Die Schönheit des Etrog: „Pri Etz Hadar“

Haben Adam und Eva einen Bissen von einem Etrog genommen? Gibt es irgendwelche Grundlagen für die Behauptung, der Etrog sei der medische oder persische Apfel gewesen, der am Baum der Erkenntnis im Garten Eden wuchs? War er wohlschmeckend – der Bissen von der Verbotenen Frucht, der das Schicksal der Menschheit verändert hat?

Von Sharon Kanon

Unbestrittene Wahl für Sukkot

Die gelbgrüne Frucht – eine Zitrusfrucht, vom Aussehen her der Zitrone ähnlich – ist bitter, und auch die Schale ist es. Und doch ist es die unbestrittene Wahl für das Sukkotfest. Es wird allgemein anerkannt, dass der Etrog der «Pri Etz Hadar» ist, die Frucht des Baums der Lieblichkeit, eine der vier Arten, die für die Freude während des siebentägigen Herbstfestes von Sukkot bestimmt sind. Tatsächlich sagt man, es sei die vollkommenste der vier (Palmzweig, Myrthe und Bachweide), die zusammen die Einheit verschiedener Teile der Gemeinschaft symbolisieren.

Wohlschmeckend oder nur schön?

Der Etrog hat das beste Aroma und den besten Geschmack, sagt der Midrasch, der in der «Stone Edition» der Tora von «Art Scroll» zitiert wird. Es hat sowohl einen Geschmack wie einen angenehmen Geruch, was eine Person symbolisiert, die sowohl gelehrt ist als auch Gutes tut (die Dattelpalme hat Geschmack, aber keinen Geruch, die Myrthe einen Geruch, sie schmeckt aber nach nichts. Die Bachweide hat keines von beidem). Ist es möglich, dass der biblische Etrog gut schmeckte, oder war er nur schön anzusehen?

Eine schmackhafte Rinde und eine schmackhafte Frucht sind Qualitäten, die mehrere anerkannte Quellen dem Etrogbaum zugestehen, darunter Rabbi Schimon bar Jochai im Talmud, Traktat Sukka, 3,5: «Ein Baum, dessen Frucht schön ist, und so auch der Baum selbst. Der Geschmack der Frucht ist wie der Geschmack des Holzes des Baumes, und der Geschmack des Holzes ist wie der Geschmack der Frucht. Die Frucht ist wie der Baum, und der Baum ist wie die Frucht. Welcher Baum ist das? Es ist der Etrog.»

«Hadar» bedeutet schön.

Und wie jeder weiss, ist das Auswählen des schönsten Etrog ein Teil der Mizwa des Festes. Es ist interessant festzuhalten, dass der Etrog auch mit Weisheit in Verbindung gebracht wird.

Ursprung im Garten Eden bei Adam und Eva?

Viele Quellen sind der Ansicht, dass die Zitrusfrucht, die auch mit Weisheit in Verbindung gebracht wird, ihren Ursprung im Garten Eden hat. Gott hat dem ersten Mann und der ersten Frau die Erlaubnis gegeben, die Früchte von allen Bäumen zu essen, ausser derjenigen vom Baum der Erkenntnis. Essen sie davon, würden sie sterben. Es war der Biss in den «Apfel», die Verbotene Frucht, dem Adam und Eva nicht widerstehen konnten, der zu ihrer Vertreibung aus dem Paradies führte. Eine rabbinische Quelle, Bereschit Raba, sagt aus: «Welches ist der Baum, von dem Adam und Eva assen? Aba von Akko sagt: Es ist der Zitrusbaum, und es steht geschrieben: Und als die Frau sah, dass der Baum gut zum Essen und gefällig für das Auge war und herrlich um Weisheit zu verleihen… Gehe hin und schaue welcher Baum es ist, von dem wir den hölzernen Stiel als Frucht essen können, und du wirst keinen anderen als den Etrog finden.»

Etrog braucht sorgfältige Pflege

Viele Ritter, die während der Zeit der Kreuzzüge ins Heilige Land reisten, behaupteten zu sehen, was bei näherer Prüfung wie «Zahnspuren» aussah. Bei einem kürzlichen Besuch in einem Etrog-Garten habe ich viele interessante Tatsachen zum Baum und seiner Frucht entdeckt. Der Etrog, der einen kurzen Marktwert hat, braucht während des grössten Teils des Jahres sorgfältige Pflege. Er braucht viel Wasser, und der Baum hat lange Disteln. Die Zitrusfrucht, genannt «Medischer, Persischer oder Assyrischer» Apfel passt zur Beschreibung, welche Theophrastus, ein griechischer Philosoph und Naturbeobachter und Plinius der Ältere gegeben haben. Um Letzteren zu zitieren: «Er hat die Blätter eines Erdbeerbaumes, aber mit Stacheln… die Frucht wird nicht gegessen, doch hat sie einen aussergewöhnlich starken Geruch, der auch zu den Blättern gehört, und der Gewänder durchdringt… und verletzende Insekten (Motten) fernhält.»

Yossi Zlochevsky, einer von 70 Etrogzüchtern in Israel, hat mir gezeigt, wie jeder Zweig gebunden werden muss, und die Frucht vor den heimtückischen Dornen geschützt werden muss; sogar ein Blatt, das die Frucht berührt, kann einen Makel verursachen. Während die Frucht wächst, braucht der Baum ebenfalls Zuwendung. Insekten, Seuchen und eine Krankheit namens Moloseco, die sie austrocknet, sind ebenfalls Feinde, die in Schach gehalten werden müssen. Um sie vor zuviel Sonne zu schützen, werden sie mit schwarzer Gaze überdeckt.

Regeln für koscheren Etrog

«Wir werfen 30 Prozent der Früchte im Obstgarten weg, und weitere 20 während der Selektionsphasen», sagt Zlochevsky. Einen koscheren Etrog zu erhalten, ist eine grössere Errungenschaft. Welches sind die Regeln für einen koscheren Etrog? Früchte von einem gepfropften Baum scheiden aus. Ein Etrog darf nicht kleiner als ein Ei sein, nicht ausgetrocknet sein und kein Loch haben. Wenn ein Etrog einen «Pitum» (Auswuchs) hat, muss dieser intakt und gerade sein. Viele Leute mögen den Etrog ohne «Pitum». Normalerweise wählen die Leute den Etrog nach seiner Form, nicht nach seiner Grösse aus, obwohl von Rabbi Akiva bekannt ist, dass er einen auf seine Schulter hochgehoben hat. Höcker sind gut.

Manche kommen mit Lupe

Was mindert den Wert eines Etrog? Eine kleine Unregelmässigkeit an der Spitze, Makel, Flecken, Spuren oder Verletzungen jeder Art. Etrogim der Klasse «A» müssen sehr strenge Überprüfungen überstehen. An den offenen Märkten kommen manche Käufer mit einer Lupe. Etrogim, die für den Export vorgesehen sind, müssen fünf Tage lang in Quarantäne gehalten werden, um sicherzustellen, dass ihr Gesundheitszustand ihrem Erscheinungsbild ebenbürtig ist. Israel exportiert in die USA, nach Australien und Europa. Wenn ein Etrog teuer erscheint, muss man sich an den Aufwand erinnern, der für das Aufziehen der Frucht für diesen beschränkten Markt zu leisten ist. Seit den biblischen Zeiten waren Juden gewillt, viel für eine ausgewählte Frucht zu bezahlen, um das Gebot von hidur (Auswahl des Schönsten) zu erfüllen. Der Codex des jüdischen Rechts schlägt denn auch vor, «dass man ein Drittel mehr als den niedrigsten Preis bezahlt, um einen schönen Etrog zu erwerben.»

«Wir stehen nun zweieinhalb Monate vor der Ernte», sagt Assaf Avdani, Berater von Etrogzüchtern in Israel, «und bisher sieht es nach einem guten Jahr für Etrogim aus. Die meisten weisen einen wachsenden ‘Pitum’ auf, und die Blüten auf dem Baum sind schön. Die Züchter erwarten dieses Jahr eine Ernte von zwischen 150.000 und 200.000 Etrogim, was es den Juden auf der ganzen Welt ermöglichen wird, ein erfülltes und koscheres Sukkotfest zu feiern.

Aus dem Israelischen Wochenblatt, 2000