Parschat Pinchas: Handbuch für Helden

Chabad Lubawitsch

Viele Menschen träumen davon, frömmer zu sein und die Mizwot besser einzuhalten; aber sie tun es nicht, weil in unserer materiellen Welt nur der Erfolg zählt, vor allem der öffentliche.

Wir halten sogar die Helden der Bibel für etwas passiv. Mosche war zwar einige Male grob, aber meist war sein Heldentum von spiritueller oder intellektueller Natur.

Oft machen wir die Medien für diesen Zustand verantwortlich. Die Filmemacher kennen die Torah nicht gut genug, sonst wüssten sie, dass dort viele Helden beschrieben werden. Wer sich an dieses Handbuch hält, kann selbst ein Held oder eine Heldin werden und entweder Mosche oder Pinchas nacheifern.

Pinchas ist der Hauptdarsteller eines Wochenabschnitts gleichen Namens. Er und Mosche verkörpern zwei Arten von Mut. Entscheiden Sie selbst:

Mosche: Er hilft dem Volk meist durch Gebete und bewegt es zur Reue, so dass manche harte Strafe in letzter Minute abgewendet wurde. Er tritt für die Sünder ein und hält sich selbst für einen Sünder.

Pinchas: Er rettet die Juden durch die Tat. Simri, ein Fürst des Stammes Schimon, widersetzt sich öffentlich den Geboten G-ttes. Während Mosche, Aaron und die anderen Ältesten noch über diesen Frevel beraten, steht Pinchas auf und sagt, jemand müsse sofort etwas dagegen tun. Mosche beauftragt ihn zu handeln.

Mosche: Er bringt spirituelle Opfer. Nach der Sünde mit dem goldenen Kalb bietet er G–tt sogar an: „Wenn du dem Volk Israel nicht vergibst, dann streiche mich aus dem Buch, das du geschrieben hast.“ Eine Torah ohne Mosche — undenkbar!

Pinchas: Er bringt körperliche Opfer. Er wehrt sich gegen den Götzendienst und die Unmoral von Simri, indem er diesem gegenüber tritt und ihn besiegt.

Mosche und Pinchas: Beide werden von Gott für ihre Treue belohnt.

Müssen Sie sich zwischen diesen beiden Helden entscheiden? Nein. Sie brauchen im Leben beide Arten des Heldentums, das spirituelle und das körperliche. Seien Sie der Held, der Sie in diesem Augenblick sein müssen.

Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Auf jeder Reise Ihres Lebens müssen Sie dort sein, wo Sie sind. Vielleicht befinden Sie sich nur auf der Durchreise und sind unterwegs zu einem scheinbar höheren Ziel. Dennoch hat es einen Sinn, dass Sie jetzt da sind, wo Sie sind.

Leitgedanken

„Der vor ihnen einhergeht … und die Gemeinde G—ttes nicht sein lässt wie eine Schafherde ohne Hirte“ (27:17).

Frage: War der Vergleich mit einer Herde ohne Hirte notwendig? Hätte es nicht genügt zu sagen: „Die Gemeinde braucht einen Hirten“?

Antwort: Wenn ein Hirte seine Schafe auf die Weide führt, laufen die Tiere voraus, und er geht hinter ihnen mit einem Stock. So hält er die Herde zusammen und kann leichter fliehen und sein Leben retten, wenn die Herde angegriffen wird. Es kann also so aussehen, als habe eine Herde auf der Weide keinen Hirten.

Mosche betete zu Haschem und bat ihn, einen Hirten für das jüdische Volk zu ernennen, der nicht hinter der Herde geht und sich nicht im Hintergrund hält, sondern die Initiative ergreift und die Richtung angibt. Er bat also um einen Hirten, der dem Volk vorausgeht.

Zur gleichen Zeit

Am ersten Tag seiner Amtszeit als Rabbi von Brodi wurde Rabbi Schlomo Kluger eingeladen, der Sandak bei einem Brit Mila zu sein.

Als er das Haus betrat, erfuhr er, dass der Vater des kleinen Kindes sehr krank war und dass seine Stunden auf Erden gezählt waren. In Brodi war es Brauch, den Bris in solchen Fällen auf den letzten möglichen Augenblick zu verschieben, damit man dem Kind den Namen des Vaters geben konnte, falls dieser starb.

Doch der neue Rabbi brach die Tradition und begann sofort mit der Zeremonie. Niemand widersprach ihm; aber die Leute rümpften die Nase. Dann geschah ein Wunder — der Vater erholte sich und fühlte sich viel besser, und ein paar Tage später war er gesund!

Alle Leute sprachen von dem Wunder und waren stolz auf ihren neuen Rabbi. Doch Rabbi Schlomo Kluge wehrte das Lob ab und gab eine einfache Erklärung.

„Ich habe nur befolgt, was Raschi lehrt. Er fragt, warum Haschem einen Engel schickte, um zwei Aufgaben zu erfüllen: Abraham zu heilen und Lot zu retten. Gibt es nicht genug Engel im Himmel, um jedem einen bestimmten Auftrag zu geben?

Die Antwort lautet: Lots Verdienste waren nicht groß genug, um einen Engel zu ihm allein zu senden. Aber da Haschem einen Engel gesandt hatte, um Abraham zu heilen, konnte dieser Engel ,nebenbei’ auch Lot retten.“

Der Rabbi hielt inne und fuhr dann fort: „Daraus habe ich meine Schlüsse gezogen. Als ich hörte, dass der Vater schwer krank war, verstand ich, dass der Himmel ihn gewogen und für zu leicht befunden hatte. Er hatte nicht genügend Verdienste erworben, um Elijahu Hanawi zu schicken, damit er ihn heilte. Darum beschloss ich, das Brit Mila sofort zu feiern und es nicht bis zur letzten Minute aufzuschieben. Als Elijahu zum Brit Mila kam — denn er nimmt an jedem Brit Mila teil —, konnte er bei dieser Gelegenheit den Vater heilen. Und wie ihr seht, hat er es, baruch Haschem, getan!“