Ein Feiertag, an dem kein Hallel gesagt wird

Da Rosch haSchanah Tag des Gerichts ist, soll jeder Mensch g“ttesfürchtig sein, da er sich ja vor Seinem Gericht zu verantworten hat. Er sei nicht leichtsinnig und lasse sich von nichts ablenken, damit er sich ehrfurchtsvoll und bangend vor das Gericht stellt.

In diesen Tagen ist das Volk Israel so sehr vor Furcht vor dem g“ttlichen Urteil erfüllt, dass es am Rosch haSchanah kein Halel sagt, obwohl Rosch haSchanah ein Feiertag ist. Israel sagt nur Halel, wenn sein Herz von Freude erfüllt ist, aber an den Tagen des Gerichts ist das Zittern grösser als die Freude. Darum sagt man kein Hallel.

„Die diensthabenden Engel sagten vor G“tt: Herr der Welt, warum sagt Israel kein Hallel am Rosch haSchanah und am Jom Kipur? Da antwortete Er ihnen: Wenn der König zu Gericht sitzt, und die Bücher des Lebens und des Todes vor Ihm geöffnet sind, kann Israel dann ein Loblied singen?“ (Rosch haSchanah 32b)

Freue dich – schäme dich nicht deiner Tränen

Trotz alldem sollte der Mensch nicht traurig sein, wenn er vor Gericht steht, er soll sich die Haare ordnen, sich waschen zu Ehren des Festes und Feiertagskleider anziehen, um damit zu zeigen, dass G“tt uns ein gerechtes Urteil sprechen wird. Darum weinen wir auch nicht am Rosch haSchanah. (Während des Gebetes jedoch ist es erlaubt zu weinen. Es gibt Fromme, die während des Gebetes an den Hohen Feiertagen Tränen vergiessen. Sie weinen wie kleine Kinder, um die Barmherzigkeit des Himmels zu erwecken. Auch wenn wir glauben, weise und einsichtig zu sein, so sind wir doch vor dem Heiligen, gelobt sei Er, wie kleine Kinder, die sich nicht schämen, vor ihrem Vater zu weinen, wenn sie etwas von ihm erbitten wollen).

Esra, der Schriftgelehrte, pflegte immer am ersten Tischri eine Toravorlesung vor der Gemeinde zu veranstalten. Das Volk, beeindruckt von den eindringlichen Worten der Tora, begann zu weinen. Esra und Nechemja sprachen zu ihnen: „Al titablu ve’al tiwku… – seid nicht traurig und weinet nicht! … Gehet und esset das Fette und trinket das Süsse und sendet auch denen davon, die nichts vorbereitet haben, denn dieser Tag ist heilig unserem Herrn. Seid nicht traurig, denn die Freude G“ttes ist eure Stärke“ (Nechemja 8, 9-10).

Die Freude G“ttes ist eure Stärke

„Umi Goj gadol. . . Und welches ist ein grosses Volk? Das gerechte Gesetze und Rechtsordnungen hat, wie diese ganze Lehre, die Ich euch heute vorlege“ (Dewarim 4, 8). „Wer gleicht einer solchen Nation? In der ganzen Welt ist es Sitte, dass man am Tag des Gerichts dunkle Kleider anlegt und sein Haupt in Schwarz hüllt, denn man weiss ja nicht, wie das Urteil ausfällt. Bei Israel ist dies aber nicht so, sie legen weisse Gewänder an, hüllen ihr Haupt in Weiss, essen, trinken und sind fröhlich. Sie wissen, dass der Heilige, gelobt sei Er, ihnen Wunder tut“ (Jeruschalmi, Rosch haSchanah Kap. 1, Halacha 3).