„Lichtblicke“ für Chanukka

Eljahu Kitow, Sefer haTod’ah, Morascha Zürich

Das Ölwunder – Welche Bewandtnis hat es mit diesem Wunder? Ist man denn nicht von einer Mizwa befreit, wenn äußere Umstände – force majeur – die Erfüllung der Mizwa unmöglich machen?

Außerdem: Hätte durch das Wunder nicht genügend Öl für acht Tage vorhanden sein können? Die Antwort ist, dass das Wunder geschah, um zu zeigen wie sehr Israel von G’tt geliebt wird: Er verlangt nach ihren Taten und tut dann Wunder für sie, damit sie die Ausführung Seines Willens beweisen können. Darum kann man in diesen Tagen mehr Hilfe von oben erwar ten, und dies gibt wiederum den Auftrieb und die Kraft, G’tt inWahrheit zu dienen.

Der Mangel an Öl für die ganzen acht Tage soll eine Anspielung sein, dass diejenigen, die die Menora anzünden sollten auch einen Mangel aufwiesen, nämlich: ungenügende Vorbereitung und mangelnde Sühnebereitschaft. Es war nur noch ein kleiner „Funke“ der Bereitschaft zur Ausführung der Mizwa vorhanden, ein Funke, der in jedem jüdischen Menschen da ist, und den G’tt gegen schlechte äußere Einflüsse beschützt. Sucht man diesen Funken, so lässt er sich finden, und mit G’ttes Hilfe vergrößert sich dieser, bis er den ganzen Menschen erfüllt. So steht es denn auch mit dem Licht, das ursprünglich nur genügend Öl für einen Tag enthielt, welches jedoch in wunderbarer Weise acht Tage lang brannte.

Es ist verboten, sich der Chanukkalichter zu bedienen – Warum sind die Anordnungen unserer Weisen so streng im Bezug auf dieses Licht, und darf man es unter keinen Umständen zu anderen Zwecken benutzen?

Das Chanukkalicht ist eine Erinnerung an das Licht, das im Bejt Hamikdasch brannte, und dieses Licht durfte auch nicht zu persönlichem Zweck oder Nutzen gebraucht werden.

Mehadrin, Umehadrin Min Hamehadrin – Alle Mizwot sollen mit Hiddur – Verschönerung ausgeführt werden, so wie es im Vers steht: »Se Eli Weanwehu – dies ist mein G’tt und ich will Ihn verherrlichen«, d.h. man soll G’tt mit der esthetischen Ausführung der Mizwot verehren.

Warum soll man bei der Ausführung der Mizwa des Chanukkalichtes zu den Mehadrin Min Hamehadrin‘ – zu denjenigen gehören die dieses Gebot mit besonderer Verschönerung ausführen?

Das Wunder geschah ja nur wegen Hiddur Mizwa, denn ohne den Hiddur – die besonders achtsame und schöne Ausführung – wäre das Wunder nicht nötig gewesen. Hinzu kommt, dass zur Zeit des Wunders sich nicht alle Leute im gleichen Masse daran erfreuten. Diejenigen, die die Mizwa nur in sachlicher Pflichterfüllung ausübten, spürten keine besondere Freude, denn wenn das Wunder nicht geschehen wäre, wären sie nicht dazu verpflichtet gewesen. Diejenigen aber, die die Mizwa liebevoll erfüllten, waren besonders erfreut. Wäre das Wundernicht geschehen, wären sie traurig gewesen. Um wie viel mehr noch freuten sich diejenigen, die für die Erfüllung dieser Mizwa sogar ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten. So ist es nun in der ‚Halacha‘ festgesetzt, dass die Mizwa in drei Arten ausgeführt werden kann: Chijuw – Verpflichtung; Hiddur – mit Verschönerung; Hiddur Min Hahiddur -besondere Verschönerung.

Das Chanukkalicht wird an die linke Seite des Eingangs gestellt – Es steht geschrieben: »Orech Jamim Bijeminah, Bismolah Oscher Wechawod – langes Leben zur Rechten, zur Linken, Reichtum und Ehre.« (Mischlej 3) Reichtum und Ehre gehören Jawan, dem Sohne Jefets (Griechenland). Da aber die Griechen Schlechtes taten, fiel ihr Anteil Israel zu. So bittet Israel auch um Reichtum und Ehre, die ‚zur Linken‘ zu finden sind.

Die Türe dient als Eingang und Ausgang. Die Mesusa befindet sich rechts beim Eingang und das Chanukkalicht rechts beim Ausgang. Dies bedeutet, dass die Lampe ihr Licht auf uns wirft sogar wenn wir „draußen“ sind, wenn wir unter Nichtjuden weilen. Sogar jetzt, da das Bejt Hamikdasch nicht mehr steht, scheint das Licht der Chanukkalampe immer noch wie einst.

Während der Chanukkatage lesen wir den Abschnitt aus der Tora, in dem von der Darbringung der Opfer durch die Stammesfürsten die Rede ist, als der Altar eingeweiht wurde. Wie schon erwähnt, wurde der Altar am 25. des Monats Kislew eingeweiht, am gleichen Tag, an dem später das Chanukkafest festgesetzt wurde. Die Mizwa von »Weassu Li Mikdasch Weschachanti Betocham – und sie sollen Mir ein Heiligtum machen, dann werde ich in ihrer Mitte wohnen« ist zeitlich unbegrenzt. Jeder Jude ist verpflichtet, sich täglich den Wiederaufbau des Tempels zu ersehnen. Wenn wir nun Chanukkalichter in Erinnerung an das Wunder, das im Heiligtum geschah, anzünden, stellen wir die Chanukkalampe an die Türe unseres Hauses, nach außen hin, wie jemand, der darauf wartet, dass ihm jemand die gute Nach richt vom Erscheinen des Maschiach bringt.

Die Türe und die Mesusa sollen Zeugen sein – Unsere Weisen haben empfohlen die Chanukkalichter neben Türe und Mesusa zu stellen. Sie sollen Zeugen sein, dass, sogar wenn Israel von Tyrannen versklavt wird, es trotzdem einzig undallein G’ttes Diener ist, und keinem anderen Herren untersteht. Genau wie das Ohrläppchen eines Sklaven neben Türe und Mesusa durchbohrt wird, (wenn er die Freiheit ablehnt), so werden auch jetzt, wenn die Stunde der Befreiung gekommen ist, die Lichter der Freiheit und der Erlösung vor Türe und Mesusa gestellt. Türe und Mesusa sollen Zeugen sein, dass Israel sich keinem fremden Joch unterwerfen will, und nur das »Ol Malchut Schamajim – das Joch des himmlischen Königreiches« anerkennt. Es ist Sein Diener, aber niemals Diener von Dienern.

In jenen Tagen, zu dieser Zeit – Zwar gibt es in der Geschichte viele besondere Tage – außer den von der Tora vorgeschriebenen Festen – die an Wunder und Errettung erinnern, jedoch nur Chanukka und Purim sind als festgesetzte Feiertage angeordnet. Ein Tag der Errettung wird nur dann zu einem festgesetzten Feiertag, wenn an jenem Tage »die Tore der g’ttlichen Gnade« geöffnet waren. Aus diesen Toren strömt Jahr für Jahr, in jeder Generation die Errettung am gleichen Tage, an dem das Wunder geschehen ist. Es liegt dann in den Händen der Propheten und der auserwählten Weisen, diese Tage festzusetzen.

Chanukka und Purim gleichen den Festtagen, die von der Tora vorgeschrieben sind, weil auch sie ihren »Lichterschein« auf das ganze Jahr werfen. Pessach verbreitet das Licht der Freiheit; Schawuot das Licht der Tora, Sukkot das Licht der Freude und die Jamim Noraim – Rosch Haschana und Jom Kippur – das Licht der Verzeihung. Darum sagen wir am Chanukka und am Purim: »Scheassa Nissim Laawotenu – der Wunder an unseren Vätern vollbracht hat, Bajamim Hahejm in jenen Tagen, Basman Hase – zu dieser Zeit.« Dies bedeutet, dass diese Wunder während der Chanukka- und Purimtage auch zu uns leuchten, sogar in unserer Zeit.

Im darauffolgenden Jahr setzten sie die Chanukkatage fest, mit Hallel und Dankgebet – Warum wurde dies nicht im gleichen Jahr festgesetzt? Es gab damals keine Propheten mehr, und die Weisen jener Generation hatten nicht den Mut einen alljährlichen Feiertag dafür festzusetzen. Sie fürchteten, dass der große Eindruck nicht mehr die gleiche Ausstrahlungskraft haben könnte im darauffolgenden Jahr. Alsdie Weisen aber sahen, dass diese Tage ihr Licht auch im folgen den Jahr noch ausstrahlten, und als sie innerlich spürten, dass es ihnen immer noch ein Bedürfnis war G’tt zu danken und Ihn zu loben, da setzten sie die Tage für »Hallel und Dankgebet« fest, auch für die kommenden Generationen. Wir sollten es uns zu Bewusstsein bringen, dass die Toleranz, die sogar Israels Feinde uns entgegenbringen, indem sie uns bei der Ausführung der Tora und der Mizwot keine Hindernisse in den Weg stellen, noch immer Ausstrahlungen sind, die von jener Zeit herrühren. Dies ist zur Chanukkazeit besonders spürbar!

Eine andere Anspielung auf »Kewa’um Behallel Wehodaa sie setzten es fest für Hallel und Dankgebet« finden wir in der Vorschrift unserer Chachamim, sowohl Hallel als auch ein spezielles Dankgebet am Chanukka zu sagen. Dadurch wurden diese Tage in den Seelen der Juden »festgesetzt«, und so können sie am Chanukka das Licht jener Tage verspüren.

Hallel Wehodaa – Hallel und Dankgebet sprechen Körper und Seele an. Hallel entspringt der Erleuchtung der Seele, denn es steht geschrieben: »Kol Haneschama Tehallel Kah – jede Seele lobt G’tt«. Danksagen bedeutet: Unterwerfung des Körpers, der zusammen mit der Seele dankt. Darum verbeugt man sich beim Dankgebet, und nicht beim Hallel. Dankgebet drückt man mit dem Mund aus, doch Hallel kann auch im Gedanken und im Wunsch ausgedrückt werden.

Hallel sagt man für die Erlösung; Dank spricht man am Ende der Versklavung aus. Man will damit auch Verständnis dafür ausdrücken, dass die erfahrene Unterdrückung auch positiven Einfluss hat.

Hallel – für das Lichtwunder, das das rein Geistige symbolisiert. Dankgebet, – für das militärische Wunder und die physische Befreiung. Das Lichtwunder ist darum auch nicht im Dankgebet – Al Hanissim – erwähnt, außer der Beschreibung ‚und sie zündeten Lichter im Hofe an, weil ja das Dankgebet hauptsächlich dem militärischen Wunder gilt.

Sot Chanukka – der letzte Tag Chanukka

Der letzte Tag Chanukka wird »Sot Chanukka« genannt,weil die abschließende Toravorlesung mit »Sot Chanukkat Hamisbeach – dies ist die Einweihung des Altars« beginnt. Unsere Weisen sagen: »Sot Chanukka« – dies ist Chanukka, dieser achte Tag ist Hauptsinn und Hauptziel des Chanukka festes. Die Zahl acht war immer schon eine Andeutung für Ewigkeit, für alles Zeitlose. Die Zahl sieben spielt dagegen an das Zeitgebundene an.

Dieser Tag steht in Beziehung zu »Schemini Azeret – dem achten Tag Azeret«, der sich an die sieben Sukkot-Tage an schließt. Genau wie Schemini Azeret das Wesentliche der vorangegangenen Festtage enthält, den Gedanken der Sühne der Jamim Noraim und den Gedanken der Freude von Sukkot, so betont auch Sot Chanukka ; der letzte Chanukkatag, die Freude und Errettung – Hallel Wehodaa der vorangehenden Tage.

Abschluss von Chanukka

Drei Festtage – Regalim – sind von der Tora vorgeschrieben: Pessach, Schawuot und Sukkot. Für diese von der schriftlichen Lehre festgesetzten Feiertage gibt es drei Festtage, die von der Autorität unserer Weisen, sich auf die mündliche Lehre stützend, angeordnet wurden. Diese drei Feste sind Widerspiegelungen des Lichtes der schriftlichen Lehre, vergleichbar mit dem Licht des Mondes, der das Sonnenlicht reflektiert. Durch Israels Einhaltung der drei von G’tt gegebenen Feste erhält die Gemeinschaft Israels eine Prägung für jedes dieser Feste, und durch diese Kraft konnten sie andere Feste bestimmen, die durch das Licht der Regalim Leuchtkraft erhalten.

Das Licht der acht Tage Chanukka ist eine Widerspiegelung der Sukkot-Tage und dem darauffolgenden Schemini Azeret, Zeiten unserer Freude. Durch Israels Weg durch die Wüste Zechtech Acharai Bamidbar Beerez Lo Serua‘ – durch das Wohnen im Schutze Seiner Sukka und durch die Freude, die es vor G’tt durch den Azeret – den zusätzlichen Tag beweist, erhielt ihre Seele eine starke Prägung: das Licht von Sukkot. Darum, wenn auch all ihre Feinde es versuchten, seine Augen zu verdunkeln, um Israel von seinem Vater im Himmel fernzuhalten, war es ihnen gelungen, aus der Dunkelheit zum Licht zugelangen. Es war ihm vergönnt, wieder zurückzukehren und sich im Schatten Seiner Treue niederzulassen, als ob nichts geschehen wäre. Sogar ein neues Licht ward ihnen zuteil, das Licht von Chanukka, dessen Freude hauptsächlich ihrem Festhalten an Tora und Mizwot entspringt.

Das Licht von Purim ist eine Widerspiegelung des Lichtes von Schawuot – die Zeit des Empfangens der Tora. Durch Israels Bereitschaft: »Naasse Wenzschma – wir wollen ausführen und verstehen« am Berge Sinai, und durch sein Bündnis mit G’tt und dessen Erneuerung in jeder Generation und in jedem Jahr wurde es von dem Bund der Tora geprägt. Sogar unter der Herrschaft eines Königs, der damit einverstanden war, »Lehasch mid Laharog Uleabed Et Kol Hajehudim – alle Juden vollkommen auszurotten«, nahm es erneut die Gesetze der Tora an, »Kijemu Wekiblu – erhielten sie aufrecht und nahmen an« und dies mit Hingabe und vollem Bewusstsein, im Sinne des »Naasse Wenischma« von einst. Es erstrahlte ihnen zu dieser Zeit sogar ein neues Licht, das Licht des Purimfestes, dessen Freude hauptsächlich darin besteht, dass es den Bund mit G’tt erneuerte. Israel nahm wieder liebevoll an, was es schon einst empfangen hatte.

Wenn die Zeit der endgültigen Erlösung kommen wird möge dies doch bald in unseren Tagen geschehen – wird ein neues Licht über Israel erstrahlen, ein Licht das seinen Ursprung in der ersten Erlösung Israels hat: Pessach. Dieses neue Licht ist das Verdienst für all das Leid, das es unter dem Joch der Exile zu erleiden hatte. Es hat die Hoffnung auf eine Erlösung nie aufgegeben, tagtäglich wartet es auf den Maschiach. Auch wird es ihnen als Verdienst angerechnet, dass es inmitten aller Leiden die erste Erlösung nie vergessen hat, indem es das Pessachfest immer begangen hat. Von diesem Tag spricht der Prophet: »Kimej Zetcha Meerez Mizrajim Arennu Niflaot – so wie bei deinem Auszug aus Ägypten werde ich ihm Wunder erweisen.« (Micha 7,15). »Lachen Hinne Jamim Baim – darum, siehe, es werden Tage kommen…« (Jirmijahu 16, 14-15)

Unsere Weisen sagen: Sogar, wenn alle anderen Festtage abgeschafft werden sollten, Chanukka und Purim wird nie abgeschafft. Wie soll man dies verstehen? Es hat jemand eine Summe Geldes erhalten, um sie in seinem Geschäft zu investieren. Er tat dies und hatte großen Gewinn. Später, wenn man ihm die ursprüngliche Summe wieder abnimmt, so gehört ihm doch der Gewinn, und man kann es ihm nicht abnehmen.

So ist es auch mit den Festtagen, die von der Tora vorgeschrieben sind. Sie wurden Israel gegeben, ohne dass sie durch eigene Verdienste ein Anrecht darauf hatten. Chanukka und Purim hingegen verdiente sich Israel durch eigene Kraft. Am Chanukka war es der Einsatz des Lebens, um die Reinheit seines Glaubens zu erhalten. Am Purim war es die Erneuerung des Bundes durch die freiwillige Wiederaufnahme der Tora. Israels Verdienst wurde dadurch noch erhöht, dass es all dies in einer Zeit der Unterdrückung und der Versklavung auf sich nahm.

Alle in Israel sind an Chanukka und Purim gleich

Da Chanukka und Purim durch die eigenen Verdienste Israels zustande kamen, wird die Heiligkeit dieser Festtage im gleichen Masse von ganz Israel empfunden, wo immer es sich auch befindet. die Weisen der späteren Zeit sagten darum, dass Chanukka und Purim außerhalb Erez Jisrael nicht zwei Tage lang gefeiert wird, wie es bei den von der Tora vorgeschriebenen Festen der Fall ist. Diese werden des Zweifels wegen außerhalb Erez Jisrael zwei Tage lang gefeiert. Aber ist dies nicht der einzige Grund: In der Diaspora haben wir nicht die genügende Kraft die Heiligkeit des Festtages an einem einzigen Tage zu empfinden. Im Land Israel selbst hilft uns die Heiligkeit des Landes die Heiligkeit des Festes schneller aufzunehmen. Chanukka und Purim jedoch – da Israel diese durch ihr eigenes Verdienst erworben haben – stehen Israels innerer Seele näher. Darum finden es die Juden leichter, sich ihres Glanzes zu erfreuen, wo immer sie sich auch befinden. Sogar außerhalb des Landes Israel haben sie es darum nicht nötig diese mit einem zusätzlichen Tag zu feiern.