Parschat Chukat: Danke für unsere Fehler

Chabad Lubawitsch

Der ganze Vormittag war ein Chaos. Sie kommen zu spät zu einem Termin und sind obendrein unvorbereitet. Wütend geben Sie der Tür einen Fußtritt. Jetzt haben Sie noch ein Problem: Sie müssen sich im Krankenhaus eine gebrochene Zehe vergipsen lassen.

Eine wunderbare Gelegenheit, für G-ttes Segen zu danken. Wie schön ist es doch, unvollkommen zu sein und in einer Welt der Gegensätze zu leben! Denn wir haben gute Aussichten, es morgen besser zu machen als heute. Der Talmud sagt: „Der Vorteil der Engel besteht darin, dass sie nicht schlechter werden können. Ihr Nachteil ist, dass sie auch nicht besser werden können. Der Nachteil des Menschen besteht darin, dass er schlechter werden kann. Und sein Vorteil ist, dass er sich bessern kann.

Der neue Wochenabschnitt heißt Chukat. Er ist nach den Geboten benannt, die wir befolgen, obwohl es keine vernünftige Erklärung für sie gibt. G-tt befiehlt Mosche, zu einem Felsen zu sprechen, um Wasser in der Wüste zu finden. Bevor wir auf Mosches Reaktion eingehen, müssen wir verstehen, dass er unter starkem Druck steht. Das Volk macht ihm Vorwürfe wegen der langen Wanderschaft. Die Leute behaupten, in Ägypten sei es ihnen besser ergangen. Sie klagen, hier könne man nichts anbauen und sie hätten seit Tagen keine Oase mehr gesehen. Jetzt soll Mosche also ein Wunder vollbringen. Zuerst spricht er seine Zweifel offen aus: „Sollen wir etwa aus diesem Stein Wasser holen?“ Er zögert, eine optimistische Voraussage zu machen. Dann schlägt er den Stein, anstatt mit ihm zu reden, wie G-tt es befohlen hat. Trotzdem kommt das Wasser. Gewiss, Mosche wird wegen seines schwachen Glaubens und seiner Unbeherrschtheit bestraft; aber es besteht ein wundervoller Gegensatz zwischen dem Durst und der Verzweiflung des einen Augenblicks und der Freude des nächsten.

Wenn Sie versucht sind, über diese schlechte Welt zu schimpfen, sollten Sie sich fragen: Wäre es besser, wie die Engel zu sein, ohne Hoffnung, besser zu werden? Ist es nicht aufregender, gute und schlechte Tage zu erleben? Woran würde ich es als Engel merken, dass ein Tag gut ist? Wir sind hier, um für G-tt eine Wohnung auf Erden zu bauen. Darum muss es Unvollkommenheit geben, an der wir arbeiten müssen. Meist machen wir die Fehler selbst. Wenn Sie einen schlechten Tag haben, freuen Sie sich! Das bedeutet nämlich, dass bessere Zeiten kommen.

Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Manchmal haben Sie die besten Absichten und erreichen scheinbar das Gegenteil. Aber Sie dürfen mit absoluter Gewissheit glauben – denn dies ist die Überlieferung unserer Weisen, dass nämlich nur Gutes die Folge ist, wenn Sie gute Absichten haben. Vielleicht erreichen Sie nicht das, was Sie wollten; aber gut wird es sein.

Leitgedanken

„G-tt sprach zu Mosche: Mache eine feurige Schlange, und setze sie auf einen Pfahl … Mosche machte eine Schlange aus Kupfer und setzte sie auf den Pfahl“ (21:8-9).

Frage: Warum befolgte Mosche nicht Haschems Befehl, eine feurige Schlange zu machen?

Antwort: Die Juden hatten doppelt gesündigt; denn sie hatten schlecht über Haschem und über Mosche gesprochen. Sie beklagten sich über die himmlische Nahrung, die Haschem ihnen gab, und sie warfen Mosche vor, er habe sie aus Ägypten in die Wüste geführt.

Die Schlange war die Strafe für die Sünde an Haschem. Raschi schreibt dazu: „Lasset die Schlange kommen, die bestraft wurde, weil sie G-tt bei Chawa verleumdet hatte, damit sie die undankbaren Verleumder strafe.“
Für die Verleumdung Mosches, unseres großen Lehrers, war eine feurige Schlange die angemessene Strafe. Dazu heißt es in Pirke Awot: „Wärme dich am Feuer der Weisen, doch hüte dich vor ihrer Glut, damit du dich nicht daran verbrennst … Denn das Zischen dieser Glut ist das Zischen einer feurigen Schlange.“

Haschem macht sich größere Sorgen um die Ehre der Frommen als um seine Ehre. Darum sagte er zu Mosche: „Ich vergebe ihnen die Sünde gegen mich. Aber sich müssen bestraft werden, weil sie dich geschmäht haben. Darum mache eine feurige Schlange und setze sie auf einen Pfahl, damit alle sie sehen und ihre Verleumdung offenbar wird.“ Mosche liebte das jüdische Volk, und er verzieh ihm immer, wie ein liebevoller Vater seinem Kind verzeiht. Aber er wollte auch, dass die Juden bereuten und um Vergebung für ihre Sünde an Haschem baten. Darum machte er keine feurige Schlange, sondern eine kupferne. Die Juden sollten nicht über ihre Sünde an Mosche nachdenken, sondern über ihre Sünde an Haschem.

Warum setzte er die Schlange auf einen Pfahl?

Die Gemara sagt dazu: „Als das Volk nach oben schaute, also zum Vater im Himmel, wurde es geheilt und erlangte Vergebung.“

Der richtige Name

Der Sadigerrer Rebbe, Rabbi Avraham Jaakov, hatte einmal einen Gast, der von Zadikim abstammte. Am Tisch sprachen sie über die Heimat des Gastes. Der Mann hatte kein gutes Wort für die Bewohner seiner Stadt übrig; er nannte sie gemein, geizig, ungastlich und so weiter – alles andere als anständig oder freundlich.

Der Rebbe unterbrach ihn und wies ihn schroff zurecht. Er nannte ihn sogar bei einem beleidigenden Namen. Die anwesenden Chassidim waren erschrocken. Aber Rabbi Avraham ging mit seinen Worten sorgfältig um – wie konnte er einen hochrangigen Gast so beleidigen?

Als der Rebbe merkte, wie entsetzt die Leute waren, wandte er sich ihnen zu und rechtfertigte sich. „Die Generation der Wüste nannte das Manna auch lechem hakloke, minderwertiges Brot. Unsere Weisen lehren, dass diese Menschen sehr intelligent und fromm waren. Warum hielten sie dann das Manna für minderwertig? Die Antwort finden wir in der Gemara. Die Torah sagt, das Manna sei einem bestimmten Samenkorn ähnlich gewesen (sera god), und nach der Gemara ist dieses Wort von der Wurzel lehagid abgeleitet und bedeutet ‚benennend‘. Das Manna konnte jene benennen, die würdig oder unwürdig waren.

Es fiel vor die Tür der Zadikim, aber weniger Fromme mussten eine kleine oder große Entfernung zurücklegen, jeder nach seinem Verdienst, um sein Manna zu bekommen.
Weil das Manna auf diese Weise Sünden enthüllte, hatten die Juden recht, als sie es ‚minderwertiges Brot‘ nannten.
Wir lernen daraus, dass jeder, der die Fehler seiner Mitmenschen anprangert, mit Recht ein minderwertiger Mensch genannt werden darf.“