Die Zeit des Chanukkah – Ein Tag, der für Einweihung und Größe bestimmt ist

Eljahu Kitow, Sefer haTod’ah, Morascha Zürich

Der 25. Kislew, der in den Tagen der Hasmonäer „die Krone der Einweihung“ erhalten hat war schon in den Tagen von Mosche für Großes bestimmt. Auch in den Tagen des Propheten Chaggai wird dieser Tag als großer Tag bestätigt. Doch war es das Verdienst der Hasmonäer, dass er gerade zu ihrer Zeit als Tag der Errettung voll zum Ausdruck kam. Dazu sagen unsere Weisen:

»Rabbi Chanina sagte: Am 25. Kislew wurde die Arbeit im Mischkan -Stiftszelt – beendet, aber noch nicht aufgestellt. Dies geschah erst am 1. Nissan, denn es steht geschrieben: Am Tage des ersten Monats, am ersten des Monats sollst du das Mischkan aufstellen. Da murrte Israel gegen Mosche und sagte: Warum wurde es nicht sofort aufgestellt? Ist es etwa beschädigt worden?

Doch G’ttes Absicht war es, den Tag der Freude für das Mischkan und die Geburt Jizchaks, die in diesen Monat Nissan fällt, zusammenzulegen. So ging dem Monat Kislew die Einweihungsfeier verloren, obwohl in ihm die Arbeiten beendet wurden. Da sagte G’tt: Dies muss Ich wieder gutmachen. Wie tat Er dies? Mit der Chanukkafeier der Hasmonäer.« (Jalkut Melachim 184)

Als die Heimkehrer aus dem babylonischen Exil begannen, den Tempel wieder aufzubauen, wurde die Arbeit wegen Intrigen und feindlichem Widerstand während 24 Jahren unterbrochen. Als die Arbeiten zum Wiederaufbau wieder aufgenommen wurden, wurde der Grundstein des Heiligtums am 24. Kislew gelegt. Während der darauffolgenden Nacht, also am 25. Kislew wurde dann die Grundsteinlegung gefeiert.

Eine Anspielung auf das Chanukkafest in der Tora

In Paraschat Emor zählt die Tora die Feste des Jahres auf: Schabbat, Pessach, Schawuot, Rosch Haschana, Jom Kippur und Sukkot. Anschließend folgt das Gebot ein ewiges Licht im Heiligtum brennen zu lassen. Warum wird dies anschließend an die Festtage erwähnt? Dies soll auf das zukünftige Anzünden des Ner Tamid – des ewigen Lichtes – hinweisen. Der Tag des Anzündens soll zum alljährlichen Festtag bestimmt werden, ein Festtag, der nach Sukkot gefeiert wird.

In dem Wochenabschnitt Behaalotecha (Bamidbar, Kap. 8) wo ebenfalls die Rede von der Menora und den Lichtern ist erklärt Ramban zu dieser Stelle: In der Megillat Setarim des Rabbenu Nissim fand ich dieses: Als die 12 Fürsten der Stämme die Opfer für die Einweihung des Altars darbrachten, der Stamm Levi ausgeschlossen, sagte G’tt zu Mosche: Sprich zu Aharon und sage ihm, dass es einst eine andere Einweihung – Chanukka – geben wird, an der Lichter entzündet werden. Durch deine Söhne werde ich Wunder vollbringen und Israel befreien. Ich werde ihnen ein neues „Chanukka“ geben, das nach ihrem Namen genannt wird: Chanukka der Hasmonäer. Dies ist der Grund, warum diese Parascha anschließend an die Parascha der Einweihung des Altars steht.

Auch sah ich, führt Ramban weiter aus, sowohl im Midrasch Jelamdejnu als auch im Midrasch Rabba: G’tt sagte zu Mosche: ‚Gehe und sage Aharon: Sei nicht betrübt, du bist für Größeresbestimmt. Die Opfer werden nur dargebracht solange das Heiligtum besteht, aber die Lichter werden ewig brennen… und all die Berachot, die ich dir gegeben habe, mit denen du Israel segnest, sie werden immer bestehen.‘ Zwar wissen wir, dass, seitdem der Tempel nicht mehr steht, keine Opfer mehr gebracht werden, und dass auch die Lichter der Menora nicht mehr angezündet werden. So bezieht sich also der Hinweis der Chachamim auf die Chanukkalichter der Hasmonäer. Die Mizwa, diese Lichter anzuzünden bleibt auch nach der Zerstörung des Tempels immer bestehen. Dies die Worte des Ramban – Nachmanides.

In der Tora gibt es noch andere Hinweise auf Chanukka:

Das fünfundzwanzigste Wort in der Tora ist Or -Licht.
Der fünfundzwanzigste Ort, an dem die Bnej Jisrael in derWüste lagerten heißt Chaschmona – Andeutung für die Chaschmonaim, die am fünfundzwanzigsten Kislew lagerten. Chanu – kah, sie lagerten am fünfundzwanzigsten.

Warum feiert man Chanukka acht Tage lang?

In Megillat Taanit, Kap. 9 steht geschrieben: Was veranlasste die Chachamim das Feiern des Chanukkafestes für acht Tage festzusetzen, hatte Mosche für die Einweihung des Stiftszeltes doch nur sieben Tage festgesetzt? Während der Herrschaft der Griechen waren die Hasmonäer in das Heiligtum gekommen, hatten den Altar wieder aufgebaut, hatten die Mauern wieder instand gesetzt, hatten die heiligen Geräte wieder an ihren Platz gestellt und waren mit all diesem während acht Tagen beschäftigt.

So bedeutet das Chanukkafest, wie wir es seither begehen nicht nur das Wiederanzünden der Menora, sondern auch die Einweihung des Altars und der heiligen Geräte. Die Hasmonäer hatten nämlich die Altarsteine, die durch den heidnischen Kult verunreinigt worden sind weggeräumt, einen neuen Altar errichtet und neue Geräte angefertigt.

Im babylonischen Talmud wird jedoch nur das Wunder des Ölkruges erwähnt, »welcher nur eine kleine Menge Öl enthielt, das für einen Tag lang gereicht hätte, aber es geschah ein Wunder, und man konnte damit die Menora acht Tage lang anzünden.« Damit bleibt aber die Frage, warum man acht Tagelang feiert unbeantwortet, denn das Ölwunder geschah ja nur sieben Tage lang. Für einen Tag hätte es ja ohne Wunder gereicht!

Viele unserer Weisen haben während der vergangenen Jahrhunderte befriedigende Antworten und Erklärungen darauf gegeben. Einige davon seien hier erwähnt:

  1. Der erste Tag des Chanukkafestes soll an das Wunder des militärischen Sieges erinnern. ‚Am 25. Kislew konnten sich die Juden vom Kampf gegen ihre Feinde ausruhen.‘ Darum feierten sie den Tag, genau wie man am Purim den Tag feiert ‚an dem sie von ihren Feinden ausruhten‘ (Megillat Esther). Die übrigen sieben Tage werden für das Ölwunder gefeiert.
  2. Die Tatsache, dass man überhaupt noch einen Krug mit Öl, der den Siegel des Hohepriesters trug, fand wird schon als Wunder angesehen.
  3. Das gefundene Öl wurde in acht Teile geteilt, damit die Lichter, wenn auch nur für kurze Zeit jeden Tag brennen sollten, bis man neues Öl herstellen konnte. Wunderbarerweise brannte aber die kleine Menge Öl einen Tag lang. So geschah also das Wunder während der ganzen acht Tage.
  4. Nachdem die Menora mit dem vorhandenen Öl gefüllt worden war, blieb der Krug weiterhin voll.
  5. Das ganze Öl wurde in die Menora gegossen, die Lichter brannten während der ganzen Nacht, jedoch am Morgen waren die Behälter immer noch voll Öl.
  6. Die Griechen hatten Brit Mila – Beschneidung – verboten. Sie wollten damit den Bund zwischen G’tt und Israel abschaffen. Dies war die härteste Anordnung, die sie getroffen hatten. Nach dem Sieg der Hasmonäer waren die Juden froh, dass dieser Bund, der am achten Tag nach der Geburt eines Sohnes vollzogen wird, wieder erneuert werden konnte. Darum setzten sie acht Tage fiu Chanukka fest.
  7. Für die erste Nacht hatte man nur dünne Dochte angefertigt, damit diese nur ein Minimum an Öl aufsaugen sollten. Gleichzeitig gab man auch nur eine kleine Menge Öl in die Behälter der Menora. Wunderbarerweise brannten diese aber strahlend hell während der ganzen Nacht. So geschah es auch in den darauffolgenden Nächten. Darum ist Hiddur Mizwa – die Steigerung der Bemühung und Verschönerung in der Ausführung der Mizwa – in bezug auf die Chanukkalichter von besonderer Bedeutung, im Gegensatz zu anderen Mizwot, bei denen Hiddur Mizwa nach Belieben ausgeführt werden kann.
  8. Der Tonkrug hatte einen Teil des Öls schon aufgesaugt, so dass das verbleibende Öl noch nicht einmal für einen Tag gereicht hätte.
  9. Die Griechen hatten die Absicht gehabt den Glauben der Juden an die g’ttliche Vorsehung ihrem Heizen zu entreißen, alles sei Naturgesetz. Alles Geschehen in der Welt spiele sich auf natürliche Weise ab. Viele Juden ließen sich überzeugen von dieser Weltanschauung. Als sie nun das Wunder erlebten, sahen sie ein, dass alles Geschehen in der Welt von der g’ttlichen Vorsehung abhängig ist, und dass alles von Seiner Hand gelenkt wird, auch wenn es dem Menschen als natürlicher Ablauf der Geschehnisse erscheint. Im »Maos Zur«, das am Chanukka gesungen wird, heißt es: »Benej Wina Jemej Schemona Kawe’u…« Dies bedeutet, dass sie »Benej Wina« – Verständnis bewiesen hatten, indem sie den natürlichen Vorgang des Ölbrennens auch als ein Wunder begriffen.
  10. Die Tatsache alleine, dass sie sich am ersten Tage nicht aus der Fassung bringen ließen und trotz der geringen Ölmenge nicht verzweifelten, die Mizwa des Ner Tamid – des ewigen Lichtes‘ zu erfüllen, wird schon als Wunder angesehen. Es ist dies das große Wunder, das dem jüdischen Volk die Kraft verleiht seit Generationen, auch in der Zerstreuung durchzuhalten und weiter zu existieren. Hätten sie sich immer nur darauf verlassen, was ihnen nach menschlicher Voraussicht die Zukunft bringen wird, wären sie nicht imstande gewesen den nächsten Tag zu überleben. Doch Israel vertraut auf G’tt, hält fest an Seiner Lehre und verdankt seine Überlebensfähigkeit dieser Treue.

Warum wird im Talmud nur das Ölwunder erwähnt?

Einer der oben angeführten Gründe, warum man Chanukkaacht Tage lang feiert war, dass der erste Tag ursprünglich dem Wunder des Sieges in schweren Kämpfen Ausdruck verleihen sollte. Dies wird in Megillat Taanit erwähnt, die vor Mischna und Talmud zusammengestellt worden war. Im Talmud jedoch wird nur das Lichtwunder erwähnt. Warum ist dies so?

Die Gelehrten späterer Generationen geben hierzu verschiedene Gründe an. Es folgen Zusammenfassungen einiger Erklärungen:

Zur Zeit des Geschehens, in den Tagen des Hasmonäer und kurz danach war es hauptsächlich der militärische Sieg, der bei den Juden große Freude hervorrief. Es war die Freude über die Vernichtung der Feinde, über die Abschaffung ihrer grausamen Verordnungen: den Schabbat nicht halten zu dürfen, die Heiligung des Rosch Chodesch, von welcher die Datenfestsetzung der Feiertage abhängig war, und das Verbot, die Brit Mila – Beschneidung – durchzuführen. In den späteren Generationen jedoch galt die Freude in der Hauptsache dem Lichtwunder. Die hasmonäische Dynastie ging nämlich nach dem Sieg der Makkabäer unter, und ihre Nachkommen starben noch zur Zeit des zweiten Tempels aus. Nach der Zerstörung wurde Israel wieder unter die Völker zerstreut, doch das Ölwunder blieb für immer erhalten. So werden Jahr für Jahr, wo immer sich Juden befinden die Chanukkalichter in jedem Hause angezündet.

In unseren Schriften finden wir: In allen Stellen der Tora und in den Erklärungen unserer Weisen in denen vom Öl für die Menora die Rede ist, wird immer auch die symbolische Bedeutung betont – Licht, als Sinnbild für Weisheit des Herzens und der Gedankenwelt. Als die Griechen in das Heiligtum eingedrungen waren, verunreinigten sie das reine Öl. Somit war auch die Gefühls- und Gedankenwelt der Juden nicht mehr rein, denn viele von ihnen ließen sich von der griechischen Weisheit beeindrucken und glaubten, in ihr die Wahrheit gefunden zu haben.

Als die Hasmonäer siegreich den Tempel betraten, fanden l sie nur einen Krug, der reines Öl enthielt, Brennstoff für einen einzigen Tag. Im übertragenen Sinn heißt dies, dass trotz des starken Einflusses der griechischen Kultur in ihrem Herzen noch ein Minimum an reiner Gedankenwelt erhalten geblieben war, ein Funke des wahren „Lichtes“. Das Bewusstsein ihrer heiligen Bestimmung wurde so bewahrt.

Dieser kleine Rest war aber nicht imstande, das ‚Ner Tamid – das ewige Licht‘ anzuzünden, zu sehr war der größte Teil des Volkes von der fremden Kultur beeinflusst. ‚Da geschah ein Wunder, und es brannte acht Tage lang.‘ Dies bedeutet, dass mit G’ttes Hilfe das Wunder geschehen konnte, dass der kleine Funke des wahren Glaubens wieder zu vollem Licht entfacht wurde. Sieben Tage symbolisieren einen vollen Zeitzyklus, der achte steht für die Zeit in ihrer Totalität und auch für alles, was jenseits der Zeit liegt. (Diese Symbolik ist im Kapitel von Schemini Azeret weiter ausgeführt.)

Dieses Wunder hat das Volk Israel nötig, weil es zu geistiger und seelischer Läuterung führt, im Besonderen, wenn es unter dem Druck anderer Völker lebt. Denn so lange Glaube und Gedanken rein sind, ist es trotz äußerem Druck wie befreit. Doch wenn Glaube und Weisheit nicht mehr vorhanden sind, so bedeutet auch Leben in Freiheit nur noch Knechtschaft. Grausame Verordnungen der nichtjüdischen Welt können null und nichtig gemacht werden, doch wenn Israel den Glauben verliert und die Lehren verfälscht, dann kann es dem äußeren Druck nicht standhalten, und ist – behüte G’tt – den Grausamkeiten der Völker ausgeliefert. Da kann nur noch g’ttliche Hilfe Rettung bringen. Wie kann sich aber Israel eines g’ttlichen Wunders würdig erweisen? Solange der letzte Funken noch nicht erloschen ist und solange noch genügend Öl vorhanden ist, wenigstens für einen Tag lang, kann G’tt helfend eingreifen und sogar die geringe Menge Öl reicht wieder zum Anzünden des Ner Tamid – des ewigen Lichtes.

Das Licht, das die Hasmonäer mit dem übriggebliebenen Krüglein reinen Öles wieder angezündet haben, und das acht Tage lang brannte, wird Israels dunkle Zeiten ewig erhellen. Durch seinen Strahl bleibt Israels Heiligkeit bewahrt und dies ist es auch, was sie von anderen Völkern unterscheidet. Es ist das Lichtwunder, das für die späteren Generationen erhalten blieb. Das Wunder des militärischen Sieges jedoch hatte nicht diese Wirkungskraft. Darum wird das Chanukkawunder immer nur in bezug auf die Lichter der Menora in steter Erinnerung bleiben.