Parschat Toldot

Von Rabbi Menachem Leibtag
Schiurimreihe Fraenkelufer

Weshalb gibt Jitzhak Esaw den Vorzug vor Jaakow? Gewöhnlich wird angenommen, daß Jitzhak nur EINEN seiner beiden Söhne segnen kann, d.h. ENTWEDER Jaakow ODER Esaw, nicht aber beide. Sollte das richtig sein, dann ist Jitzhaks Entscheidung für Esaw statt für Jaakow ziemlich merkwürdig.

Man könnte aber auch annehmen, daß Jitzhak tatsächlich BEIDE Söhne segnen will. Sollte das zutreffen, dann könnte es gute Gründe haben, daß Esaw als erster gesegnet werden soll.

Im Schiur dieser Woche gehen wir der zweiten Möglichkeit nach.

EINLEITUNG

In unseren bisherigen Ausführungen zu Sefer Bereschit haben wir gezeigt, wie der Prozeß der „Bechira“ – Gottes Wahl Awrahams und seiner Nachkommen als sein auserwähltes Volk – sich als zentrales Thema darstellt. Wir haben erörtert, wie Gott Awraham viele Male versprach, daß seine Nachkommenschaft („Sera“) zu einem großen Volk in einem besonderen Land („Aretz“) werden sollte. Obgleich jedes Versprechen eine zusätzliche Dimension einführte, wiederholte doch jedes in der einen oder anderen Form den gleichen Schlüsselausdruck:

„l’SAR’ACHA natati et ha’ARETZ ha’sot…“

– deinen NACHKOMMEN habe ich dieses LAND gegeben“

[Siehe 12:7, 13:15, 15:18, 17:8]

Diese göttlichen Segnungen deuten darauf hin, daß dieses Volk aus Awrahams gesamter Nachkommenschaft hervorgehen soll, aber dennoch sagt Gott Awraham, NUR Jitzhak, sein einziger Sohn von Sarah, sei auserwählt worden, dieses Geschick zu erfüllen:

„… denn [nur] durch Jitzhak soll dir SERA [Same, Nachkommenschaft] genannt werden.“ (21:12)

Gott selbst bekräftigt später diese Segnung Jitzhaks, als er ihm verbietet, das Land während der Hungersnot zu verlassen:

„Weile in diesem Land, ich werde mit dir sein und dich segnen, denn DIR und DEINEM SAMEN will ich alle diese Länder geben …“ (26:2-5)

Was wird geschehen, wenn Jitzhak Kinder hat? Wird nur EINES seiner Kinder auserwählt werden, wie das in Awrahams Fall war, oder werden ALLE seine Kinder auserwählt sein?

Denken wir daran, daß Gottes „Bechira“ (Auserwählung) Awrahams den Zweck hatte, daß Awrahams Nachkommenschaft ein VOLK werden sollte (siehe 12:1-2), dann dürfen wir annehmen, daß dieser „Ausleseprozeß“, bei dem immer nur EIN Sohn vor den anderen den Vorzug erhält, nicht immer so weitergehen kann. Wenn in jeder Generation nur der ‚Lieblingssohn‘ auserwählt würde, könnte sich offenbar niemals ein Volk entwickeln. Früher oder später muß dieser ‚Filterungsprozeß‘ ein Ende haben, und eine ganze Familie muß auserwählt werden.

Im nachhinein wissen wir, daß dieser Prozeß nach DREI Generationen beendet sein wird (Awraham, Jitzhak und Jaakow). Für die Awot selbst ist jedoch dieser Punkt, wann genau nämlich diese „Bechira“ endet, wohl dunkel geblieben.

Vor diesem Hintergrund können wir mit unserem Schiur beginnen.

ALLE IN EINER FAMILIE

Ausgehend von unserer obigen Einleitung hat Jitzhak keinen Grund zu der Annahme, nur EIN Sohn solle auserwählt und der andere verworfen werden.

Anders als Jitzhak und Jischmael, die verschiedene Mütter haben, kommen Jaakow und Esaw aus dem selben Mutterleib. Sie sind sogar Zwillinge! Daher ist es nur logisch anzunehmen, Jitzhak gehe davon aus, daß SOWOHL Jaakow WIE Esaw ausersehen sind.

Auch wenn es einen göttlichen Grund dafür gibt, daß nur einer von beiden auserwählt wird, dann sollte die Entscheidung bei GOTT und NICHT bei Jitzhak liegen! Bis zu diesem Punkt war es schließlich Gott allein, der den Prozeß der BECHIRA geleitet hat. ER hatte Awraham auserwählt, und ER allein erwählte Jitzhak vor den anderen Nachkommen Awrahams. Wie könnte Jitzhak ohne eine ausdrückliche göttliche Anweisung auch nur daran denken, eine solche harte Entscheidung zu treffen?

Wenn aber SOWOHL Jaakow WIE Esaw als auserwählt gelten, weshalb will Jitzhak dann nur EINEN von beiden segnen?

„BRACHA“ ODER „BECHIRA“?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir ZWEI Grundtypen der Segnung unterscheiden, wie wir sie in Sefer Bereschit finden. Zur Vereinfachung bezeichnen wir den einen Typ als BECHIRA und den anderen als BRACHA. Erklären wir das:

* BECHIRA *

Wir verwenden den Ausdruck BECHIRA (Wahl), um Gottes Segnung „SERA w’ARETZ“ an die Awot zu bezeichnen, d.h. das AUSERWÄHLTWERDEN als Stammväter von Gottes besonderem Volk. BECHIRA bedeutet, daß nur ein Sohn auserwählt wird, während alle anderen Kinder zurückgewiesen werden. Wie oben schon erklärt, begann dieser Prozeß mit Gottes Auserwählung von Awraham Awinu und setzte sich mit der Wahl Jitzhaks vor Jischmael fort. Es ist aber nicht klar, wann dieser Prozeß der Bechira sein Ende findet.

* BRACHA *

Mit dem Ausdruck BRACHA bezeichnen wir eine Segnung des persönlichen Geschicks (z.B. Wohlstand, Macht), ein Segen, den ein Vater seinen Söhnen erteilt. So erteilt z.B. Noach jedem seiner drei Söhne eine BRACHA (9:24-27). Er erwählt damit nicht einen bestimmten Sohn aus, damit aus ihm ein besonderes Volk werde. Vielmehr segnet (oder verflucht) er jeden Sohn nach dessen Potential.

Das klassische Beispiel einer BRACHA (im Gegensatz zur BECHIRA) findet sich in Parschat Wa’jchi, wenn Jaakow Awinu vor seinem Tod jeden seiner zwölf Söhne segnet (siehe 49:1-28). In diesen Segnungen entscheidet Jaakow NICHT, welches seiner Kinder zu Gottes besonderem Volk werden soll. Vielmehr erteilt er einen Segen über das persönliche Geschick jedes Sohnes nach seiner Auffassung des Charakters und des Potentials jedes der Kinder (siehe 49:28).

Nach diesen Definitionen wird also BRACHA typischerweise vom Vater erteilt, BECHIRA aber von Gott.

JITZHAKS BRACHA FÜR ESAW

Vor diesem Hintergrund können wir uns nun wieder der Frage zuwenden: Welche Art Segen will Jitzhak Esaw erteilen? Ist es der Segen von BRACHA oder von BECHIRA?

Da Jitzhak keinen Grund hat, nur einen seiner Söhne auszuwählen, können wir erwarten, daß der beabsichtigte Segen eine BRACHA (und keine BECHIRA) sein soll.

Um festzustellen, ob diese Annahme auch richtig ist, brauchen wir uns nur den von Jitzhak tatsächlich erteilten Segen anzuschauen, d.h. die Segnung Esaws, die durch eine Täuschung Jaakows zustande kam:

„So gebe dir Gott
Vom Tau des Himmels
Und vom FETT der Erde
Und KORN die Fülle und MOST.

Dir DIENEN Völker,
Dir beugen sich Nationen;
HERR werde deinen Brüdern,
Dir beugen sich die Söhne deiner Mutter“ … (27: 28-29)

Dieser Segen ist ein klassisches Beispiel für BRACHA, denn er verspricht Wohlstand und Führerschaft. Es kann sich hier nicht um BECHIRA handeln, denn der Segen enthält NICHT den Ausdruck „SERA w’ARETZ“. [In der Tat ähnelt dieser Segen den Segnungen des Wohlstands und der Führerschaft, die Jaakow selbst Jehuda (siehe 49:8) und Josef (siehe 49:25-26) erteilen wird.]

Weshalb will Jitzhak dann nur Esaw segnen? Weshalb können nicht beide Söhne gesegnet werden?

DER RICHTIGE MANN FÜR DIE AUFGABE

Wie bereits erklärt, könnte man annehmen, Jitzhak erwarte, daß beide Söhne zu ‚Am Jisrael‘ werden [oder genauer zu ‚Am Jitzhak‘]. Jitzhak weiß jedoch, daß er alt wird, und er weiß auch, daß seine Kinder nur zu einem Volk werden können, wenn sie einen Führer haben, und deshalb muß er EINEN seiner Söhne zum FÜHRER der Familie bestimmen.

Für diese Aufgabe eignet sich Esaw – der „Isch Sadeh“ [ein Mann der Welt (siehe 25:27)] offenbar am besten.

[Um ein Land zu regieren, braucht man einen „Macher“. Zudem sind Jaakow & Esaw über sechzig Jahre alt. Esaw ist verheiratet und hat Kinder, einen Beruf und kann für sich und andere sorgen; Jaakow dagegen ist noch immer unverheiratet und lebt ‚zu Hause‘. Daher ist es ganz folgerichtig, wenn Jitzhak sich für Esaw als Familienoberhaupt entscheidet.]

Zweifellos hat Jitzhak auch für Jaakow einen Segen – sehr wahrscheinlich einen Segen für geistige Führerschaft. Jaakow – der „Isch Tam joschew Ohalim“, ein Mann des Buches (siehe 25:27) – kann der Familie spirituelle Leitung geben. [Dieser ‚theoretische Segen‘ für Jaakow ähnelt sehr der letzten Pflicht des Schewet Lewi (siehe Dewarim 33:10).] Ohne jedoch ZUERST (via Esaw) ein Volk zu begründen, gäbe es auch für Jaakow keine Pflicht zu erfüllen.

[Wenn Jitzhak seinen Erstgeborenen Esaw als ERSTEN segnen will, ist damit nicht ausgeschlossen, daß er Jaakow danach segnen wollte. Denken wir daran, wie Jaakow in Parschat Wa’jchi ZUERST Josef und dann erst seine zwölf Kinder segnet.]

Was ist also schiefgegangen? Weshalb greift Riwka ein? Warum muß Jaakow Esaws BRACHA ‚stehlen‘? Um es noch deutlicher zu sagen: bevorzugt Riwka einfach ihren ‚Lieblingssohn‘, oder sah sie die Sache ganz anders?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir an den Anfang des Parscha zurückkehren.

RIWKA WEISS ES AM BESTEN

Riwka weiß etwas, was Jitzhak nicht weiß! Erinnern wir uns: als sie mit Jaakow und Esaw schwanger war, verspürte Riwka in sich einen Kampf, und sie bittet Gott um Erklärung dafür (siehe 25:22).

Gottes Antwort an SIE (und nicht an Jitzhak!) spielt schon auf die Tatsache an, daß der Prozeß der BECHIRA noch nicht zu Ende ist:

„Und der Ewige sprach zu ihr: ‚ZWEI VÖLKER sind in deinem Leib, ZWEI STÄMME scheiden sich aus deinem Schoß. Ein Stamm wird stärker als der andre sein, Der Ältere dem Jüngern dienen.‘“ (25:23)

Nach dieser Prophezeiung weiß Riwka etwas, was Jitzhak nicht weiß: daß aus ihren Zwillingen nämlich ZWEI VÖLKER werden sollen und daß nur einer von beiden auserwählt sein kann. Das wird ihr klar, und aus der Prophezeiung kann sie auch entnehmen, daß der Jüngere der Auserwählte sein muß (siehe 25:23, „w’raw ja’awod tza’ir“). Und so weiß Riwka, daß JAAKOW die BECHIRA zusteht, nicht Esaw.

Jitzhak jedoch weiß nichts von dieser Prophezeiung. [Vgl. 25:23: „wa’jomer Haschem LAH“ – IHR und nicht ihm!]

Unklar bleibt, weshalb Riwka Jitzhak niemals etwas von dieser Prophezeiung erzählt. Vielleicht nimmt sie an, Jitzhak wisse schon darum, und später erst wird ihr klar, daß er nichts weiß (siehe Ramban 27:4). Vielleicht glaubt sie auch, es sei Gottes Absicht, daß NUR SIE Bescheid weiß und NICHT auch Jitzhak. Wie dem auch sei, während die Kinder heranwachsen, haben beide Eltern verschiedene Vorstellungen von deren Geschick. Jitzhak NIMMT AN, daß sowohl Jaakow wie Esaw auserwählt sind, während Riwka WEISS, daß nur Jaakow der Auserwählte sein wird.

RIWKAS DILEMMA

Riwka hört Jitzhaks sagen, er wolle Esaw segnen (27:5), und damit steht sie vor einem Dilemma.

* Will Jitzhak Esaw mit der BECHIRA segnen (oder darum beten, daß Gott ihm die BECHIRA gewährt)? Wenn ja, dann muß sie rasch handeln, denn die Zukunft von Am Jisrael ruht auf ihren Schultern.

* Glaubt Jitzhak, daß BEIDE Söhne auserwählt sind? Gibt er ESAW eine BRACHA für die Führerschaft? Diese Segnung könnte zu einer Katastrophe führen!

* Kann Riwka Jitzhak einfach sagen, daß er dabei ist, einen Fehler zu machen? Ist es schon zu spät? Wird er auf sie hören? Wäre er nun, nach so vielen Jahren, noch bereit, seine Auffassung zu ändern?

Riwka hat nur wenig Zeit zum Handeln, aber sie fühlt sich der Prophezeiung verpflichtet, die sie empfangen hat, und damit fühlt sie sich auch verpflichtet, die Dinge ins Lot zu bringen. In ihren Augen kann das der ursprüngliche Grund dafür gewesen sein, daß Gott ihr dieses Wissen gewährte. Unglücklicherweise muß Riwka aber zu einer Täuschung greifen, damit Jaakow die Segnung empfangen kann. Nachdem wir nun Riwkas Handlungsweise erklärt haben, müssen wir auch für die von Jitzhak eine Erklärung geben.

JITZHAKS SEGNUNGEN

Nachdem Jitzhak Jaakow (im Glauben, er sei Esaw) eine BRACHA für Wohlstand und Führerschaft erteilt, kommt der wirkliche Esaw nach Hause und fleht seinen Vater um einen Segen auch für sich an (siehe 27:34,36). Jitzhaks erste Reaktion lautet, daß der besondere Segen, den er Esaw vorbehalten hatte (Wohlstand und Macht), nun schon an Jaakow vergeben sei (27:35,37). Es gibt KEINE weitere BRACHA für Esaw, denn er ist offensichtlich für die geistliche BRACHA nicht geeignet, die eigentlich Jaakow zugedacht war. Jitzhak nimmt aber immer noch an, daß beide Söhne auserwählt sind, und so kann er Esaw statt dessen doch noch eine BRACHA erteilen.

[Dieser zusätzliche Segen („tal ha’schamajim u’schmanej ha’Aretz“ / siehe 27:38-39) schließt Wohlstand ein, denn dieser kann von beiden Brüdern geteilt werden. Der Segen der politischen Führerschaft („hwei gwir l’achicha… /siehe 27:29) kann jedoch nur einem der Söhne gewährt werden, und deshalb erklärt Jitzhak Esaw, daß er diesen Segen nur erhalten kann, wenn Jaakow fallen sollte (siehe 27:40).]

Wie steht es nun mit der BECHIRA? Wann erkennt Jitzhak die Wahrheit?

REINIGUNG DER ATMOSPHÄRE

Am Ende dieser Episode hat Riwka ihrem Mann Jitzhak sicherlich alles erklärt. Und als Jitzhak schließlich von den Einzelheiten der Prophezeiung Gottes erfährt, erkennt er doch noch, daß nur EINER seiner Söhne, Jaakow, auserwählt sein wird. Traurig erkennt er auch, daß der Prozeß der BECHIRA noch nicht zu Ende ist und in der dritten Generation weitergehen wird.

Deshalb erteilt er Jaakow vor dessen Abreise nach Padan Aram, wo er sich eine Frau suchen will, noch einen letzten Segen. Und hier finden wir die klassische Segnung der BECHIRA:

„Und Gott gebe dir den SEGEN AWRAHAMS [d.h. BECHIRA], dir und deinem SAMEN mit dir, daß du das LAND, worin du weilst, das Elokim Awraham gegeben, in Besitz nimmst.“ (28:4)

Achten wir wiederum auf den Schlüsselausdruck – „Sera w’Aretz“ – des BECHIRA-Segens! Diese Segnung unterscheidet sich sehr vom ursprünglichen Segen, den Jitzhak zunächst Esaw erteilen wollte (27:28-29). Im Gegensatz zu einer BRACHA für Wohlstand und Macht begegnen wir nun wieder der vertrauten Vorstellung eines auserwählten VOLKES Gottes, das ein bestimmtes LAND erben soll.

[Wenn Sie dem Schiur gefolgt sind, sollten Sie sich nun fragen, „Wie kann Jitzhak einen BECHIRA-Segen erteilen – ist das nicht Gott vorbehalten?“ Die Antwort ist aber ganz einfach. Lesen Sie 28:4 sorgfältig – „w’kel scha-kai j’warech otcha…“. Jitzhak gewährt Jaakow nicht die BECHIRA. Er segnet Jaakow, auf daß GOTT ihm die BECHIRA erteilen möge – und genau dies geschieht dann auch einige Psukim später zu Beginn von Parschat Wa’jetze!]

MA’ASE AWOT, SIMAN LA’BANIM

Wir haben die Ereignisse im Parscha nun zwar ‚technisch‘ erklärt, aber eine viel grundlegendere Frage ist weiter offen: Warum eigentlich muß der Prozeß der BECHIRA so komplex sein? Weshalb muß zu Beginn der Geschichte unseres Volkes mit Täuschung gearbeitet werden, damit wir unser göttliches Geschick erfüllen?

Man könnte etwa annehmen, Jaakow sei zur Zeit von Jitzhaks „Brachot“, d.h. Jaakow, der „Isch Tam“, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif gewesen, den Segen von Wohlstand und Führerschaft zu empfangen. Um diese Segnung zu ermöglichen, mußte Jaakow zunächst in ‚Esaws Haut‘ schlüpfen. Erst später dann, bevor er nach Eretz Jisrael zurückkehrt, stellt sich Jaakow der Konfrontation mit ‚Esaws Engel‘, und zwar diesmal ohne alle Tricks, und er tut dies, um zu beweisen, daß er der Führungsaufgabe wirklich würdig ist. Bedeutsam bleibt aber dennoch, daß der vorrangige Charakter von Am Jisrael Jaakow bleibt, Jaakow, der „Isch Tam“. In unserer Geschichte wird es noch viele Momente geben, in denen wir in ‚Esaws Haut schlüpfen‘ müssen, in denen wir als „Isch Sadeh“ handeln müssen, aber unser vorherrschender Zug muß immer der des „Isch Tam“ bleiben.

Wenn Am Jisrael schließlich in Wohlstand lebt und die politische Führungsrolle ausfüllt, dann ist es nur in Ordnung, daß sie der Menschheit spirituelle Leitung schenken.

In unserer ganzen Geschichte muß unsere Stimme – auch wenn wir wiederholt ‚in Esaws Haut schlüpfen‘ müssen – die ‚Stimme Jaakows‘ sein! [siehe 27:22]

FÜR WEITERE IJUN

A. Ramban (siehe 27:4) widerspricht dem ganzen hier vorgeschlagenen Deutungsansatz. Für ihn beabsichtigt Jitzhak von Anfang an, Esaw mit der BECHIRA zu segnen.

1. Achten wir darauf, wie Ramban die Tatsache versteht, daß Riwka Jitzhak nichts von ihrem n’wuah erzählt. Ist das von Bedeutung für sein Verständnis der gesamten Parscha?

2. Mit welcher Grundannahme des obigen Schiur ist Ramban nicht einverstanden?

3. Findet Ramban (siehe 27:28) Hinweise auf „Sera w’Aretz“ in Jitzhaks erster Bracha an Jaakow/Esaw?

4. Wie faßt Raschi diese Sugja auf?

5. Versuchen Sie, diese ganze Sugja in Beziehung zu setzen zum Klal von MA’ASE

AWOT, SIMAN LA’BANIM. [Ij“h, das wird Gegenstand eines späteren Schiur sein.]

B. In der Anfangsepisode des Parscha, macht Esaw, als er sein Erstgeburtsrecht an Jaakow verkauft, folgende kraftvolle Aussage: „hinei anochi holejch lamut, w’lama ze li bchora“.

Esaw scheint sehr praktisch veranlagt. Er findet es nicht bedrohlich, die „Bchora“ zu haben, mit der er zur Zeit lebt,und er hat keine Träume oder Ziele für die Zukunft.

1. Setzen Sie dies zum obigen Schiur und zum Grund für Esaws Zurückweisung in Beziehung.

2. Könnte es sein, daß diese Haltung – ein Mangel an Achtung in bezug auf sein Geschick und auf seinen Zweck – letztlich zu seiner Verwerfung führt?

3. Läßt sich daraus Jaakows Interesse am Erwerb des Erstgeburtsrechts erklären?

4. Weiß Jitzhak von diesem ganzen Vorgang? Falls ja (oder auch falls nein), wie kann das die Segnung beeinflussen, die er seinen Kindern für später vorbehalten hat?

C. Der Segen der BECHIRA für Jaakow in 28:3-5 enthält mehrere Schlüsselausdrücke, die sich in früheren Segnungen Awraham Awinus finden. Versuchen Sie, diese Parallelen zu finden.

1. Stammen die meisten von ihnen aus Brit Milah? (siehe Bereschit 17:1-10)?
Wenn ja, können Sie erklären, weshalb? [Welche zusätzliche Botschaft erhielt Awraham nach Brit Milah?]

2. Wann hat Haschem diesen Segen tatsächlich bekräftigt? (Siehe 35:9-13!) 

Schabbat Schalom,
Menachem

Ein Projekt der Synagoge Fraenkelufer-Berlin