Parashath Sh’mini – Acht Himmel

Chabad Lubawitsch

„Ist der Himmel dort oben? Kann man von einem Flugzeug aus hineinsehen?“
Kinder verstehen nur die physikalische Wirklichkeit und stellen sich die g’ttliche Ebene als Ort gleich neben dem Mond vor, als ein Land, in das wir reisen können.

Erwachsene wissen es natürlich besser. Wir glauben an eine oder zwei Ebenen des Wissens: an die wissenschaftliche und an die metaphysische Ebene. (Die Torah lehrt, dass beide nicht unvereinbar sind, wie manche Leute glauben.) Erwachsene lachen über Mythen und kindische Vorstellungen.

Aber die moderne Physik hat unsere Vorstellungen über Zeit und Raum auf den Kopf gestellt. Die Zeit ist subjektiv; sie vergeht langsamer, wenn wir uns schnell bewegen. Der Raum ist begrenzt und doch unendlich: Wir können ihn nicht messen, aber er ist in sich selbst gekrümmt, so dass wir an den Ausgangsort zurückkommen, wenn wir immer geradeaus reisen.

Je näher wir also dem Himmel kommen, desto näher kommen wir dem Ort, an dem wir begonnen haben. Und genau so soll es sein.

Das meint jedenfalls die Torah. Schemini, der Abschnitt, den wir diese Woche lesen, bedeutet „acht“. Es ist keine isolierte Acht, sondern eine Zahl in einer Zahlenreihe. Gemeint ist der Tag, an dem Aaron und seine Söhne zu Priestern des Heiligtums geweiht wurden, der Tag, an die Schechina, nach den sieben Tagen der Vorbereitung auf das Heiligtum herabstieg.

Dieser achte Tag gehört also nicht zur normalen Woche. Unser Kalender besteht aus Wochen mit jeweils sieben Tagen (eine ebenso willkürliche Einteilung wie die Stunden und Minuten). Der achte Tag setzt die Woche fort und ist gleichzeitig etwas Besonderes: ein himmlischer Tag.

Doch Aaron und seine Söhne haben diesen Tag zusammen mit den Kindern Israel auf der physikalischen Ebene erlebt. War es ein echter Tag? Ein zusätzlicher Tag? Diese Ideen ergeben nur dann einen Sinn, wenn wir an die „erwachsene“, unveränderliche Zeit glauben … aber die Torah und die Wissenschaft sagen ja, dass es diese Zeit nicht gibt.

Der Himmel befindet sich auf einer anderen Ebene, aber er ist auch hier. Der achte Tag befindet sich nicht auf dieser Welt, und dennoch ist er ein Teil unseres Lebens. Wie die Kinder können wir gleichzeitig in der realen und in der imaginären Welt sein — ohne dass die Wissenschaft oder G–tt etwas dagegen haben.

Der Standpunkt des Rebbe:
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Reinige die Zeit. Finde jeden Tag eine Tat der Güte und der Schönheit, die allein diesem Tag gehört.

Leitgedanken

„Und der Strauß …“ (11:10)

Frage: Der Ausdruck bat hajaana bedeutet wörtlich „Tochter des Straußes“. Warum steht das so geschrieben, wo doch alle Strauße verboten sind?“

Antwort: Strauße leben von hartem, scharfem Gras. Wenn sie nicht genug Futter finden, fressen sie Knochen, Eisen und Glas. Der Midrasch Rabba (Bereschis 31:14) sagt, Noach habe Glas mit auf die Arche genommen, um Futter für den Strauß zu haben. Ibn Esra schreibt in Parschat Mischpatim (23:19), da der Strauß solche Dinge fresse, werde sein Fleisch trocken wie Holz und hart wie Eisen, und selbst durch Kochen werde es nicht weich. Das Fleisch eines sehr jungen weiblichen Straußes ist dagegen noch zart. Darum warnt die Torah ausdrücklich davor, dieses bat haja ana zu essen.

„Und der Storch …“ (11:19)

Frage: Man nennt ihn chasida (freundlich), weil er sein Futter mit Freunden teilt (Raschi).

Die Tiere und Vögel, die den Juden verboten sind, haben schlechte Eigenschaften. Was der Mensch isst, beeinflusst ihn. Darum verbietet die Torah jene Tiere, die unseren Charakter verderben (Ramban 11:13). Warum ist auch der Storch verboten, obwohl er gutmütig ist?

Antwort: Wer nur Menschen hilft, die er gern hat, und sich nicht um andere kümmert, hat keinen guten Charakter. Darum verbietet uns die Torah, den Storch zu essen, damit wir nicht seine schlechte Gewohnheit annehmen.

Alles wegen der Schochtim

Der Ohew Jisrael von Apta erzählte seinen Chassidim einst die folgende Geschichte, um ihnen zu zeigen, wie wichtig g-ttesfürchtige Schochtim in der Stadt sind:

Eine schlimme Epidemie war in Jaroslaw unter den Kindern ausgebrochen. Sie breitete sich von einem Haus zum andern aus, und die Menschen waren hilflos. Verzweifelt beschloss die Gemeinde, eine Abordnung zu dem großen Zadik zu schicken, der in der Nachbarschaft lebte. Es war der berühmte Rabbi Elimelek von Lisensk, dessen Rat sie einholen und den sie bitten wollten, für ihre Kinder zu beten.

Rabbi Elimelek sagte zu den Abgesandten: „Bin ich ein Prophet oder der Sohn eines Propheten? Woher soll ich wissen, woran die Kinder sterben? Aber da ihr nun einmal zu mir gekommen seid, will ich euch einen Rat geben: Schaut euch die Schochtim in eurer Stadt genau an.“

Die Delegation kehrte nach Jaroslaw zurück, und sogleich ernennte die Gemeinde einen frommen Aufseher, einen integren Gelehrten mit großer Erfahrung. Er sollte das Schlachthaus überwachen.

Eines Tages hörte der Aufseher zufällig ein Gespräch. Einer der älteren Schochtim flüsterte einem Neuling zu: „He, pass auf, was du tust. Das geht nicht mehr, seit der Aufseher da ist!“

Diese paar Worte genügten dem Aufseher. Jetzt wusste er, dass Rabbi Elimelek mit seiner g-ttlichen Intuition die Ursache der Epidemie gefunden hatte.

Der Aufseher berichtete dem Rabbi der Gemeinde von dem Gespräch, und alle Schochtim wurden entlassen und durch aufrichtige, geübte Schochtim ersetzt, die Haschem fürchteten.

Sofort kam die Epidemie zum Stillstand, und die Kinder begannen sind zu erholen.