Paraschath Bo

Von Rabbi Menachem Leibtag
Schiurimreihe Fraenkelufer

TEIL I

Es mag zwar ziemlich merkwürdig klingen, aber nach Raschi wurde Pessach bereits 400 Jahre VOR dem Exodus gefeiert! Raschi kommentiert Bereschit 9:3 und behauptet, Lot habe besondere MATZOT für seine Gäste gebacken, weil sie an Pessach zu ihm kamen.

Im Schiur dieser Woche wollen wir anläßlich der Erörterung von Zweck und Bedeutung des Korban Pessach zeigen, worin eine grundlegende thematische Verbindung zwischen der Zerstörung von Sodom und dem Prozeß des Jetziat Mitzraim liegen könnte.

EINFÜHRUNG / RÜCKBLICK

In unserer bisherigen Untersuchung von Sefer Schemot haben wir uns auf den doppelten Auftrag konzentriert, den Mosche beim brennenden Dornbusch erhalten hat:

(1) Die Mission an Pharao, damit er Bnei Jisrael erlaube, in der Wüste zu Gott zu beten.

(2) Die Mission an Bnei Jisrael, damit sie erkennen, daß Gott gekommen ist, seinen Bund zu erfüllen.

Diese beiden Missionen hängen zwar zusammen, aber jede hat doch ein eigenes göttliches Ziel: Zunächst ist wichtig, daß Ägypten, das Zentrum der antiken Zivilisation, die Existenz Gottes und das Recht von Bnei Jisrael anerkennt, zu ihm zu beten. Entscheidend ist ebenso, daß Bnei Jisrael nicht nur weiß, daß der Gott ihrer Vorväter gekommen ist, sie zu retten, sondern daß sie auch bereit und willens sind, ihm zu gehorchen (Schemot 6:2-9). Unglücklicherweise hört Bnei Jisrael nicht auf Gottes Ruf nach „Teschuwa“. Dennoch geht der wunderbare Rettungsprozeß (b’Schem Hawaja) weiter, und zwar um Seines Namens willen (Jeheskel 20:5-10).

[Siehe Schiurim zu Parschiot Schemot & Wa’ejra.]

Bnei Jisraels Errettung aus Ägypten ist nur der erste Schritt der Erfüllung von Gottes Bund. Es ist jedoch nicht nur Gottes Verantwortung, sie zu befreien, Bnei Jisrael soll auch Sein Volk WERDEN. [Ein Bund verlangt seiner Natur nach die aktive Mitwirkung BEIDER Seiten.] Indem sie seinen Gesetzen folgen und im Gelobten Land ein vorbildhaftes Volk werden, werden Bnei Jisrael die Menschheit zur Anerkennung Gottes führen – dem letzten Ziel dieses Bundes (das Thema von Sefer Bereschit).

BNEI JISRAEL UND DIE ERSTEN NEUN PLAGEN

Es ist interessant zu sehen, wie Bnei Jisrael während der ersten neun „Makkot“ (Plagen) ‚von der Szene verschwunden‘ zu sein scheint. Vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der ersten „Makkot“ an Mosche und Aharon (7:1-7) bis zur Vollendung der neunten Plage (10:29) konzentriert sich Sefer Schemot ausschließlich auf die Konfrontation zwischen Mosche und Pharao, d.h. zwischen Gott und Ägypten. Während dieser langen Erzählung wird Bnei Jisrael nicht einmal erwähnt. Der Zweck dieser Makkot wird in der Einführung zu diesem Abschnitt ausdrücklich genannt:

„w’jadu MITZRAIM ki Ani Haschem“ – Dann sollen die Ägypter erkennen, daß ich der Ewige bin, wenn ich meine Hand ausstrecke über Ägypten…“ (7:5)

Diese Kapitel bilden eine eigenständige Einheit, denn sie beschreiben die Erfüllung von Mosches Mission an Pharao (1). Achten wir auf die Verbindung zwischen den Eröffnungs- (7:1-7) & Schluß-Psukim (11:9-10) dieser Einheit.

Aber ab diesem Punkt in Parschat Bo und im folgenden verschiebt der Chumasch seinen Schwerpunkt von den Ägyptern auf die Israeliten. Mosche muß nun seine Mission an Bnei Jisrael erfüllen (2), indem er sie ermuntert, zu einem aktiven Partner im Prozeß von Jetziat Mitzraim zu werden. „Parschat Ha’Chodesch“ (12:1-20) enthält die erste „Mitzwa“, die Bnei Jisrael gegeben wird und beginnt diese neue Einheit.

DIE ZEHNTE PLAGE

Während der ersten neun Plagen kann Gott ohne Problem zwischen Bnei Jisrael und den Ägyptern unterscheiden (z.B. Arow, Dewer, Barad, Choschech). Aber bei der letzten Plage – Makkat Bchorot – scheint ein besonderes Zeichen notwendig: Bnei Jisrael müssen das Blut des „Korban Pessach“ auf ihre Türpfosten streichen, so daß Gott zwischen ihnen und den Ägyptern unterscheiden kann. Sicher ist Gott mächtig genug zu erkennen, wer Israelit ist, auch ohne das Zeichen am Türpfosten. Weshalb ist also dieses spezielle Zeichen nötig?

Ausgehend von unserer Einführung ist die Antwort ganz einfach: Gott

braucht das Blut an den Türpfosten gar nicht zu sehen, um die ethnische Identität des Hauses zu erkennen. Vielmehr fordert Gott dieses Zeichen, um zu bestimmen, wer der Rettung WERT ist. Durch das Korban Pessach zeigt Bnei Jisrael, daß sie den Sinn ihrer Rettung verstehen. Sie beweisen Gott, daß sie ihre Rettung VERDIENEN.

Das erklärt auch, weshalb Bnei Jisrael befohlen wird, diesen Korban am zehnten von Nissan zuzubereiten (12:3). Die drei (oder vier) Tage vor ihrer Errettung müssen der geistlichen Vorbereitung gewidmet werden.

Das Korban Pessach ist in sich selbst bedeutsam. Sein Zweck bestand nicht nur darin, das Blut für die Zeichen an den Türen zu liefern. Denken wir daran, daß dieses Korban dargeboten wird, als Bnei Jisrael aus ihrer Knechtschaft befreit werden (und ihr Unterdrücker bestraft wird / siehe Bereschit 15:13-14), so dient das Korban Pessach als angemessener Dank an Gott für seine Erfüllung von Brit bein Ha’Btarim [siehe Weitere Ijun].

Um diesen Gedanken ganz würdigen zu können, muß der besondere Name dieses Korban – Pessach – etwas genauer erklärt werden.

Eine Veränderung der Lebensweise, insbesondere der Lebensweise eines ganzen Volkes, kann nicht über Nacht vollzogen werden. Viel weniger noch die Verwandlung eines versklavten Volkes, das mit der ägyptischen Kultur verwachsen ist, in ein freies Volk, das bereit ist, Gott zu folgen. Hätten Bnei Jisrael diesen Prozeß der Teschuwa schon vor der ersten Plage begonnen, wie Gott das ursprünglich verlangt hatte, dann hätten sie bereit sein können für den idealen Erlösungsprozeß. Möglicherweise hätten Bnei Jisrael ihre dreitägige Reise nach Har Sinai sofort nach der 10. Plage begonnen. Spirituell reif für den Gottesgehorsam, hätten sie die Thora empfangen und wären kurz darauf weitergezogen ins Land Israel.

Wäre Bnei Jisrael wirklich dieser idealen Erlösung wert gewesen, dann wäre wohl das Bestreichen der Türpfosten mit Blut nicht nötig gewesen. Wie wir jedoch im Schiur der vergangenen Woche erklärten, war das Volk noch nicht würdig; ihre übereilte Vorbereitung auf den Exodus genügte schwerlich, ihre Vergangenheit wirklich auszulöschen. Nun, da Gott sich b’Schem Hawaja offenbaren will, verdienen sie, zusammen mit den Ägyptern bestraft zu werden; aber Gott ist gnädig (Jeheskel 20:7-9). Die Tatsache, daß Gott an ihren Häusern VORBEIZIEHEN muß, unterstreicht eben diesen Punkt – daß sie eigentlich Strafe verdienen, aber statt sie zu schlagen, rettet Gott sie in letzter Minute. [„po’sej’ach“ bedeutet im Hebräischen auch übergehen. Man läßt gleichsam einen Schritt aus und tritt nicht auf das, worauf man eigentlich treten müßte.]

Das Korban Pessach dient daher einem doppelten Zweck:

Durch das Bestreichen der Türpfosten mit dem Blut des Korban Pessach verdeutlicht Bnei Jisrael die Anerkennung der Tatsache, daß es keine

Rettung verdient. [Blut ist dafür das passende Symbol.]

Die Darbringung des Korban als Dank für die Erfüllung der ersten Stufe von Brit bein Ha’Btarim gemahnt sie daran, daß ihre Rettung DEM ZWECK DIENT, daß sie den nächsten Schritt des Bundes erfüllen können, d.h. Gottes auserwähltes Volk im Gelobten Land werden können. [Die besonderen Gesetze, die regeln, WIE dieser Korban zu verzehren ist (12:8-11), vertiefen Bnei Jisraels Wahrnehmung dieses Zwecks noch.]
Im Bewußtsein, daß Gott an ihnen „vorübergeht“, obgleich sie Strafe verdienen, liegt der vorrangige Zweck der Darbringung dieses Korban in genau dieser Situation; daher der Name – „Korban Pessach“.

Jeder „Teschuwa“-Prozeß muß beginnen mit (1) der Anerkennung von Gottes Gnade durch den Menschen, indem Gott ihm eine zweite Chance gibt, und (2) der Erkenntnis seines Lebenszwecks durch den Menschen.

[Beachten wir: Selbst wenn Bnei Jisrael die Rettung verdient hätte, wäre die Darbringung dieses „Korban l’Haschem“ zu diesem Zeitpunkt (oder drei Tage später bei Har Sinai) vielleicht angemessen gewesen als Dank für Brit bein Ha’Btarim. Das Ritual der Bestreichung der Türpfosten mit Blut wäre dann aber überflüssig gewesen. Man könnte sich auch einen Grund dafür denken, daß Gott ihnen eine zweite Chance gab. Ihr Starrsinn war zwar unentschuldbar, aber verständlich. Wie wir im Schiur der letzten Woche erklärt haben, folgte Bnei Jisrael aus Niedergeschlagenheit und äußerer Bedrückung („m’Kotzer ruach u’m’Awodah kascha“) Gottes ursprünglichem Ruf nicht (6:9). Möglicherweise spielt Sefer Schemot deshalb auf ihr niedriges spirituelles Niveau zu diesem Zeitpunkt an und hält nicht fest, was Sefer Jeheskel ausdrücklich sagt.]

Kehren wir nun mit diesem Hintergrund zu unserer Eingangsfrage zurück, um eine thematische Verbindung zwischen Sodom & Pessach zu finden.

PESSACH IN SODOM

Lots Situation in Sodom ähnelt auf schlagende Weise derjenigen von Bnei Jisrael in Ägypten. Erinnern wir uns, daß Lot sich ursprünglich zu Sodom hingezogen fühlt, weil es klimatische Ähnlichkeit mit Ägypten hat (Nil & Jordan / Siehe Bereschit 13:10). Das Volk von Sodom ist wegen der natürlichen Reichtümer des Landes sehr selbstbewußt. Es braucht Gott nicht und wird dadurch zu einer verderbten Gesellschaft (13:13 / siehe Schiur

zu Parschat Wa’jera). Gott verabscheut diese Gesellschaft und bestraft sie b’Schem Hawaja (18:20-21).

Bevor er jedoch Sodom zerstört, spricht Gott mit Awraham Awinu. Im Gegensatz zu Sodom, sollten Awrahams Nachkommen ein „Segen der Menscheheit“ werden, indem sie ein durch „Tzedek u’Mischpat“ charakterisiertes Volk gründen sollten (siehe 18:17-19). Kann nun Lot, ein Schüler Awrahams, die Stadt nicht retten?

Als er von der bevorstehenden Zerstörung von Sodom hört, nimmt Awraham genau das an, was wir erwarten – daß Gott nicht die Rechtschaffenen zusammen mit den Verderbten bestrafen würde:

„Willst du gar den Gerechten mit dem Frevler hinraffen?…

Sollte der Richter aller Erde nicht Recht üben?“ (18:23-25).

Obgleich rechtschaffener als seine Nachbarn, verdient Lot nicht, vor der Zerstörung Sodoms gerettet zu werden. [Er hatte das Leben in Sodom den Herausforderungen eines Lebens mit Awraham vorgezogen (13:10-12).] In einem Akt göttlicher Gnade (19:29) entfernt Gott Lot aus Sodom, bevor er die Stadt zerstört. Lot verdient das so wenig, daß ihm nicht einmal gestattet wird, zurückzublicken und das Zerstörungswerk zu sehen.

Nur Gottes Bund mit Awraham Awinu führt zu göttlicher Gnade. Wie Bnei Jisrael während Makkat Bchorot, wird Lot vor der Vernichtung gerettet, obgleich er es nicht verdient. Auf der Grundlage dieser thematischen Ähnlichkeit können wir nun Raschis präzisen Kommentar in bezug auf den Zeitpunkt im Jahr würdigen, an dem die Zerstörung Sodoms stattfand.

Raschi kommentiert den Pasuk, der das Mahl beschreibt, das Lot für die beiden „Malachim“ bereitet (die gekommen sind, um Sodom zu zerstören):

„Da bereitete er [Lot] ihnen ein Mahl und buk MATZOT, und sie aßen…“ (19:3).

Zum Wort MATZOT erklärt Raschi daß ‚an jenem Abend PESSACH‘ war. Weshalb hätten sie sonst Matza essen sollen?

Muß Raschi uns erst sagen, zu welcher Zeit des Jahres sich diese Episode ereignete? Müssen wir wissen, wie ‚frum‘ Lot war, daß er alle Mitzwot hielt, sogar Matza an Pessach?

Raschi will uns nicht „Pschat“ lehren (die einfache Bedeutung des Textes). Vielmehr verweist er auf die thematische Ähnlichkeit zwischen Lot und Jetziat Mitzraim.

[Beachte: Die folgende Erklärung verdeutlicht, wie gefährlich es ist, „Drasch“ als „Pschat“ zu vestehen. Wenn wir „Drasch“ zu schnell als „Pschat“ akzeptieren, entgeht uns nicht nur die Schönheit von „Pschat“, wir bringen uns vielleicht auch um das volle Verständnis von „Drasch“.]

Nach „Pschat“ buk Lot nicht Matzot (19:3), weil Pessach war, sondern vielmehr buk er Matzot (statt Brot), weil seine Gäste PLÖTZLICH erschienen. Um Brot zu backen, muß der Teig aufgehen, während Matzot viel schneller gebacken werden können.

Der von Raschi vorgebrachte „Drasch“, wonach Lot Matza buk, weil Pessach war, verbindet thematisch die Ereignisse, die zur Zerstörung von Sodom führten, mit der Geschichte von Jetziat Mitzraim. In beiden Fällen offenbart Gott sich b’Schem Hawaja, im Urteil. Raschis Kommentar zu diesem Pasuk erklärt also nicht „Pschat“, sondern verweist vielmehr auf ein viel tieferes biblisches Thema, nämlich das von ‚Jom Haschem‘!

JOM HASCHEM

Diese biblische Vorstellung eines Tages, an dem Gott sich offenbart und die Bösen bestraft, während die Rechtschaffenen gerettet werden, ist in Tanach als „Jom Haschem“ bekannt – Gottes Tag des Gerichts.

Wenn zum Beispiel Jescha‘jahu die Zerstörung Bawels voraussieht (Jescha‘jahu 13:1-22), dann nennt er diesen Tag konstant ‚Jom Haschem‘ (siehe 13:6,9,13). Bei der Beschreibung dieser Katastrophe vergleicht Jescha‘jahu Bawel sogar mit Sodom:

„Sein wird dann Bawel / der Königreiche Lust / der Prunk und Stolz der Kassdim / wie Gottes Umsturzwerk / an Sodom und Amora“ (13:19)

Ein weiteres wichtiges Beispiel findet sich bei Amos. Zur Zeit von Jerowam ben Joash war Jisrael zu Wohlstand und Überfluß gelangt. Sie warteten auf eine noch größere Erlösung, die sie nicht verdienten. Als Reaktion warnt Amos das Volk vor den drohenden Gefahren (5:18):

„Weh, die den Tag von ‚Jom Haschem‘ ersehnen, was soll er euch, der Tag von ‚Jom Haschem‘, [denn für euch] ist er Dunkelheit und nicht Helle.“

Wenn das Volk nicht spirituell auf Gottes Offenbarung vorbereitet ist, warnt Amos, dann wird ‚Jom Haschem‘ Zerstörung über es bringen und nicht Erlösung.

Unser letztes Beispiel stammt aus Gottes ‚Abschiedsbotschaft‘ an die Menschheit; die letzte Prophezeiung des letzten Propheten – Malachi:

[auch ein populäres Lied]

„Hinej anochi scho’laj’ach la’chem…“ – Sieh, ich sende euch Elijahu, den Propheten, BEVOR der Tag des Ewigen [‚Jom Haschem‘] kommt, der große und furchtbare. Und er wird das Herz der Väter den Kindern und das Herz der Kinder den Vätern zukehren, ehe ich komme und das Land mit Bann schlage.“ (3:23-24)

Auch hier begegnen wir der Notwendigkeit, Teschuwa zu vollbringen, bevor die Erlösung kommen kann, denn sonst wird Gottes Offenbarung zur Zerstörung führen. Da die letzte Erlösung von Am Jisrael die Hoffnung aller Propheten ist, ist es ganz richtig, daß diese zur letzten und abschließenden prophetischen Botschaft an Am Jisrael wird.

Wie wir gesehen haben, beginnt der Erlösungsprozeß, ohne daß Bnei Jisrael der Erlösung würdig ist. Seine Fortsetzung jedoch – der Empfang der Thora und das Erbe des Gelobten Landes – setzen spirituelle Bereitschaft voraus. Im Schiur dieser Woche haben wir erklärt, wie die Darbringung des Korban Pessach den ‚ersten Schritt‘ in die richtige Richtung bildete, einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur geistlichen Erlösung.

Jedes Jahr, wenn wir der Ereignisse von Jetziat Mitzraim an ‚Pessach‘ gedenken, danken wir Gott für seine Erfüllung von Brit bein Ha’Btarim (MAGID) und beten für unsere letzte Erlösung (HALLEL/NIRTZAH). Vor diesem Gebet laden wir Elijahu an unseren Seder-Tisch, nicht nur, damit er unseren Wein koste und nicht nur, um ihn zur Vernichtung unserer Feinde zu ermuntern, sondern Elijahu kommt, uns daran zu erinnern, daß wir die rechte „Teschuwa“ vollbringen müssen, BEVOR wir erlöst werden können, und er kommt, uns vor den Folgen zu warnen, wenn wir dies versäumen sollten.

FÜR WEITERE IJUN

A. DER KORBAN TODAH UND KORBAN PESSACH

Siehe Wajikra 7:11-21. Der Korban Todah ist auf zweierlei Weise etwas Besonderes:

Der Zeitrahmen, in dem man ihn verzehren kann, beschränkt sich auf den Tag, an dem er dargeboten wurde, und auf den gleichen Abend, während ein normales Schlamim auch noch den ganzen folgenden Tag gegessen werden kann.
Er muß zusammen mit MATZOT verzehrt werden: Der Korban Pessach ist in beiden Hinsichten ähnlich. Er kann nur an jenem Abend verzehrt werden, und er muß mit Matzot gegessen werden. Setzen Sie dies auch in Beziehung zum Zeitpunkt, da wir einen Korban Todah darbringen müssen (auf der Basis von Tehilim 107/ „arba chayavim l’hodot“)
B. Erinnern Sie sich an den Pasuk, den wir als Seder zitieren, bevor wir Elijahu einladen: „schfoch chamotcha al ha’Goyim…“ (siehe Jirmejahu 10:25) und beziehen Sie das auf Jeheskel 20:8-9 [achten Sie auf „w’omar lishpoch chamati aleiyhem, w’aas l’maan SCHMI…“] und auf den Hauptpunkt des obigen Schiur.

TEIL II

Weshalb essen wir Matzah? Einfach nur in Erinnerung daran, WIE Gott uns bei den Ereignissen von Jetziat Mitzraim gerettet hat?

Parschat Bo stellt diese Mitzwa der MATZA aus verschiedenen Blickwinkeln dar, und Teil II des Schiur dieser Woche wird sich diese ‚multiple Darstellung‘ genauer anschauen, damit wir vielleicht besser verstehen, was es überhaupt mit MATZA und PESSACH auf sich hat.

EINFÜHRUNG

In Kap. 12, bevor er seine letzte Plage über Ägypten bringt, befiehlt Gott Bnei Jisrael, ein besonderes Korban darzubringen, besser bekannt als Korban ha’Pessach. In diesem Befehl (siehe 12:1-20) finden wir „Matza“ in zwei ganz verschiedenen Zusammenhängen erwähnt:

a) in einem SEKUNDÄREN Kontext, d.h. als die Art Brot, mit dem das Korban Pessach gegessen werden muß:

„Das Fleisch aber sollen sie in derselben Nacht essen, am Feuer gebraten, dazu ungesäuerte Brote (MATZOT), mit bitteren Kräutern sollen sie es essen …“ (12:8)

b) in einem PRIMÄREN Kontext, d.h. in Zusammenhang mit der 7-tägigen Festzeit, in der wir MATZOT essen sollen:

„SIEBEN Tage sollt ihr MATZA essen …“ (siehe 12:15-20)

Später in Kap. 12, NACH der zehnten Plage und dem tatsächlichen Auszug Bnei Jisraels aus Ägypten, wird „Matza“ noch in einem dritten Zusammenhang erwähnt:

c) in einem ZUFÄLLIGEN Kontext, nämlich der Art, wie Bnei Jisrael den Teig backen mußte, weil der Exodus so überstürzt zu geschehen hatte:

„Und sie buken den Teig, den sie aus Ägypten gebracht, zu MATZA-Kuchen – denn es war noch nicht gesäuert. Weil sie weggetrieben wurden aus Ägypten und sich nicht aufhalten konnten [bis der Teig aufgegangen war und/oder in einem richtigen Ofen gebacken werden konnte], auch Reisezehrung hatten sie sich nicht bereitet.“ (12:39)

Um alle drei Zusammenhänge zu würdigen, befaßt sich daher Teil II des Schiur dieser Woche eingehender mit Kapitel 12.

ZWEI THEMEN IN EINEM [‚Parschia‘]!

Bevor wir anfangen, müssen Sie sich unbedingt 12:1-20 noch einmal anschauen und sich klarmachen, daß hier ZWEI verschiedene Themen enthalten sind:

Das erste Thema ist offensichtlich KORBAN PESACH – das besondere Opfer, das Bnei Jisrael zu Hause darbringen muß, um sich vor Maakkat Bchorot zu retten (siehe 12:1-13).
Das zweite Thema ist der Befehl, einen 7-TÄGIGEN FEIERTAG der MATZOT für alle Zukunft einzuhalten (siehe 12:15-20).
[Wiederh.: 12:14, siehe Weitere Ijun.]

Dieser Unterschied bleibt oft unbemerkt, und zwar aus dem einfachen Grund, weil wir Pessach und Chag ha’Matzot oft als den SELBEN Feiertag betrachten. Obgleich sich jedoch beide Befehle auf die Ereignisse von Jetziat Mitzraim beziehen, bleibt jede Mitzwa unabhängig. In unserer folgenden Untersuchung von Kap. 12 wird der Unterschied noch deutlicher werden.

Die beiden Abschnitte erörtern z.B. nicht nur verschiedene Themen – jede Mitzwa scheint zu einer anderen Zeit gegeben worden zu sein!

Die Mitzwa der Darbringung von Korban Pessach wurde offensichtlich VOR dem Exodus gegeben. Beachten Sie, wie Mosche (an Rosh Chodesch) angewiesen wird, Bnei Jisrael folgendes zu sagen: ein Lamm am 10. Von Nissan zu nehmen, es am 14. zu opfern und sein Fleisch mit Matza & Maror in der gleichen Nacht zu essen (siehe 12:1-13). Gewiß ereignete sich all dies, BEVOR Bnei Jisrael Ägypten verließ.

Die Mitzwa der Feier von Chag ha’Matzot für sieben Tage (siehe 12:15-20) scheint jedoch erst NACH dem Exodus gegeben worden zu sein – und zwar aus zwei ganz einfachen Gründen:

1) Der Grund der Thora für diesen Feiertag wird in der VERGANGENHEITS – FORM genannt: „Daher sollt ihr diesen die [Gesetze der] MATZOT wahren, denn an eben diesem Tag HABE ich eure Scharen aus dem Land Ägypten HERAUSGEFÜHRT.“ (12:17)

[Beachte Ibn Ezra (Aroch) zu diesem Pasuk, wo er auf diese Frage eingeht und drei Antworten anbietet. Seine letzte Antwort legt nahe, daß 12:15-20 eventuell ‚am falschen Ort steht‘!]

2) Der Grund, weshalb wir Matza essen, ist nicht die Erinnerung an den überstürzten Auszug aus Ägypten, d.h. daran, daß Bnei Jisrael keine Zeit mehr hatte, den Teig richtig zu backen und deshalb am Morgen NACH dem Auszug Matza backen mußte (siehe 12:33-39). Diese Mitzwa hat überhaupt nur Sinn, wenn sie NACH den Ereignissen gegeben wurde, derer sie gedenkt!

Um diese Folgerung zu stützen, brauchen wir bloß die nächsten ‚Parschia‘ zu lesen (12:21-28). Beachten Sie, daß 12:21-28 beschreibt, wie Mosche Gottes Befehl (von 12:1-20) an Bnei Jisrael überbringt; jedoch überbringt Mosche NUR die Gesetze von Korban Pessach, OHNE Chag ha’Matzot zu erwähnen!

[Wie hätte er schließlich Chag ha’Matzot erwähnen können, hätte Bnei Jisrael Ägypten nicht schon verlassen!]

Später (siehe 13:3-8) sagt uns die Thora tatsächlich, wann Mosche diese Gesetze von Chag ha’Matzot an Bnei Jisrael überbracht hat, und wie wir erwarten würden, hat er sie am Tag NACH dem Auszug aus Ägypten überbracht:

„Und Mosche sprach zum Volk: Gedenkt dieses Tages, an dem ihr aus Ägypten gezogen seid … und nicht soll CHAMETZ gegessen werden … Und wenn der Ewige euch bringt in das Land, das er euren Vorvätern versprochen hat … MATZOT soll gegessen werden SIEBEN Tage, und am siebenten Tag ist ein Fest dem Ewigen …“ (siehe 13:3-8)

Deshalb schließen wir, daß Parschat ha’Chodesch (12:1-20) zwei verschiedene Mitzwot enthält, die zu verschiedenen Zeitpunkten gegeben wurden:

Korban Pessach / in Mitzraim und für künftige Generationen;
gegeben an Bnei Jisrael VOR dem Auszug aus Ägypten,

(und an Mosche am ersten von Nissan).

Chag ha’Matzot / für künftige Generationen;
gegeben an Bnei Jisrael NACH Jetziat Mitzraim,

(nicht klar, wann an Mosche gegeben).

Aus einem Grund, den wir später noch erörtern, verbindet aber die Thora diese beiden Mitzwot zu EINER ‚Parschia‘.

ZWEI FEIERTAGE / NICHT EINER

Dieses ‚chronologische‘ Problem in Parschat ha’Chodesch wird gewöhnlich gar nicht bemerkt, und zwar aus dem einfachen Grund, daß so gut wie jeder annimmt, Pessach & Chag ha’Matzot seien nur zwei Namen für das SELBE Fest. Obgleich sich aber beide Feste auf Jetziat Mitzraim beziehen, hat doch jedes seinen besonderen Zweck:

PESSACH ist, wie die Thora erklärt, ein Dankesfest am 14. von Nissan, und das Dankopfer wird am 15. gegessen, womit Gott für die Rettung aus Maakkat Bchorot gedankt wird:

„[Und sagt euren Kindern, wenn sie fragen, warum ihr Korban Pessach darbringt] – ein PESSACH-Opfer [Überschreitungs-Opfer] ist es dem Ewigen, der hinweggeschritten ist über die Häuser der Kinder Jisrael in Ägypten, als er die Ägypter schlug und unsere Häuser verschonte …“ (12:25-27)

Im Gegensatz dazu ist Chag HA’MATZOT ein 7-tägiges Fest, das vom 15. bis 21. Des Monats Nissan gefeiert wird; wir essen dann keine CHAMETZ, und wir essen MATZA (siehe 12:15-20; 13:3-8), um uns zu erinnern, daß Gott uns aus ÄGYPTEN HERAUSGEFÜHRT hat. [Siehe 12:17; 13:8 & 12:33-39.]

[Denken wir daran, daß Bnei Jisrael Matza nur aus einem ganz zufälligen Grund zu backen schien. Weil sie nämlich übereilt aus Ägypten aufbrechen mußten und keine Zeit mehr hatten, weitere Vorbereitungen zu treffen, nahmen sie ihren Teig (den sie eigentlich in Ägypten hatten backen wollen) mit sich und buken ihn als Matza auf der Reise (lesen Sie 12:39 sorgfältig).]

BEWEIS AUS PESSACH SCHENI

Der einfachste Beweis für diese Unterscheidung findet sich in den Gesetzen von „Pessach scheni“. Nach Bemidbar 9:9-14 hat man im Fall, daß man am 14. Nissan kein Korban Pessach darbringen kann, eine „zweite Chance“ am 14. von Ijar. Zudem muß das Korban Pessach mit Matza & Maror gegessen werden (siehe 9:11), jedoch finden die Gesetze von Chag ha’Matzot keine Anwendung, d.h. man KANN Chametz besitzen etc. Anders gesagt finden wir an Pessach sheni eine vollständige Unterscheidung zwischen Pessach and Chag ha’Matzot; ein weiterer Beweis, daß wir es hier mit zwei unabhängigen Feiern zu tun haben.

Zusammengefaßt können wir sagen, daß wir an Pessach Gott für die Rettung vor „Makkat Bchorot“ (der zehnten Plage) danken, während wir an Chag Ha’Matzot Jetziat Mitzrayim, unseres Auszugs aus Ägypten in die Wüste gedenken.

[Siehe auch Wajikra 23:5-6 und Bemidbar 28:16-17 für schlüssige Belege dafür, daß es sich um zwei verschiedene Chagim handelt.]

Mit dieser Unterscheidung im Sinn können wir nun zu unserer ursprünglichen Frage zurückkehren und sie umformulieren: Weshalb führt die Thora ‚verfrüht‘ die Gesetze von Chag ha’Matzot ein, indem sie sie auf die Gesetze von Korban Pessach in Parschat ha’Chodesch gleichsam „aufpfropft“?

NOCH MEHR FRAGEN …

Bevor wir eine Antwort vorschlagen, müssen wir mehrere weitere Fragen erwägen, die die Gesetze von Chag ha’Matzot betreffen und für die es keine offensichtliche Erklärung gibt:

1) Weshalb wird dieses Fest SIEBEN Tage gefeiert?

Warum nicht ein oder zwei Tage etc., warum gerade sieben?

[Denken wir daran, daß Chumasch keinen Grund für sieben Tage liefert, auch wird nicht erwähnt, daß Krijat Jam Suf am 7. Tag nach dem Exodus stattfand.]

2) Weshalb ist die hauptsächliche Mitzwa an Chag Ha’Matzot, KEINE CHAMETZ ZU ESSEN? Sollte sie nicht darin bestehen, MATZA ZU ESSEN? (13:3,6)

[Zweifellos ermuntert das Nichtessen von Chametz zum Verzehr von Matza, aber das erklärt nicht, weshalb Chametz die primäre Mitzwa ist.]

2) Weshalb ist das Verbot von Chametz so streng? Man darf z.B. keines BESITZEN oder auch nur SEHEN! Alle Reste müssen verbrannt werden. Die Strafe für den Verzehr von Chametz ist „Karet“, d.h. der Ausstoß aus dem Volk Israel!

MATZA – AL CHUM MAH?

Bis zu diesem Punkt ruhten alle unsere Fragen auf einer Voraussetzung – daß nämlich der Hauptgrund dafür, daß wir Matza essen (und damit nicht Chametz) der ist, uns an die Matza zu erinnern, die wir beim Auszug aus Ägypten gegessen haben. Diese Annahme widerspiegelt die Erklärung, die wir in der Hagada rezitieren:

„Matzot al schum mah? [Aus welchem Grund essen wir Matza?]:

Weil der Teig unserer Vorfahren nicht Zeit hatte aufzugehen, als Gott ihnen erschien und sie errettete, wie gesagt wird: „Und Sie buken den Teig, den sie aus Ägypten gebracht, zu ‚Matzot‘ und nicht ‚Chametz‘, weil sie weggetrieben wurden aus Ägypten und sich nicht aufhalten konnten, auch Reisezehrung hatten sie sich nicht bereitet.“ (Schemot 12:39)

Es stimmt, dieser Pasuk erklärt, warum wir MATZA am Seder-Abend ESSEN, aber er erklärt NICHT, weshalb wir Chametz sieben Tage lang weder ESSEN noch BESITZEN dürfen. Es scheint hier einen tieferen Grund geben zu müssen.

CHAMETZ – EIN SYMBOL

In der Thora ist das Verbot von „Chametz“ nicht auf Chag HaMatzot beschränkt. Im Mikdash zum Beispiel ist Chametz das ganze Jahr über nicht auf dem „Mizbayach“ gestattet! [Siehe Wajikra 2:11,6:9-10.] Auch wenn der genaue Grund nicht klar ist, scheint Chametz doch als Symbol von etwas Negativem zu dienen.

Bei Chazal finden wir zahlreiche Vorschläge dazu, was Chametz vielleicht symbolisiert: „Ga’ava“ (Hochmut); „Jetzer ha’rah“ (böse Neigungen); „Awodah Sara“ (Götzenanbetung) etc. Als Symbol können seine verschiedenen Eigenschaften verschiedene Vorstellungen repräsentieren.

[Ein Aspekt von Chametz könnte etwa die Eigenschaft sein, daß es Brot viel ansprechender als eine bloße Mischung von Wasser und Mehl erscheinen läßt. Ein weiterer Gesichtspunkt könnte sein, daß es den Teig zum Steigen bringt, womit möglicherweise die Komplexität eines ganzen Prozesses symbolisiert wird etc.]

Die Verbindung zwischen „Awoda Sara“ und Chametz an Chag HaMatzot ist besonders interessant – die Gesetze beider sind fast identisch! Beide beinhalten ein „Isur karet“ und „Isur ha’naah“ (man kann davon nichts Gutes haben). Ebenso müssen beide verbrannt werden, wenn sie gefunden werden, d.h. vollständig zerstört. [Siehe Rambam Hilchot Awoda Sara Kap. sieben.] (Der Sohar befaßt sich ausgiebig mit diesem Vergleich zwischen Chametz und „Awoda Sara“ – „w’akmal“.)]

Das besondere Verbot an Chag HaMatzot von „bal jaj’raeh u’bal j’matzei“ – man darf Chametz nicht besitzen und nicht sehen – unterstützt definitiv diesen Vergleich.

Nehmen wir an, daß Chametz an Chag HaMatzot tatsächlich für „Awodah Sara“ steht. Nehmen wir folglich weiter an, unser Chametz loswerden symbolisiere, unser „Awoda Sara“ loszuwerden. Wenn das stimmt, weshalb ist Chametz dann nur in der Woche von Chag HaMatzot und nicht das ganze Jahr lang verboten?

ZURÜCK ZU JEHESKEL

Auf der Basis unserer Schlüsse aus dem Schiur vergangener Woche könnte man eine sehr wichtige thematische Verbindung annehmen. Denken wir daran, daß Gott Bnei Jisrael aufrief, sich von ihren „Awoda Sara“ zu befreien, d.h. von ihrer ägyptischen Kultur, BEVOR der Erlösungsprozeß begann.

In Sefer Schemot (6:6-9) wurde auf diesen Punkt zwar nur angespielt, aber in Sefer Jeheskel kommt er ausdrücklich zur Sprache:

„Am Tag, da ich Jisrael erwählte … An jenem Tag hob ich ihnen meine Hand, sie herauszuführen aus dem Land Ägypten in ein Land, das ich ihnen erkundet, fließend von Milch und Honig … Und ich sprach zu ihnen [zu jener Zeit]: WERFT HIN jeglicher die Scheusale seiner Augen, und an den Götzen Ägyptens („Tumah“) VERUNREINIGT euch nicht – [denn] ANI HASCHEM ELOKEICHEM“. Doch sie TROTZTEN mir und wollten nicht auf mich HÖREN: Keiner warf hin die Scheusale seiner Augen … da dachte ich, meinen Grimm auszugießen Über sie …“ (Jeheskel 20:5-8)

Trotz Gottes Forderung, Bnei Jisrael solle noch vor dem Exodus bereuen, um der Erlösung würdig zu sein, haben sie nicht „gehört“. Deshalb behauptet der Nawi, daß sie die Vernichtung verdient hätten!

[Gott rettete Bnei Jisrael nur, erklärt Jeheskel, um seines Namens willen: „wa’a’as l’maan Schmi, l’wilti ha’chel l’einei haGoyim“ (siehe Jeheskel 20:9).]

Wie wir erklärt haben, gibt Gott vor „Makkat Bchorot“ Bnei Jisrael noch eine letzte Chance, ihre Loyaltät zu beweisen – die Darbringung des Korban Pessach – eine Erklärung ihrer Bereitschaft, auf ihn zu hören. Das Wort – “ Pessach“ – der Name dieses Korban, spiegelt genau diese Absicht. Gott muß ‚VORÜBERSCHREITEN‘ an den Häusern von Bnei Jisrael, weil sie Strafe verdienen (siehe Schemot 12:27)! [Man schreitet über etwas hinweg, auf das man eigentlich treten müßte; wäre Bnei Jisrael rechtschaffen gewesen, dann hätte es keine Strafe gegeben, die ein solches „Überschreiten“ erfordert hätte. [Siehe auch Schemot 15:26!]

Daher sind Korban Pessach und Chag HaMatzot thematisch miteinander verbunden. Wenn wir das Korban Pessach darbringen, müssen wir natürlich Gott dafür danken, daß er uns errettet hat, indem wir an das Geschehene zurückdenken; aber zugleich müssen wir uns auch erinnern, WARUM Gott uns gerettet hat, d.h. zu welchem Zweck, und wir müssen auch an den Grund dafür denken, daß wir beinahe die Zerstörung verdient hätten!

NOSTALGIE ODER SCHICKSAL

Vor diesem Hintergrund können wir nun annehmen, daß „Chametz“ als Symbol dient, das dem Menschen helfen soll, diese Gefühle der „Teschuwa“ konkret auszudrücken. Der Prozeß der Lösung von seinem „Chametz“ symbolisiert die Notwendigkeit für uns, jene Einflüsse auszuschalten, die an unserer geistlichen Existenz nagen.

Das Korban Pessach [das „Korban Haschem“ /siehe Bamidbar 9:7 und

Kontext!] ist nicht nur ein Ausdruck des Dankes, sondern auch eine ERKLÄRUNG der Loyalität – eine Bereitschaft zum Gehorsam – eine Bereitschaft, unser göttliches Geschick zu erfüllen. Daher wird der Befehl, ein Korban Pessach darzubringen (in 12:3-14) in der Thora sogleich um den Befehl vervollständigt, Chag HaMatzot einzuhalten (12:15-20). Jedes Jahr müssen wir nicht nur Gott für unsere Erlösung danken, sondern ihm auch zeigen, daß wir wirklich der Erlösung würdig sind, indem wir unsere „Chametz“ abwerfen – das Symbol unserer „Awoda Sara“.

Zur Stützung dieser Erklärung schauen wir uns noch einmal den ersten Pasuk von „Chag ha’Matzot“ an und achten auf seinen Schwerpunkt auf dem „Isur“ von Chametz:

„Sieben Tage sollt ihr Matza essen, doch SCHON AM ERSTEN TAG müßt ihr den CHAMETZ wegschaffen aus euren Häusern, denn alles, was Chametz ißt in diesen SIEBEN Tagen, des Leben soll vertilgt werden aus Israel“ (12:15)

[Chazals Verständnis, daß „Jom ha’Rishon“ sich auf den 14. von Nissan (nicht den 15.) bezieht, während zugleich das Korban Pessach dargebracht wird, gewinnt nun zusätzliche Bedeutung.]

Diese Interpretation erklärt auch die besondere Halacha in bezug auf „Chametz“ und die Darbringung des Korban Pessach:

„lo tishchat al CHAMETZ dam zivchi“ (siehe 23:18, 34:25)

‚Du sollst das Pessach nicht schlachten, wenn du noch Chametz besitzt.‘

Anders gesagt ist es sinnlos, ein Korban Pessach darzubringen, wenn man nicht zuvor die „Chametz“/ „Awoda Sara“ losgeworden ist.

Auf diese Art fügt Chag ha’Matzot unserer Dankeserklärung (durch die Darbringung des Korban Pessach) eine zusätzliche Bedeutung hinzu, denn damit wird die Notwendigkeit unserer geistlichen Vorbereitung unterstrichen. Ebenso wie Bnei Jisrael befohlen wurde, ihre „Awoda Sara“ in Vorwegnahme der Erlösung loszuwerden, so gilt das gleiche auch für künftige Generationen. Der ‚Frühjahrsputz‘ unserer Wohnungen sollte den ‚Frühjahrsputz‘ unserer Seelen verbildlichen.

Weshalb müssen wir uns also von „Chametz“ für volle sieben Tage fernhalten?

Anders als der einmalige Akt des Korban verlangt eine vollständige „Teschuwa“ einiges an Routine. Ein einziger Abend genügt da nicht. Vielmehr braucht es eine ganze Woche – die sieben Tage von Chag HaMatzot -, um die Bindung zu verinnerlichen, die wir mit jedem Pessach an ‚Leil haSeder‘ bekräftigen.

Zudem sind sieben Tage an vielen Stellen im Chumasch die grundlegende Einheit der Routine. Sei es der Routine einer Woche (mit sechs Arbeits- und einem Ruhetag), oder seien es sieben Tage, sich von „Tumah“ zu reinigen (siehe Tazria Metzora und Tumat Mejt), oder die sieben Tage von Miluim etc. Diese sieben Tage dienen also nicht bloß als Erinnerung, sich von „Awoda Sara“ zu befreien, sie verleihen auch unserem Leben einen neuen Rhythmus – eine Routine der Abhängigkeit von Gott. Auf diese Weise erinnert Chag ha’Matzot nicht nur an die Ereignisse von Jetziat Mitzrayim, sondern auch an deren ZWECK.

MATZA MIT DEM KORBAN PESACH

Nun, da wir das „Chametz & Matzah“ von Chag ha’Matzot erklärt haben, bleibt noch zu erklären, weshalb wir Matza zusammen mit dem Korban Pessach essen müssen. Erinnern wir uns aus Schemot 12:8 (und aus den Gesetzen von Pessach Scheni, die wir oben besprochen haben), daß die Matzah, die wir zusammen mit dem Korban Pessach essen, nichts mit Chag ha’Matzot zu tun hat. Überdies kann sie nicht an die Ereignisse von Jetziat Mitzraim erinnern, denn das Gebot, das Korban mit Matza & Maror zu verzehren, wurde gegeben, bevor Bnei Jisrael Ägypten überhaupt verließ. Warum also essen wir Matza zum Korban Pessach?

Der einfachste Grund lautet: „Lechem Oni“ [das Brot des Elends / siehe Debarim 16:1-3, beachte auch den ersten Absatz der Haggadah – „ha lachma anya…“]. Anders gesagt, wenn wir das Korban Pessach darbringen und Gott für unsere Errettung von Makkat Bechorot danken (und von der Sklaverei in Ägypten), dann verzehren wir das Fleisch des Korban Pessach mit einer Art von Brot, das uns an dieses Elend erinnert. Aus diesem selben Grund essen wir Maror [bittere Kräuter] zum Korban, noch eine Erinnerung an unser Elend.

[Auf diese Weise ließe sich Korban Pessach als eine Art ‚Themenparty‘ betrachten. Wir feiern unsere Erlösung durch die Darbringung eines Korban und den Verzehr seines Fleisches. Jedoch wählen wir gerade ‚Matzah‘-Brot und ‚Maror‘-Kräuter dazu, um uns an das Elend zu erinnern, aus dem Gott uns erlöst hat.]

Man könnte jedoch noch einen weiteren Grund für PESACH und MATZA annehmen, der wiederum auf unseren Folgerungen aus Jeheskel 20:5-9 basiert. Erinnern wir uns, daß Gott vor der Erlösung von Bnei Jisrael verlangt hat, sich von ihrer ägyptischen Lebensweise zu trennen; aber das Volk hörte nicht (siehe Schiur zu Wa’ejra). Nun, unmittelbar vor ihrer Erlösung gibt Gott Bnei Jisrael eine weitere Chance, „Teschuwa“ zu vollbringen (Schemot 12:1-20), und diesmal verwendet er zwei herausragende Symbole der ägyptischen Kultur. Wie wir aus anderen Quellen und auch aus Schemot wissen (8:21-22), wäre die Opferung eines Lammes für einen Ägypter ein Sakrileg. Auch galten die Ägypter in der Antike als Experten in der Herstellung gesäuerten Brotes. Die Opferung eines Lammes und sein Verzehr mit ungesäuertem Brot mag daher eine symbolische Verwerfung der ägyptischen Kultur gewesen sein.

TEIL III

Teil II des Schiur dieser Woche erörterte den Verlauf der ‚Parschiot‘ in Schemot Kap. 12 und konzentrierte sich auf die Frage, wann die Gesetze von Chag ha’Matzot gegeben wurden (also auf 12:15-20), sowie auf ihre Verbindung mit den Vorschriften von Korban Pessach. In Teil III konzentrieren wir uns auf eine andere Gruppe von Gesetzen in bezug auf Korban Pessach, die sich später gegen Ende von Kap. 12 finden – besser bekannt als Chukat ha’Pessach.

Unsere Folgerung wird uns helfen, die thematische und halachische Verbindung zwischen BRIT MILAH & KORBAN PESACH besser zu verstehen.

EINFÜHRUNG

Zur Einführung in Teil II beginnen wir unseren Schiur mit einer Darstellung des Fortschreitens der ‚Parschiot‘ in Kap. 12, wie in Teil II erörtert:

PSUKIM THEMA

12:1-20 Haschem -> Mosche / Gesetze von Korban Pessach & Chag ha’Matzot

12:21-28 Mosche -> Am Jisrael / Nur Gesetze von Korban Pessach

12:29-36 GESCHICHTE der 10. Plage und des Exodus [Jetziat Mitzraim]

12:37-42 Schluß-Psukim von Jetziat Mitzraim (430 Jahre …)

12:43-50 Weitere Gesetze zu Korban Pessach [CHUKAT HA’PESACH]

12:51 Zusammenfassender Pasuk

13:1-10 Mosche -> Am Jisrael / Gesetze von Chag ha’Matzot

Studieren Sie die Tabelle und achten Sie darauf, daß wir sofort nach Abschluß der Geschichte vom Exodus (siehe 12:42-43) eine weitere ‚Parschia‘ in bezug auf die Gesetze von Korban Pessach finden:

„Und Gott sprach zu Mosche and Aharon: Dies ist die Satzung des Pessach – kein Unbeschnittener darf davon essen … Und Bnei Jisrael tat, wie Gott Mosche and Aharon befohlen.“ (12:43-50)

Zu unserem Erstaunen finden wir hier einen ganzen ‚Parschia‘, der nicht in der chronologischen Ordnung liegt! Beachten Sie, daß diese Gebote Bnei Jisrael vorschreiben, „Brit Milah“ zu tun, BEVOR das Korban Pessach dargebracht wird, weshalb diese Mitzwa abgeschlossen sein mußte, BEVOR Bnei Jisrael Ägypten verließ! Weshalb zeichnet die Thora sie dann erst NACH der Geschichte des Exodus auf?

In der Tat wäre es viel sinnvoller gewesen, wenn die Thora diese ‚Parschia‘ mit den anderen Gesetzen zu Korban Pessach (siehe 12:2-14 & 12:21-28) zusammengestellt hätte!

Fügen wir diese Fragen unserer Erörterung in Teil II hinzu (daß 12:15-20 in Wahrheit mit 13:2-8 zusammengehört), so finden wir, daß in Kap. 12 etwas sehr Eigenartiges geschieht: Die Vorschriften von Chag ha’Matzot (12:15-20), die in die Zeit NACH der Geschichte von Jetziat Mitzraim gehören, werden vorher aufgezeichnet, während die Vorschriften von „Chukat ha’Pessach“, die früher hätten aufgezeichnet werden sollen, später im Text erscheinen (d.h. NACH der Geschichte vom Exodus). Um also dieses Kapitel in die richtige „chronologische Ordnung“ zu bringen, müßten wir einfach nur diese beiden Parschiot miteinander vertauschen.

Dennoch zieht die Thora es vor, sie „außer der Ordnung“ aufzuzeichnen, womit sich die offensichtliche Frage stellt: WARUM?

THEMATISCHE REIHENFOLGE

Die Fragen, die sich aus der obigen Analyse ergeben, sind nur ein Beispiel für die Phänomene in Chumasch, die bezeichnet werden als „ein Mukdam u’Muchar“ – d.h. die Parschiot in Chumasch folgen nicht notwendig der chronologischen Ordnung. Das heißt jedoch nicht, daß die Ordnung in Chumasch willkürlich ist. Obgleich die Thora gewöhnlich eine chronologische Reihenfolge einhält, plaziert sie nicht selten eine bestimmte ‚Parschia‘ an einem anderen Ort, um eine THEMATISCHE Verbindung zu betonen. [Man könnte sagen, dies sei die Art, auf welche die Thora sagt: „dor’schej’nee“!]

Indem sie also diese Parschiot so anordnet, fordert die Thora uns auf, nach einer thematischen Verbindung zu suchen zwischen:

Korban Pessach und Chag ha’Matzot; und
der abschließenden Geschichte des Exodus und von „Chukat ha’Pessach“.
In Teil II haben wir (a) erörtert; nun müssen wir uns (b) zuwenden.

Beginnen wir mit einem genaueren Blick auf die abschließ0enden Psukim von Jetziat Mitzraim:

„… Und die Aufenthaltszeit von Bnei Jisrael in Ägypten betrug VIERHUNDERTDREISSIG Jahre. Nun war es nach Verlauf der vierhundertdreißig Jahre, an eben diesem Tag war es, da zogen alle Scharen des Ewigen aus dem Land Ägypten …“ (siehe 12:40-42)

Diese Psukim konzentrieren sich klar auf den Abschluß der VIERHUNDERT Jahre; aber ab wann rechnen sie?

BRIT BEIN HA’BTARIM & CHUKAT HA’PESACH

Alle Kommentatoren sind sich einig, daß sich die 400 Jahre in der einen oder anderen Weise auf Gottes Versprechen an Awraham Awinu bezüglich der ‚Knechtschaft seiner Nachkommen in einem fremden Land‘ beziehen müssen, wie in „Brit bein Ha’Btarim“ vorausgesagt. [Siehe Bereschit 15:13-14.]

Daher können wir getrost schließen, daß die ‚Parschia‘ von 12:37-42 uns mitteilt, daß der Exodus aus Ägypten Gottes Erfüllung seines Versprechens an Awraham Awinu bei „Brit bein Ha’Btarim“ darstellt. Sehen wir uns mit diesem Wissen nun die folgende ‚Parschia‘ an:

„Und Gott sprach zu Mosche und Aharon: Dies ist die Satzung des Pessachmahls – kein Fremdgeborener darf davon essen … Und jeder für Geld gekaufte Knecht eines Mannes, hast du ihn BESCHNITTEN, darf davon essen … Und wenn bei dir ein Fremdling weilt und dem Ewigen ein Korban Pessach bereiten will, so soll das Männliche ihm BESCHNITTEN werden … jeder UNBESCHNITTENE aber darf nicht davon essen.“ (siehe 12:43-48)

Beachten Sie, daß die hauptsächliche Mitzwa und der Schwerpunkt dieses Abschnitts des „Chukat ha’Pesach“ die Notwendigkeit ist, ein BRIT MILAH zu vollbringen, bevor das Korban Pessach dargebracht wird (siehe 12:43,44,48).

Erinnern wir uns noch einmal, daß die letzten Psukim der Geschichte vom Exodus (12:40-42) sich auf das Thema von BRIT BEIN HA’BTARIM zurückbeziehen!

Daher verweist diese Nebeneinanderstellung einmal mehr auf eine thematische Verbindung zwischen diesen beiden zentralen Bünden von Sefer Bereschit.

[Siehe Schiur letzter Woche zu Parschat Va’yera.]

Man könnte annehmen, daß wir mit dem Abschluß der Geschichte von Jetziat Mitzraim durch Chumasch (dadurch, daß uns gesagt wird, Gott habe nunmehr sein Erlösungsversprechen in Brit bein Ha’Btarim erfüllt) daran erinnert werden, daß es unsere Pflicht ist, diesen Bund von ‚Brit MILAH“ zu erfüllen, d.h. Ihn als unseren Gott anzunehmen („l’hiyot lachem l’Elokim“). Dieses Gesetz, daß ohne vorherige Erfüllung von BRIT MILAH kein Korban Pessach dargebracht werden kann, erinnert uns daran, daß wir uns zuerst einmal persönlich und auf der Ebene der Familie binden müssen, wie in Brit Milah ausgedrückt, bevor wir uns auf nationaler Ebene, wie in Brit bein Ha’Btarim ausgedrückt, binden können.

FÜR WEITERE IJUN

A. Wiederholen Sie 12:14 in Parschat ha’Chodesch; der Pasuk, der die Brücke schlägt zwischen dem ersten Abschnitt, der Korban Pessach beschreibt, und dem zweiten, der Chag ha’Matzot:

„Und dieser Tag SEI euch zum Gedächtnis, und ihr sollt ihn feiern als ein Fest für den Ewigen; für eure künftigen Geschlechter sollt ihr ihn feiern.“

Auch wenn dieser Pasuk ein wenig anspruchsvoll scheinen mag, muß er doch von der Mitzwa der Darbringung von Korban Pessach für alle Generationen handeln. Zunächst einmal, weil er den logischen Abschluß von 12:2-13 bildet, wo das „einmalige“ Gesetz von Korban Pessach in Mitzraim beschrieben wird. Zudem ist das Gesetz, „Chag ha’Matzot“ für alle Generationen zu achten, bereits in 12:17 enthalten, so daß eigentlich kein Grund bestünde, das Gesetz ZWEI MAL zu wiederholen, während Korban Pessach für spätere Generationen kein einziges Mal erwähnt wird! Schließlich schließt Mosche, als er in 12:21-28 diese Vorschriften von Korban Pessach an Bnei Jisrael überbringt, auch Gottes Gebot ein, Korban Pessach für alle Generationen zu beachten (siehe 12:24-27) – genau wie Gott ihm in 12:14 geboten hat.

Schabbat Schalom,
Menachem