inschrift zu lesen: „Erinnerungsgeschenk, geschickt meinem teueren Freunde Rabbi Mordechai Segall“. Mordechai zu Ross wird geführt von Haman. Seresch, die Frau von Haman, gießt von einem Fenster ihres Hauses einen Kübel Unrat auf Haman (nach einer alten Legende verwechselt sie Haman mit Mordechai). Darunter die hebräische Inschrift.“ So geschehe dem Mann, den der König ehren will.“

Ein Purimhandtuch aus Süddeutschland von 1812 zum Händewaschen vor der Mahlzeit. Die Inschrift im Medaillon lautet: „Feierle, gemacht im Jahre 1812“.

An Purim wird natürlich, wie an allen jüdischen Festen, gerne und gut gegessen. Am Purimtag findet ein fröhliches und reichhaltiges Festmahl – eine Se’uda – statt. Vor allem werden Speisen aufgetischt, in denen Bohnen und Getreide vorkommen.

Bohnen und Getreide sollen an die strenge Einhaltung der Speisevorschriften durch Königin Esther erinnern, die sie im Palast Ahasveros‘ erfüllt hat. Truthahn ist ebenfalls ein beliebtes Gericht und wie an jedem jüdischen Festtag gibt es Brot, die Challot, die an Purim jedoch größer sind als an den Schabbatot und mit Rosinen gebacken sind.

Ein weiteres Gebot an Purim ist es, soviel zu trinken „ad lo jada“, bis man „nicht mehr weiss“, bis man nicht mehr zwischen Haman und Mordechai unterscheiden kann. In einer „massechet purim“, einer Parodiensammlung zum Purimfest, findet man die Aussage „viel Wein zu trinken und abstinent vom Wasser zu bleiben“, sei die Pflicht des Tages.

Hierzu findet sich, quasi als Einschränkung dieser Auffassung, in BT Megilla 7b folgende Geschichte: „Rabba sagte: Am Purimfest muss man soviel zechen, bis man „verflucht sei Haman“ und „gepriesen sei Mordechai“ nicht mehr zu unterscheiden vermag.

Rabba und Rav Zera hielten zusammen das Purimmahl ab, und als sie betrunken waren, stand Rabba auf und schlachtete den Rav Zera. Am folgenden Tage flehte er um Erbarmen und belebte ihn.

Im nächsten Jahr sprach er zu ihm: Möge der Meister kommen, wir wollen zusammen das Purimfestmahl abhalten. Dieser erwiderte:

Nicht jederzeit geschieht ein Wunder.“
(BT Meg. 7b)

Eine Seite aus dem Birkat HaMason, dem Tischgebet, mit einer Einfügung zu Purim – Erzählung der Geschichte in Kurzform -, Handschrift des „Kaiserlichen Bibliothekschreibers“ Aaron Wolf Herlin.

Spiel, Scherz & andere Besonderheiten

Anhand des Kupferstiches von Paul Kirchner, „Die Faßtnacht oder das Spielfest“ (1724) wird eine weitere Tradition sichtbar, die im Zusammenhang mit Purim steht.

Purim ist ein fröhliches und ausgelassenes Fest und nach dem Purimmahl in der Familie werden Spiele gespielt. Ein klassisches Purimspiel ist das Losspiel. Lose (Reifen) werden um am Boden stehende Stangen geworfen. Ratespiele, Suchspiele, Schattentheater, Wortspiele um Begriffe aus der Megilla, Talentshows – „wer ist die klügste Königin Esther?“ und vieles mehr stehen auf der Liste der beliebtesten Spiele.

Die Aufführung des so genannten „Purimspiels“ als Monolog oder als Aufführung in der Gruppe ist ebenfalls eine Tradition, die sich immer noch großer Beliebtheit erfreut. Das Purimspiel existiert in Aschkenas, der europäischen Judenheit, seit dem 16. Jahrhundert. Vielfältige Texte sind ein Zeugnis dessen. Bis heute wird meist das Buch Esther nachgespielt, entweder als Theaterstück oder als langes Gedicht, oft in parodistischer Form. Im Laufe der Zeit kamen allerhand andere Texte hinzu, beispielsweise “ Die Weisheit Salomons“, die Geschichte von Hanna und Samuel und andere Texte, die auf biblischen Themen beruhen.

Das Purimspiel diente häufig dazu, für Wohltätigkeitsvereine Geld zu erwirtschaften. Hier sehen wir wieder die Puppen aus einem Purimspiel aus Italien, 18. Jahrhundert.

Sie sind aus Holz geschnitzt und im typischen Barockstil gekleidet. Eine der Puppen ist als Harlekin gekleidet und maskiert.

Ein zeitgenössisches Purimspiel in einer jüdischen Gemeinde in Deutschland.

Massechot Purim gehören zur Figur des „Purimrabbi“.

Ein Massechet Purim – ein „falsches Talmudtraktat“, gedruckt 1844 von Solomon Ben Ephraim Bloch an der „Königlichen Hofpresse“ zu Hannover.

An Purim ist Vieles erlaubt, was unter dem Jahr nicht erlaubt ist, so auch die Ausgelassenheit und Ironie gegenüber Vorständen, Rabbinern und der Gelehrsamkeit. Ein Massechet Purim, ein „falsches“ Talmudtraktat (der Talmud enthält kein Traktat „Purim“), welches eine beliebige Anzahl und Aneinanderreihung von biblischen und talmudische Zitaten enthält, wird nach allen Regeln der Auslegekunst vom Purimrabbi vorgetragen, allerdings nach dem Prinzip „ve’na hafoch hu“ (das Gegenteil geschah).

Der Purimrabbi hat die Aufgabe frivol und sorglos das Bedürfnis zu stillen, einmal im Jahr nicht dem Ernst einer üblichen Drascha (Auslegung durch den Rabbiner oder einen anderen Gelehrten) nachzugehen, sondern dem Prinzip des sich lustig machen über alles und alle:

Be happy it’s Adar!

Literatur:
Encyclopedia Judaica, CD-ROM 1998;
Monumenta Judaica, 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein, Köln, Stadtmuseum., 1964;
Martin Paulus (Hg.), Ein Ort wie jeder Andere, Rowohlt Verlag 1995.