Was geschieht bei einer jüdischen Hochzeit ?

Von Rabbiner W. Rothschild

Eine jüdische Hochzeit wird eine „Chuppa“ genannt oder manchmal auf Jiddisch eine „Chatune“. Das Idealbild ist es, dass ein Mann zu irgendeiner Zeit in seinem Leben erwachsen werden, sein Heim verlassen und eine Ehefrau finden sollte. In früheren Zeiten war das Idealbild, dass das Mädchen dies nicht analog tat, sondern wartete, bis ihre Familie einen passenden Ehemann für sie fand! Aber die Zeiten haben sich geändert, und heute leben natürlich viele oder die meisten jüdischen Mädchen auch ein unabhängiges Leben und suchen sich einen geeigneten Partner zum Heiraten.

Wenn sie einander gefunden haben (in einigen sehr traditionsbewußten Gemeinden werden Ehen noch immer von einem „Schadchan“ arrangiert, der einen „Schidduch“ abschließt, eine für alle Parteien befriedigende Übereinkunft), wird eine Hochzeit ausgerichtet.

Dies muß nicht in einer Synagoge stattfinden – es kann sogar im Freien sein. Ein Rabbiner muß bestimmen, ob beide Parteien frei sind, zu heiraten und frei, einander zu heiraten. Ein kleiner Baldachin wird aufgerichtet, die eigentliche „Chuppa“. Er kann auf Pfählen ruhen, geschmückt mit Blumen, oder sogar einfach aus einem Tuch (oder einem Tallit) bestehen, das von vier starken und hochgewachsenen Helfern gehalten wird. Die Braut („Kalla“) und der Bräutigam („Chatan“) stehen darunter, was ihr symbolisches neues gemeinsames Dach bedeutet. Die Braut wird zur Begegnung mit dem Bräutigam hineingeführt, und in einigen Gemeinden geht sie siebenmal um den Bräutigam herum, bevor sie ihre Position bei ihm einnimmt.

Der Amtsträger (gewöhnlich, aber nicht notwendigerweise ein Rabbiner) liest den Hochzeitsgottesdienst, in dem jeder von ihnen verspricht, einander zu ehren und zu dienen und bei dem sie (zweimal) einen Becher Wein teilen – auch eine symbolische Handlung. Ein Dokument, genannt eine „Ketuba“, wird aufgesetzt und laut vorgelesen, durch das (in der traditionellen Fassung) der Ehemann verspricht, der Braut einen finanziellen Ausgleich zu zahlen, sollte die Ehe enden oder sie als Witwe zurückbleiben. Der Bräutigam zahlt symbolisch einen „Brautpreis“, indem er seiner Braut einen goldenen Ring gibt – bei liberalen jüdischen Zeremonien gibt die Braut als volle und gleichberechtigte Partnerin in der Ehe dem Bräutigam ebenfalls einen Ring – und der Amtsträger deklamiert die „Schewa Berachot“, die Sieben Segenssprüche, die von der Bedeutung des Zusammenhaltens und von der Gestaltung einer jüdischen Zukunft sprechen.

Am Ende wird ein Weinglas zerbrochen – der Bräutigam tritt darauf – als Erinnerung an Trauer und Zerstörung, an die vielen Male, als Liebespaare durch Krieg und Gewalt auseinandergerissen wurden, an die Zerstörungen, die Israel in der Vergangenheit erlitt. Formal muß dann das Paar einige Zeit für sich allein privat überlassen bekommen – bekannt als „Jichud“ – bevor die Feierlichkeiten beginnen. Diese bestehen typischerweise aus einem Mahl (die Schewa Berachot werden im Tischgebet nach den Mahlzeiten wiederholt), Gesang und Tanz – häufig werden Braut und Bräutigam auf einen Stuhl gesetzt und von den Gästen getragen. Die Begrüßung lautet „Masel Tow!“ – „Viel Glück!“

Quelle: Walter Rothschild, 99 Fragen zum Judentum, Gütersloher Verlagshaus 2001