Jom haSchoah vehaGwurah – Gedenken an die Schoah

Dieser Tag ist kein Tag, an dem wir Vorwürfe erheben wollen. Es ist nicht unsere Absicht, nichtjüdischen Menschen ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Wir trauern, weil uns die Ermordeten fehlen. Es geht uns nicht darum, Gedenktage oder Denkmäler einzuklagen. Wir denken jeden Tag an jene, die uns fehlen und an das was ihnen geschehen ist.
Der Grund für unser Reden ist Hoffnung. Wir hoffen auf Verantwortung und Fürsorgen, auf das Wissen um die Verletzbarkeit des Menschen und auf die Angst vor der Vernichtung der Freiheit und der Welt.
Wir hoffen, daß Sorge und Schmerz die Wiederkehr des Schreckens und des Terrors nicht zulassen werden. Wir glauben, dass es unter Menschen immer mehr Gemeinsames als Trennendes geben wird – und wir glauben, dass G’tt seine Welt nie vergessen hat und sie niemals vergessen wird.
David Gall s“l

Wir gedenken der sechs Millionen Toten und aller, die starben, als Wahnsinn die Welt regierte und das Böse in der Welt wohnte. Wir gedenken derer, die wir gekannt haben und derer, von denen selbst der Name verloren ist.

Wir trauern um alle, die mit ihnen starben – um ihre Güte und um ihre Weisheit, die die Welt hätten retten und so viele Wunden hätten heilen können. Wir trauern um den Geist und den Humor, der starb, um das Lernen und das Lachen, das für immer verloren ist. Die Welt ist ärmer geworden, und unsere Herzen werden kalt, wenn wir an die großen Dinge denken, die hätten sein können.

Wir sind dankbar für ihr Beispiel an Anstand und Güte. Wie Kerzen leuchten sie aus der Dunkelheit jener Jahre heraus, und in ihrem Licht erkennen wir, was gut ist – und was böse.

Wir gedenken jener nichtjüdischen Männer und Frauen, die den Mut hatten, außerhalb der Masse zu stehen und mit uns zu leiden. Auch sie sind deine Zeuginnen und Zeugen, eine Quelle der Hoffnung, wenn wir zu verzweifeln drohen.

Um des Leids unseres Volkes willen möge eine solche Zeit nie wieder kommen. Möge ihr Opfer nicht umsonst gewesen sein. In unserem täglichen Kampf gegen Grausamkeit und Vorurteile, gegen Tyrannei und Verfolgung gibt uns die Erinnerung an sie Kraft und leitet uns.

In der Stille gedenken wir derer, die G’ttes Namen auf der Erde geheiligt haben.

 

Verlasst mich…

Rabbi Nahum Janchiker
Die letzte Mahnpredigt in der Musar-Jeschiwe in Slabodka, Kovno, wenige Augenblicke vor der deutschen Invasion

Mit dem vollen Gewicht meiner Autorität als euer Rabbiner befehle ich euch, mich hier zu verlassen. Ihr müsst fliehen und euch retten. Gebt Acht auf eure Körper und auf eure Seelen. Bringt euer Leben nicht unnötig in Gefahr wegen des Blitzstrahls, der von außen einschlägt, aber denkt auch nicht nur einen flüchtigen Moment lang, dass ihr euer Leben opfern müsstet um innerer, geistlicher Werte willen. Ich bitte euch und beschwöre euch, dass ihr stets all jener aus unserem Volk gedenkt, die der Hand der Mörder zum Opfer fielen.

Es ist nicht Sache von Menschen, darüber zu urteilen, wer von ihnen heilig ist und wer nicht. Jeder Mensch, der von den Bösen abgeschlachtet wurde, ist als heilig anzusehen. Meine lieben Studierenden, behaltet das Nehardea Litauens, die Jeschiwe von Slabodka, stets in Erinnerung. Und wenn wieder Sicherheit und Ruhe in der Welt eingekehrt sind, werdet nicht müde, den Ruhm, die Weisheit, die Thora und die litauischen Lehren weiterzugeben, dieses schöne und ethische Leben, das die Juden hier lebten. Werdet nicht verbittert durch die Klagen und Tränen. Redet mit Ruhe und Gelassenheit über diese Dinge, so wie es unsere Weisen in dem Midrasch Echa Rabbati getan haben und handelt so, wie es unsere heiligen Gelehrten getan haben: Lasst eure Worte strömen und druckt sie als Buchstaben ab. Das ist die größte Vergeltung, die ihr an diesen bösen Menschen üben könnt. Trotz des wütenden Zorns unserer Feinde werden die heiligen Seelen unserer Brüder und Schwestern dann lebendig bleiben. Diese Bösen planten, ihre Namen von der Erdoberfläche zu vertilgen, aber Menschen können Buchstaben nicht vernichten. Denn Worte haben Flügel. Sie erheben sich zur himmlischen Höhe und bleiben bis in Ewigkeit.

 

…ich werde in der Welt und für die Menschen arbeiten!

Anne Frank, Tagebuch, Dienstag, 11. April 1944

Wir sind sehr stark daran erinnert worden, daß wir uns verstecken, daß wir gefesselte Juden sind, gefesselt an einen Fleck, ohne Rechte, mit Tausenden Pflichten. Wir Juden dürfen unser Gefühl nicht gelten lassen, müssen mutig sein und stark, müssen alle Beschwerlichkeiten auf uns nehmen und nicht murren, müssen tun was in unserer Macht liegt und auf Gott vertrauen.

Einmal wird dieser schreckliche Krieg doch wohl vorbeigehen, einmal werden wir doch wieder Menschen und nicht nur Juden sein.

Wer hat uns das auferlegt? Wer hat uns Juden zu einer Ausnahme unter allen Völkern gemacht? Wer hat uns bis jetzt so leiden lassen? Es ist Gott gewesen, der uns so gemacht hat, aber es wird auch Gott sein, der uns aufhebt. Wenn wir all dieses Leid ertragen und doch noch immer Juden übrig bleiben. Dann werden die Juden einmal von Verdammten zu Vorbildern werden. Wer weiß, vielleicht darf es unser Glaube einmal sein, der die Welt und alle Völker das Gute lehrt und dafür, dafür allein müssen wir auch leiden.

Seid mutig! Wollen wir uns unserer Aufgabe bewußt bleiben, und nicht murren, es wir ein Ausweg kommen, Gott hat unser Volk nie im Stich gelassen; durch alle Jahrhunderte hin sind Juden am Leben geblieben, durch alle Jahrhunderte hin mußten Juden leiden, aber durch alle Jahrhunderte hin sind sie auch stark geworden, die Schwachen werden ausgesucht und die Starken werden übrig bleiben und niemals untergehen!

Wenn Gott mich leben läßt, werde ich mehr erreichen als Mutter es je tat, ich werde nicht unbedeutend bleiben, ich werde in der Welt und für die Menschen arbeiten!

Und nun weiß ich daß Mut und Fröhlichkeit, das zuerst notwendige sind!

El malej Rachamim, schochen baMromim,
hamze Menuchah nechonah,
tachat Knafej haSch'chinah,
beMaalot Keduschim weTehorim keSohar haRakia mas'hirim
et khal haNeschamot schel sheshet Millionej haYehudim,
Hal'lej haShoah beEuropa,
sche-nehergu, sche-nisch'chetu,
sche-nis'refu, wesche-nis'pu al Kidusch haSCHEM,
b'Jadej haMeraz'chim haGermanim
weOs'rejhem miSch'ar haAmim.

Baawur sche-khal haKahal mit'palel leIluj Nischmotehem,
lachen Baal haRachamim jastiram
beSeter Knafaw leOlamim
wejizror biZror haChajim et Nischmotejhem.

Adonaj hu Nachlatam, beGan-Eden tehe Menuchatam,
wejanuchu beSchalom alMischkewotejhem.
Wejaamidu leGoralam leKejz haJamim.
Wenomar: Amejn.

 

 

 

G'tt voller Erbarmen, in den Himmelshöhen thronend,
es sollen finden die verdiente Ruhestätte
unter den Flügeln Deiner Gegenwart,
in den Höhen der Gerechten und Heiligen,
strahlend wie der Glanz des Himmels,
all die Seelen der Sechs-Millionen Juden,
Opfer der Shoah in Europa,
ermordet, geschlachtet,
verbrannt, umgekommen in Heiligung Deines Namens;
durch die Hände der deutschen Mörder
und ihrer Helfer aus den weiteren Völkern.

Sieh die gesamte Gemeinde betet für das Aufsteigen ihrer Seelen,
so berge sie doch Du, Herr des Erbarmens,
im Schutze deiner Fittiche in Ewigkeit
und schließe ihre Seelen mit ein in das Band des ewigen Lebens.

G'tt sei ihr Erbbesitz,
und im Garten Eden ihre Ruhestätte,
und sie mögen ruhen an ihrer Lagerstätte in Frieden.
Und sie mögen wieder erstehen zu ihrer Bestimmung
am Ende der Tage.

G’tt und G’tt unserer Vorfahren, in deiner Hand liegt das Geschick unseres Volkes und die Zukunft aller Nationen jeder Sprache. Du hast uns über die ganze Erde zerstreut, und du sammelst uns wieder. Du führst uns aus der Knechtschaft zur Freiheit, aus Zeiten der Not zur Freude. Als deine Zeugen lassen wir dein Licht unter den Völkern leuchten. Stärke uns, damit wir deinen Willen erfüllen.

Wir wenden uns nach Zion wie unsere Vorfahren vor uns. Die Erinnerungen daran bringen uns einander näher. Die Visionen darüber bringen uns dir näher. Erweise uns die Gnade, dass wir den Bau Jerusalems in unseren Tagen sehen. Seine Stärke möge darin liegen, dass Recht in ihm wohnt und seine Sicherheit darin, dass sich gerechte Taten in ihm finden. Friede sei Jerusalems Lohn.

Deinem Namen erweisen wir die Ehre für die Wunder, die unsere Augen gesehen haben. Aus der Vernichtung wuchs Hoffnung, in der Dürre entsprang eine Quelle, ,,die Steppe blühte wie die Lilie“ (Jes 35,1).

Mitten in der Zeit der Not haben wir die Worte deiner Propheten gehört und die Erfüllung deiner Worte gesehen. Wahrhaftiger G’tt, von neuem hast du uns erlöst. Stärke uns nun und gib uns Mut, dein Werk zu vollenden. Öffne die Pforten zum Heil für Israel und für alle Völker. Amen.

Megilath haSchoah
Um sie alle weine ich…

27.Nisan: Jom haShoah
Ein Tag als Mahnmal…

Leos letzter Brief aus Dresden
Die Stimme des Heiligen, gelobt sei Er

Gedenken und nicht vergessen!
Liskhor veLo lishkoah!

Die Erinnerung von Überlebenden
Wenn wir weg sind, ist alles nur noch Geschichte…