Parashath Zav – Sind Opfer altmodisch?

Chabad Lubawitsch

Im weltlichen Gesetz gibt es eine Reihe von Strafen für zivilrechtliche und strafrechtliche Übertretungen, zum Beispiel Gefängnis, Geldstrafe, Schadensersatz oder gemeinnützige Arbeit. Auch wenn Kinder sich zu Hause daneben benehmen, werden sie von den Eltern bestraft: Sie bekommen kein Taschengeld, dürfen nicht spielen gehen, müssen sich bei Geschwistern entschuldigen, ihr Zimmer putzen und so weiter.

Aber welche Strafe müssen Sie für Ihre Sünden erdulden?

Es geht hier nicht um staatliche Strafen oder Bußen, etwa wenn Sie Ihre Steuern zu spät zahlen oder bei Rot über eine Kreuzung fahren. Auch der Ärger des Chefs über einen zu spät abgegebenen Bericht ist damit nicht gemeint. Die Frage bezieht sich vielmehr auf moralische Fehler: Sie beschimpfen Familienangehörige, hintergehen einen Freund, geben kein Zedaka oder vergessen, wie sehr G–tt Sie gesegnet hat.

Welche Polizei greift bei solchen Sünden ein?

Im Wochenabschnitt Tsaw lesen wir, wie auf dem Altar geopfert werden musste. Lesen Sie den Text genau — Sie werden überrascht sein, wie genau die Vorschriften sind.

Es gab Sündopfer und Schuldopfer, Speiseopfer und Friedensopfer. Letztere waren in drei Gruppen unterteilt: Dankopfer für die Rettung vor einer Krankheit oder Gefahr, Opfer zur Erfüllung eines in der Not abgelegten Gelübdes und freiwillige Opfer zum Dank für G–ttes Segen.

Interessant ist, dass alle diese Opfer nichts mit Strafe durch eine höhere Autorität zu tun haben. Mit anderen Worten: Es handelte sich um „Strafen“, die jeder Jude selbst festlegte, weil er wusste, dass er eine Sünde begangen hatte und Buße tun musste. Und da es ein komplexes Sündenregister gab, waren auch komplexe Vorschriften über Buße durch Opfer notwendig.

Wenn es in Ihre Synagoge keinen Opferaltar gibt, haben Sie diese Möglichkeit nicht mehr. Aber Sie können eine eigene Liste von „Opfern“ für Ihre Sünden zusammenstellen! Vielleicht hat niemand Sie für eine Sünde bestraft — aber lässt Ihr Gewissen Sie ebenfalls in Ruhe?

Solche Opfer sind keineswegs altmodisch. Sie erinnern uns daran, dass wir Böses durch Gutes ersetzen sollen. Unsere Mizwot sollen unsere Sünden überstrahlen. Es gehört auch zu Ihren täglichen Pflichten, die Welt von ihren Leiden zu heilen, einerlei ob Sie oder andere ihr diese Leiden zugefügt haben.

Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Wenn Sie G–ttes Willen nur deshalb erfüllen, weil Sie es für vernünftig halten — was hat das mit Ihm zu tun? Sie erfüllen damit nur Ihren eigenen Willen, das heißt, Sie bleiben ein Gefangener.

Leitgedanken

„Dort, wo das Brandopfer geschlachtet wird, soll auch das Sündopfer geschlachtet werden“ (6:13).

Frage: Warum schreibt die Torah vor, dass beide korbanot am selben Ort geschlachtet werden?

Antwort: Ein Sündopfer wird von einem Menschen dargebracht, der gegen die Torah verstoßen hat. Ein Brandopfer ist ein Beitrag zum Beit Hamikdasch. Um den guten Ruf des Volkes zu bewahren, verlangt die Torah, dass beide Tiere am selben Ort geschlachtet werden, damit niemand den Verdacht äußern kann, ein Opfer, das er beobachtet, sei das Opfer eines Sünders. Zuschauer sollen vielmehr denken, es handle sich um ein Brandopfer.

Da tefilla (Gebete) an die Stelle von awoda (Opfern) getreten sind, schreiben unsere Weisen nach der Gemara (Sota 32b) vor, dass Schemone Esrei stumm gebetet wird, damit ein Sünder, der Haschem etwas beichten will, von niemandem gehört wird und nicht in Verlegenheit gerät.

Geld — nein, Schechita — ja

Rabbi Jisrael Salanter rastete einst auf einer Reise in einer Herberge. Der jüdische Besitzer war von dem würdevollen Mann mit dem langen Bart und den vornehmen Manieren sehr beeindruckt und fragte ihn noch vor der Begrüßung:

„Sie Ihr vielleicht ein Schochet? Ich habe ein Tier, das geschlachtet werden muss. Es ist für mich sehr schwierig, es in die Stadt und zurück zu bringen. Vielleicht könnt Ihr mich vor der langen Reise bewahren und es schlachten.“

Rabbi Jisrael setzte sich an den Tisch. Ein paar Minuten später fragte er den Gastwirt: „Würdest du mir einen Rubel borgen?“

„Ich würde Euch einen Rubel borgen — aber ich kenne Euch doch gar nicht“, entgegnete der Wirt. „Woher weiß ich, dass Ihr mir den Rubel zurückzahlt?“

Rabbi Jisraels Augen funkelten vor Entrüstung. „Du bist nicht bereit, mir wegen eines Rubels zu vertrauen, aber vorhin warst du bereit, mich ein Tier schlachten zu lassen, ohne mich begrüßt und nach meinem Namen gefragt zu haben, obwohl diese Mizwa der Torah so wichtig ist, dass nur Fachleute nach jahrelangem Studium und mit viel Erfahrung sie vollziehen dürfen!“