Chabad Lubawitsch
Was ist eigentlich die Torah?
Das ist keine naheliegende Frage, und es gibt keine naheliegende Antwort darauf. Gewiss, für uns ist sie das Wort G–ttes. Aber was ist sie im weltlichen Sinne? Was soll jemand von ihr halten, der sie nicht als g-ttlich inspiriert betrachtet? Sie ist ein Bericht über unsere ältesten Vorfahren, ein Buch der Moral und ein Leitfaden zu einem anständigen Leben.
Aber die Torah sprengt diese Kategorien; sonst würden wir sie in der Bibliothek in der Abteilung Geschichte, Philosophie oder Ratgeber finden.
In manchen Jahren lesen wir die zwei Abschnitte der Torah Matot und Massej. zusammen. Das erste Wort meint einen Holzstab, das zweite eine Reise. Beide sind wichtig, wenn wir verstehen wollen, was die Torah ist. Denn beide sind eine Metapher.
Die meisten Menschen mögen keine Metaphern, weil man sie unterschiedlich deuten kann. (Darum umfasst der Talmud 12 Bände.)
Versuchen wir also, diese Metaphern zu erklären. Was ist ein Matte, ein Stab? Es ist ein großer Stock oder Ast, der uns beim Gehen hilft. Aber wir gehen heute nicht ins Gelobte Land. Wohin also gehen wir? Durch das Leben. Und auf diese Reise spielt Massej an. So wie die Kinder Israel durch die Wüste zogen, gestützt auf ihre Stöcke, gehen auch wir auf die Reise, gestützt auf … welchen Stab? Auf G–tt.
Selbst wenn Sie nicht glauben, dass die Torah seit Anbeginn der Zeit existiert und am Sinai Mosche übergeben wurde, können Sie diese Auslegung teilen.
Das kann jeder. Jeder, der in irgendeiner Sprache, in der die Bibel übersetzt wurde, etwas geschrieben hat, sollte diesem einflussreichen Buch dankbar sein. Darum ist die Torah ein transzendentes Werk, die Quelle der Geschichte, Literatur, Kunst, Kultur und der Moral — ja, die Quelle des Lebens.
Was ist die Torah? Für Juden und Nichtjuden, für Agnostiker und Atheisten, für alle, die Sie kennen, und für die meisten, von denen Sie lesen, ist sie die Quelle der Quellen. Und für jene, die an sie glauben, ist sie keine Metapher, sondern der wahre Baum des Lebens, dem wir alles verdanken, was wir haben.
Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe
Das höchste Gebet ist das Gebet eines kleinen Kindes. Wir beten zu einer erhabenen Idee vom unendlichen Licht, von der Essenz alles Seienden. Aber das Kind hat keine Idee, sondern nur G-tt.
Leitgedanken:
„Räche die Kinder Israel an den Midjanitern. Danach sammelst du dich zu deinem Volk“ (31:2).
Frage: Wie hängt der Krieg gegen Midjan mit Mosches Tod zusammen?
Antwort: Die Gemara (Sanhedrin 39a) berichtet von einem Abtrünnigen, der Rabbi Awua fragte: „Dein G–tt ist ein Kohen, und als er Mosche begrub, verunreinigte er sich. Wie hat er seine Reinheit zurück erlangt?“ Der Rabbi antwortete: „Er reinigte sich mit Feuer, denn es steht geschrieben: ,Siehe, G-tt wird mit Feuer kommen’ (Isaja 66:15).“ „Wird man durch Feuer rein?“ fragte der andere. „Das ist sogar die wichtigste Art der Reinigung“, erwiderte Rabbi Awua. „Das Eintauchen in Wasser ist die zweitwichtigste, denn es steht geschrieben: ,Und alles, was nicht über das Feuer gelegt wird, sollt ihr ins Wasser tauchen’ (31:23).“
Wegen der Gesetze über koschere Werkzeuge, die im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Midian übermittelt wurden, dürfen wir also annehmen, dass Haschem ins Feuer eintauchte, nachdem er Mosche begraben hatte. Darum sagte er zu Mosche: „Räche die Kinder Israel an den Midianitern. Im Laufe des Krieges werden die Juden lernen, wie sie ihre Werkzeuge koscher machen können, und sie werden auch lernen, dass Feuer zur Reinigung besser geeignet ist als Wasser. Danach sammelst du dich zu deinem Volk. Ich selbst werde dich begraben, und die Häretiker werden keinen Grund haben zu fragen, wie ich mich gereinigt habe.“
Wortreiches Schweigen
Kaiser Hadrian hatte zwei Berater, denen er vertraute. Der eine sprach viel, der andere hielt Stille für die größere Tugend. Und beide versuchten zu beweisen, dass sie recht hatten.
Der Berater, der gerne redete, wies darauf hin, wie wichtig Worte für Kaufleute sind. „Ohne Gespräche gäbe es keine Geschäfte. Der Händler benutzt Worte, um seine Ware anzupreisen, und der Kunde benutzt sie zum Feilschen. Alles hängt vom Sprechen ab.“
Hadrian wandte sich an den zweiten Berater und fragte ihn: „Wie willst du beweisen, dass Schweigen Gold ist?“
Der Berater begann, die Vorteile des Schweigens ausführlich zu begründen. Auf einmal schlug der erste Berater ihn auf den Mund.
„Warum hast du das getan?“ fragte ihn der Kaiser.
Der erste Berater sagte: „Majestät, warum sollte ich das nicht tun? Es ist mein Recht, ihn zum Schweigen zu bringen. Als ich Beweise dafür nannte, dass das Reden am wichtigsten ist, benutzte ich mein eigenes Instrument: die Sprache. Ich rühmte das Sprechen durch Sprechen. Wer aber die Stille preist, muss das ohne Worte tun. Wie kann er es wagen, Worte für seine Zwecke zu stehlen?“