Parschat Ki Teze: Die Herrschaft über die Erde

Chabad Lubawitsch

In der Genesis steht, wir seien die Herrscher über die Erde. Aber was heißt das? In der übrigen Torah wird „Herrschaft“ genau definiert und begrenzt. Im neuen Wochenabschnitt, Ki-Teizi, steht: „Wenn du ein Vogelnest findest … und es enthält kleine Vögel oder Eier und die Mutter sitzt auf den Küken oder Eiern, dann darfst du die Mutter nicht nehmen, solange sie auf ihren Jungen sitzt. Wenn du dich daran hältst, wirst du gut und lange leben.“

Wir haben zwar die Herrschaft über die Erde, aber wir sind nicht die höchste Autorität. Wir sind nur die Verwalter, und wir sind für die Natur und für die Moral der Erde verantwortlich. Dabei müssen wir Demut und Respekt zeigen.

Welche Menschen haben diese Demut und diesen Respekt? Hören wir uns einige Aussagen an:

„Nur durch das Übernatürliche kann ich das Mysterium der Existenz verstehen.“

„Wenn man bedenkt, wie fein die Naturgesetze aufeinander abgestimmt sind, muss man zu der Einsicht kommen, dass das Universum nicht zufällig entstanden ist, sondern mit einem bestimmten Zweck geschaffen wurde.“

„Etwas im menschlichen Bewusstsein harmoniert mit dem Geist G–ttes.“

„Die Wissenschaft ist eine Art G’ttesdienst, weil sie die Wunder der Schöpfung enthüllt.“

Solche Aussagen zeigen, dass die Natur und die Wissenschaft uns die Augen für das G–ttliche öffnen. Überrascht es Sie, dass alle diese Worte nicht von Geistlichen, sondern von Physikern, Biologen und Chemikern gesprochen wurden?

Hier ist noch eine Aussage: „Wir können G’tt nur lieben, wenn wir das Werk seiner Hände verstehen, also das Universum.“ Das klingt nach einem Wissenschaftler: Man beginne mit der materiellen Welt und versuche dann, ihren Schöpfer zu verstehen. Aber dieses Zitat stammt von Maimonides, dem Rambam, einem unserer größten Weisen.

Einerlei, wo Sie anfangen, mit dem Himmel oder mit der Erde, Sie kommen immer zum selben Schluss: Alles ist G’ttes Werk, und wir sind hier, um es fortzusetzen.

Der Standpunkt des Rebbe:
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Sie können dem Glauben nicht entkommen. Jede Wissenschaft, jede Logik hat Grundlagen, die auf Glauben beruhen. Die Vernunft kann keinen einzigen Schritt tun, ohne etwas vorauszusetzen.

Leitgedanken:
„Wenn du gegen deinen Feind in den Krieg ziehst“ (21:10).

Frage: Sind die Worte ki teizei („Wenn du hinausgehst“) nicht überflüssig? Hätte es nicht genügt zu sagen: ki tilachem – „Wenn du gegen deine Feinde kämpfst“?

Antwort: Parschat Ki Teizei wird im Elul gelesen, also in einer Zeit, wo wir versuchen, bessere Menschen zu werden und vor allem mit mehr kawana zu dawen.

„Dein Feind“ ist der jeizer hara, mit dem wir ständig kämpfen. Der Sohar vergleicht den inneren Kampf während des Gebets mit einem Krieg. Der jeizer hara versucht, uns abzulenken und unsere kawana zu stören, und wir bemühen uns, ihn zu besiegen.

Darum rät uns die Torah: Die ideale Lösung ist ki teizei, „hinausgehen“. Wir sollen also unser Haus verlassen und in die Synagoge gehen, um mit einem minjan zu dawen. Dort werden wir nicht abgelenkt wie beim häuslichen Gebet, und der Kampf mit dem jeizer hara ist leicht zu gewinnen.

Eine Sünde ist schlimm genug

Als Rabbi Schalom Ber, der Lubawitscher Rebbe, vier Jahre alt war, sah er einmal, wie der Schneider ein Kleid für die Rebbezin brachte. Während seine Mutter das Kleid begutachtete, ging der Junge zum Schneider und zog ihm ein großes Stück Stoff aus der Tasche, das mit dem Stoff des Kleides identisch war.

Das Kind hielt den Stoff hoch. Der Schneider wurde vor Verlegenheit rot im Gesicht und stammelte eine Entschuldigung. „Ich hatte diesen Stoffrest ganz vergessen. Es gehört natürlich Ihnen!“

Nachdem der Schneider gegangen war, schimpfte die Mutter mit dem Knaben. „Warum hast du den Mann so beschämt?“ Der Kleine brach in Tränen aus.

Später schlich er sich ins Arbeitszimmer seines Vaters und fragte den Rebbe: „Wie macht man Teschuwa, wenn man jemanden in Verlegenheit gebracht hat?“

Neugierig erkundigte sich der Rebbe: „Warum willst du das wissen?“
„Oh, nur so …“ sagte der Junge.
Als die Rebbezin davon erfuhr, fragte sie ihren Sohn: „Warum hast du Tatte nicht erzählt, was geschehen ist?“

„Wie?“ entgegnete der Knabe. „Dann hätte ich den Mann ja nicht nur beschämt, sondern auch Böses über ihn weitererzählt und seinem Ruf geschadet!“