Die Herrschaft der Griechen

Eljahu Kitow, Sefer haTod’ah, Morascha Zürich

Jefet, der Sohn Noachs hatte sieben Söhne. Der Name des vierten war Jawan (Griechenland). Während tausend und siebenhundert Jahren spielte die Familie des Jawan eine unbedeutende Rolle in der Geschichte der Menschheit, bis ihre Stunde schlug und in den Tagen von Alexander dem Grossen zum Weltreich wurde.

So wie die himmlischen Scharen von G’tt eingesetzt sind, und jedem sein eigenes Gebiet zugeteilt wird, so hat auch G’tt den irdischen Scharen, den Nationen der Erde, seine Aufgaben gegeben und ihnen Grenzen gesetzt. Dem einen gab Er Schönheit, dem anderen Macht, dem einen Reichtum und dem anderen Weisheit. So konnte jeder in dem ihm bestimmten Bereich wirken, ohne das Bereich des anderen zu betreten. Israel war aber bestimmt, G’ttes ‚Kleinod‘ zu sein, doch hatte es auch die Möglichkeit, alles Schöne und Gute, das die anderen Völker besaßen, sich anzueignen. In einer Hinsicht sollte Israel aber über allen Völkern stehen: in ihrer Hingabe zu G’tt.

Jefet und seine Söhne hatten das Bereich des Schönen und die Weisheit zugeteilt bekommen. Noach, ihr Stammvater, hatte sie so gesegnet: ‚Schönheit hast Du, G’tt, dem Jefet gegeben, und er wird in den Zelten Schems wohnen.‘ Die Schönheit des Jefet in den Zelten Schems! Das heißt, dass es sich der Schönheit Jefets ziemt, das Zelt des Schem zu betreten um dort Vollkommenheit zu erreichen.

Nachdem Alexander der Grosse Griechenland zum Höhe punkt seiner Macht gebracht hatte und viele Länder erobert hatte, machte der König Ptolemäus, einer seiner Nachkommen, seine Hauptstadt zu einem Zentrum der Studien und der Wissenschaften. Die Weisen Israels wurden gebeten, die Tora ins Griechische zu übersetzen, um es den griechischen Forschern zu ermöglichen, in die äußeren Tore der Tora von Schem zu gelangen. Die jüdischen Weisen beriefen sich auf die obige Interpretation des Segens, den Jefet erhalten hatte, und fandendarin die Berechtigung dieser Übersetzung.

Als Alexander der Grosse noch am Leben war, gab er den Weisen Israels Ehre und verneigte sich ehrerbietig vor Schimon Hazaddik. Alexanders Griechenland hatte die vorrangige Stellung des ehemaligen Perserreiches eingenommen. Der Staat Jehuda Judäa -war Griechenland unterworfen, genau wie dies unter dem Perserreich der Fall war. Jedoch so lange Alexander am Leben war, war er Judäa gegenüber freundschaftlich gesinnt und bedrängte sie nicht. Nach Alexanders Tod wurde das Imperium in drei Teile geteilt. Einer seiner Generäle übernahm die Macht in Ägypten, einer in Griechenland selbst und ein dritter in Syrien. Das Syrische Reich, bekannt als das Seleukidische Königreich, wurde so nach Seleukus, der die Dynastie gegründet hatte, benannt. Der Staat Jehuda fiel unter seleukidische Herrschaft, und es war diese Herrschaft, unter welcher das Volk Israel immer mehr zu leiden hatte.

Die Syro-Griechen waren dem kleinen judäischen Reich in ihrer Mitte schlecht gesinnt, da sie trotz der Unterjochung ihre eigenen Wege aufrecht erhielten. Dies zeigte sich in der hartnäckigen Ablehnung griechischer Kultur und Weisheit.

Es war dies eigentlich kein echter Machtkampf, denn rein physisch war ja Judäa den Eroberern unterworfen. Es war eher ein geistiger Kampf. Im physischen Machtkampf war Jawan überlegen, jedoch der Geist ließ sich nicht unterkriegen. Es war ja gerade das, was den Herrschern Ärger bereitete.

Nachdem die Tora ins Griechische übersetzt war, waren die griechischen Herrscher zuerst begeistert, und waren geneigt, den Stolz derer zu vergeben, die so fest an den Vorschriften der Tora hielten. Doch später wurde den nachfolgenden griechischen Herrschern die Tora ein Dorn in ihren Augen, und sie beschlossen, sie aus dem Herzen derjenigen zu entreißen, die der Lehre treu geblieben waren. Um die Juden physisch und geistig vollkommen zu unterwerfen, wurde die Tora zur Zielscheibe ihrer giftigen Pfeile, und so entstand der harte Konflikt zwischen der griechischen Machtherrschaft und dem schwachen, unterjochten Kleinstaat Judäa.

Wie ist es möglich Schönheit in Hässlichkeit umzuwandeln?

Es haben sowohl die himmlischen als auch die irdischen Schöpfungsscharen ihre Aufgaben in der Welt. Während die himmlischen aber nur die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen können, besitzt der Mensch den freien Willen. Mit diesem ist er imstande, seine Aufgabe so zu erfüllen, dass sie zum eigenen Schaden und zum Unheil für die ganze Welt führt.

Wenn die Schönheit Jefets in den Zelten Schems wohnt, und Schem für diese Schönheit empfänglich ist, kann dies die wahre Harmonie bedeuten. Wenn jedoch die Schönheit Jefets Schems Zelte in ihre Gewalt bringen will, dann hat sie ihre Aufgabe verfehlt, und es gibt nichts Hässlicheres.

Macht kann in brutale Tyrannei umgewandelt werden; So wird Weisheit zu List und die Wahrheit wird verzerrt. Wie könnte denn ohne Tyrannei, List und Verzerrung der Sklave zum Herren werden? Ist da noch Platz für Schönheit und Harmonie?

Die griechischen Herrscher waren bereit gewesen, den Juden die Ausführung vieler Vorschriften der Tora zu erlauben, vor allem diejenigen, von denen sie glaubten, dass sie ins griechische Konzept passen. Drei Mizwot jedoch, wollten sie vollkommen abschaffen, um sie in Vergessenheit geraten zu lassen: Den Schabbat, die Heiligung des Neumondes und die Beschneidung.

Schabbat bringt allen, die ihn hüten zum Bewusstsein, dass es einen Herr der Welt gibt, dessen Wort das Nichts zum Sein verwandelt, und auch das Seiende wieder zum Nichts werden lassen kann. Schabbat verkündet: ‚Gib deinem Schöpfer Ehre, und die ganze Erde verneige sich vor Ihm.‘ Diese Herrschaft wollten die Griechen nicht zulassen. Sie wollten die einzigen Herren der Welt sein, und vor ihnen sollten sich deren Bewohner beugen.

Die Heiligung des Neumondes bringt zum Bewusstsein, dass G’ttes Macht die Zeit beherrscht. Nicht dass die Zeit selbst Macht bedeute. Doch diejenigen, die die festgesetzten Zeiten weihen, manifestieren dadurch ihre Anerkennung G’ttes als Herrscher aller Zeiten. Wenn das Bejt Din den Neumond heiligt, so ist es selbst geheiligt. So sind auch alle Feiertage geheiligt und werden Quellen der Weihe und Erhebung für Körper und Seele. Diese öffentlich ausgesprochene Weihe bildet die Grundlage zur

Beachtung der Feiertage und verkündet die Anwesenheit G’ttes und die Erfüllung Seiner Ziele in der Geschichte. So bedeutet die Monatsweihe gleichzeitig Heiligung der Zeit und der Ge schichte. Darum wollten die Griechen dies nicht mehr zulassen. Sie verkündeten: Wir bestimmen die Festzeiten, wir bestimmen wann gefeiert oder getrauert wird!

Brit Mila – der Bund der Beschneidung bedeutet für die, die ihn schließen die Einheit des Körpers und der Seele – sie gehören zusammen, – aus einem Stück geschnitten. Genau, wie der Mensch eine Bindung zur materiellen Welt hat und gezwungenermaßen sich ihren Gesetzen unterstellen muss, so ist er doch auch mit der geistigen Welt, mit ihrem System und ihren Gesetzen eng verknüpft, denn G’ttes Welten sind eine Welt, und all Seine Geschöpfe sind Seinem Willen unterstellt. Die Absicht der Griechen war es, diesen Bund G’ttes mit Israel null und nichtig zu machen. Nach den Lehren ihrer Weisen bestanden zwei Welten: die Welt des Körpers, in der der Mensch seinen Gelüsten ohne jegliche Zurückhaltung, nachgeben konnte, und die Welt des Geistes, in der die Seele sich hemmungslos in höhere Sphären schwingen konnte, in Poesie und in Visionen. Weder unterstellt sich der Körper dem Geist, noch der Geist dem Körper. Der Körper kann tierisch sein, doch der Geist ist engelsgleich!

Gibt es wohl etwas Hässlicheres als eine Welt ohne Schöpfer, ein Jahr ohne Heiligkeit oder einen zügellosen Körper? Welchen Wert hat ein Leben, in dem man an heiligen Stätten äußere Schönheiten verherrlicht, Spiele und Volksbelustigung veranstaltet, das körperliche vergöttert und bei all dem die Heiligung des Körpers missachtet?

Hellenisten

Ursprünglich war es die Absicht der Griechen ihre Lehren so anziehend wie möglich für das Volk darzustellen; die Menschen friedlich zu überzeugen. So gelang es ihnen, die einfachen Leute des Volkes zu gewinnen, indem sie ihnen hohe Stellungen gaben, sowohl in der Regierung, als auch im Heiligtum. Sie verteilten öffentliche Ämter: Kohanim Gedolim – Hohepriester, Älterenräte und Richter: Sb entstand eine Sekte, die man „Hellenisten“ nannte. Die Hellenisten verbreiteten griechische

Kultur im Volke. Sie hetzten das Volk auf, die Tora zu verlassen und verleiteten es, den griechischen Lebensweg einzuschlagen, so wie sie es taten: Sie veranstalteten Feste und unzüchtige Tanzabende. Sie errichteten Altäre für die griechischen Idole, denen sie auch Opfer darbrachten. Sie verbrachten ihre Tage mit Festen und Feierlichkeiten und aufreizenden Vergnügungen.

Der größte Teil des Volkes machte aber da nicht mit, und blieb der Tora ihrer Väter treu. Sie wandten sich gegen die Verräter und hassten sie aus tiefstem Herzen. Sie weinten vor G’tt, weil ihre Brüder untreu geworden waren, und über das Volk G’ttes, die sowohl den äußeren als auch den inneren Feinden ausgeliefert waren. Der böse Antiochus sah, dass die Hellenisten ihr Ziel nicht erreichen konnten, und dass die Mehrheit des Volkes die Hellenisten als Ausgestoßene betrachteten. So sandte er seine Armeen aus, an deren Spitze er brutale Heerführer setzte, um die Juden zu Unterwerfung zu zwingen, oder sie abzuschlachten.

Diese Armeen mordeten, schlachteten und plünderten. Sie trieben das Volk zur Verzweiflung und setzten sie Verfolgungen aller Art aus. Sie töten Zehntausende von Männern, Frauen und Kindern, die ihr Leben für die Tora hingaben. Natürlich konnten manche unter ihnen nicht widerstehen, und verbeugten sich vor den Götzen und beteiligten sich an allen Widerwärtigkeiten. Manche von ihnen flohen in die Wüste oder versteckten sich in Höhlen. Die Hellenisten halfen dem Feind, die Flüchtenden aufzuspüren und ihren Versteck zu finden. Auch beteiligten sie sich daran, die Zurückgebliebenen zu quälen, und sie zum Übertreten der g’ttlichen Gebote zu zwingen. Sie lieferten dem Feinde auch Töchter Israels zur Schändung aus.

Bis zum Vorhofe des Heiligtums kamen sie und verunreinig ten ihn. Sie ließen den täglichen Opferdienst einstellen und verunreinigten das Öl und die Menora. Sie bauten einen Altar, opferten Schweine darauf und brachten das Blut ins Heiligtum. Das Volk erfuhr davon und erzitterte. Da wurde es ihm klar, dass es keinen anderen Ausweg gab als offenen Krieg. Schwert und Speer sollten nun eingesetzt werden, sowohl gegen den Feind als auch gegen die abtrünnigen Brüder.

Das Wunder des Aufstandes

Das erste Wunder geschah durch die Töchter Israels. Wenn ein Junge bei einer Familie im Versteckgeboren wurde, beschnitt die Mutter selbst das Kind am achten Tage. Dann ging sie mit dem beschnittenen Kind auf die Mauer Jerusalems, ließ ihr Kind herunterfallen und warf sich dann selbst hinunter, und so starben beide. Sie wollte damit ihrem Manne und ihren Brüdern sagen: Wenn ihr nicht aus eurem Versteck herausgeht und gegen eure Feinde kämpft, werdet ihr weder Söhne noch Frauen haben, und ihr werdet alle untergehen. Wir können alles was uns heilig ist nicht nur im Geheimen bewahren, wir müssen es öffentlich verteidigen. Wenn ihr uns retten wollt, dann kommt aus eurem Versteck hervor, zieht in den Krieg gegen eure Feinde, bis ihr sie vernichtet habt. G’tt wird mit euch sein!

Da standen Matitjahu und seine fünf Söhne wie Löwen auf. Sie versammelten alle treuen und kriegstüchtigen Männer um sich, zogen in den Krieg gegen die Feinde G’ttes, erschlugen sie und waren auch bereit ihr eigenes Leben einzusetzen. Lange führten sie Krieg, einen Krieg der Wenigen gegen die Zahlreichen, der Schwachen gegen die Starken. G’ttes Recht half ihnen und sie konnten sie so besiegen. Es gelang ihnen, das Land von den Armeen des Antiochus samt all seinen Abscheulichkeiten zu befreien. Sie kamen in den Vorhof des Heiligtums, reinigten den Altar und bauten ihre neu auf, verfertigten eine neue Menora aus Holz und zündeten acht Lichter daran an. Das Licht der Tora konnte nun wieder leuchten. Es herrschte Freude, Glaube und Zuversicht. Dieser Geist drang wieder in alle Häuser Israels, und in alle Wohnstätten ein für die kommenden Generationen.

Maß für Maß

Die große Rettung, die G’tt durch seine Kohanim erwirkt hatte, öffnete die Augen derer, die sich geirrt hatten. Viele Völker erkannten, dass G’ttes Name auf Israel ruhte, dass Er gerechte Rache geübt hatte, und dass Er Israels Feinden Maß für Maß heimzahlt.

Nachdem die Griechen die meisten Völker der Erde erobert hatten, und die Herrschaft über sie erlangten, rühmten sie sichund dachten: wir werden uns über alle Wolken erheben und auch das auserwählte Volk unterwerfen. Wir werden ihnen die Krone ihres Ruhmes herunternehmen und werden sie zu Boden werfen, so wie wir es auch mit den anderen Völkern getan haben. Doch nach dem Sieg der Hasmonäer kam die Strafe: sie spielten keine wichtige Rolle mehr unter den Völkern der Welt: Ihre Absicht war es gewesen Israels Tora in Vergessenheit geraten zu lassen und Israels Licht auszulöschen. Doch ein neuer Feiertag entstand, ein Jom Tow, der in Erinnerung brachte und Zeugnis gab, dass die Tora niemals weichen werde.

Eine Andeutung hierzu finden wir in den Sprüchen unserer Weisen: Die Mesusa befindet sich zur Rechten, das Chanukka licht zur Linken, und das Oberhaupt des Hauses dessen Talit die Zizit enthält befindet sich in der Mitte. Diese drei Dinge sind Sicherung gegen Vergesslichkeit. Die Mesusa erinnert uns an Seine Allmacht; die Zizit, Lemaan Tiskeru – damit ihr euch erinnert; auch das Chanukkalicht ist Erinnerung: Schichecha Chaschecha – Vergessen und Finsternis – enthalten die gleichen Buchstaben und haben den selben Sinn. Auch die beiden Gegenteile: Or -Licht, das die Augen zum sehen erhellt! Ure’item – und wenn ihr sehet, Usechartem – dann erinnert ihr euch: Unsere Weisen aus der späteren Zeit sagen, dass das Anschauen der Chanukkalichter Erinnerungen weckt, genau wie das Anschauen der Zizit.

So sagen unsere Weisen: »Wechoschech al Penej Tehom« (Bereschit 1) – dies ist Griechenland, das die Augen Israels verdunkelt hat. Darum wurden auch die Chanukkalichter vorgeschrieben.

So erklären. auch unsere Weisen den Vers in Daniel 2: »Und seine Seite war die einer Schlange«, denn die Schlange ist undankbar. Darum hatten sie gesagt: Wer sich bei Modim nicht verbeugt, dessen Rückgrat wird zur Schlange. Auch die Griechen hatten es versucht in Israel den Geist der Dankbarkeit und Demut auszulöschen. Darum führte das Volk Israel zusätzliche Dankbarkeitsbezeugung für das Wunder ein.

Die Griechen wollten die Heiligung des neuen Monates abschaffen, d.h. die Kraft der ständigen Selbsterneuerung. So gab G’tt ihnen eine zusätzliche Möglichkeit der Selbsterneuerung. Die Mizwa von Rosch Chodesch ist die erste Möglichkeit der Selbsterneuerung, die G’tt Israel gab. Chanukka ist die letzteErneuerung – bis zum Ende der Zeiten, wenn Maschiach kommen wird.

Die Griechen waren stolz auf ihre Macht und auf ihre Überzahl, doch sie erlitten ihre Niederlage durch ein Volk, das ihnen zahlenmäßig unterlegen war, und nur über wenig Waffen verfügte. Sie waren stolz auf ihre Weisheit und ihr ausgeklügeltes Herrschaftssystem, doch erschienen sie nach ihrem Fall als Raubtiere vor der übrigen Welt.

Ihre Anhänger unter den Juden, die Hellenisten hatten ihren jüdischen Brüdern spöttisch erklärt: Ihr könnt von den Griechen lernen, wie man Kriege führt und Macht erreicht. Verlasst euch nicht auf eure Lehre und auf euer Gebet. Wenn ihr euch auf diese verlasst, seid ihr jedem Volk, das euch angreift unterlegen. Doch da kam die Errettung. Mit Kriegsmacht und Heldentum, die diese Schwachen der Welt gegen die Starken der Welt bewiesen hatten, konnten sie den Sieg erringen. Dies ist umso erstaunlicher, als der Sieg nicht durch die kriegserfahrenen des Volkes errungen wurde, sondern durch die Kohanim, die im Heiligtum dienten, dem Heiligtum über welches kein Schwert geschwungen werden durfte! »Ele Barechew Weele Basussim – Jene mit Wagen, und jene mit Pferden…« (Tehillim 20) Doch es waren die Kohanim, die den Namen ihres G’ttes ausriefen. »Hema Kare’u Wenafalu… – andere knieten nieder und fielen, aber die Diener G’ttes standen auf und trugen den Sieg davon.«

Hieraus lernen wir, dass es vor G’tt keine Übermacht gibt. Ihre Überzahl nützt nichts, wenn sie unrein ist und frevelhaft. Der Sieg gilt den Schwachen und den zahlenmäßig Geringen, wenn sie rein und gerecht sind. Echte Stärke hat nur dann Bestand, wenn sie auf Reinheit gegründet ist. Echte Bindung ist nur mit den Zaddikim vorhanden. Die Bindung mit den Frevlern kann nicht von Dauer sein.

Chanukka und Purim

Als der böse Haman die Vernichtung aller Juden verkündet hatte, jung und alt, Kinder und Frauen an einem Tag, und diese Anordnung unwiderruflich mit dem königlichen Siegel versehen war, fasteten sie drei Tage lang und schütteten ihr Herz vor G’tt aus, damit Er das schlimme Verhängnis abwende. Warum hatten

sie sich nicht zusammengeschlossen, um sich an jenem Tage zu verteidigen? Die Verordnung bezog sich nur auf einen Tag; und sogar, wenn sie sich nicht alle durch Selbstverteidigung hätten retten können, so wären doch einige von ihnen verschont geblieben. Gab es denn unter ihnen keine kriegstüchtigen Männer? Hätten sie sich denn nicht in Höhlen verstecken können, bis der verhängnisvolle Tag verstrichen wäre?

Als die Griechen die Abschaffung der Tora für das jüdische Volk verordnet hatten, und als diese Verordnung das Heiligste in Israel traf, da gingen sie mit Schwert und Speer in den Kampf, und waren bereit ihr Leben herzugeben. Warum hatten sie keinen Fasttag ausgerufen um G’tt zu bitten, das Schlimmste zu verhüten? Waren unter ihnen nicht fromme Menschen, Priester G’ttes, die torakundig waren und beten konnten? Warum bedienten sie sich nur des Schwertes und des Speeres? Das Volk Israel sagte folgendes: Dein Licht, die Tora, ist in unseren Händen. Unser Licht, unsere Seele, ist in Deinen Händen. Du hast die Tora unseren Händen anvertraut. Wenn wir Dein Licht bewahren, wirst Du unseres bewahren. Wenn wir Dein Licht erretten, wirst Du unseres erretten.

Die Feinde G’ttes hassen sowohl Dein als auch unser Licht. Sie wollen beide auslöschen. Doch so lange eines das andere hütet, kann ihnen beiden nichts geschehen. Der Heilige, gelobt sei Er, bleibt uns immer treu. Sein Schutz verlässt uns nicht, und wäre es nur eine Stunde lang. Israel jedoch ist zuweilen treulos und hütet G’ttes Licht nicht. In einer solchen Zeit ist es den Feinden Israels möglich, ihm Schaden zuzufügen. Sie versuchen dann Israels Licht auszulöschen. Manchmal ist es auch umgekehrt. Sie versuchen G’ttes Licht auszulöschen, um damit auch Israels Licht auszulöschen.

Wenn gegen Israel Feinde auftreten, um sie physisch zu vernichten, so ist dies ein Zeichen, dass sich die Schechina – die g’ttliche Anwesenheit – von Israel entfernt und sich nach oben erhebt. Obwohl die Feinde dies nicht sehen, spüren sie es. Sie kümmern sich dann nicht mehr um G’ttes Anwesenheit, die sich ja sowieso entfernt hat. Doch dann machen sie Pläne, um Israels Licht zum Erlöschen zu bringen. In solchen Zeiten ist es unsere Aufgabe Kraft zu suchen und Reue zu zeigen. Durch das Gebet, durch die Tora – G’ttes Licht – versuchen wir dann wieder G’ttes Anwesenheit in unsere Nähe zu bringen. Wenn dann G’ttwieder Sein Licht über die Erde strahlen lässt, dann haben unsere Feinde keine Herrschaft mehr über uns, und der Tag der Erlösung ist uns sicher.

So kann man sagen: Nur mit dem Licht G’ttes können wir unser Licht erhalten, und G’ttes Licht leuchtet nur mit unserem Licht.

Da die Art und Weise der Errettung von Chanukka und Purim so verschieden ist, wird jedes Fest in anderer Form gefeiert. Die Chanukkatage sind für festliche Mahlzeiten nicht geeignet, dies würde den Charakter des Festes nicht widerspiegeln. Die Kriege jener Tage wurden geführt, um G’ttes Licht wieder leuchten zu lassen. Die physische Rettung hat hier nur zweitrangige Bedeutung. So können auch die Chanukkatage nicht Anlass zu Festmahlen und rein körperlichen Vergnügungen sein. Es sind eher Tage des Lobpreisens als Dank für die ständige Anwesenheit G’ttes.

Die Purimtage hingegen sind keine Tage des Lobpreisens, denn da ging es um das Gebet zur Erhaltung unseres eigenen Lichtes, das nicht erlöschen sollte. Darum wird Purim mit Festmahl und Freude gefeiert, um zu zeigen, dass wir unser Ziel erreicht haben, und dass G’tt unsere physische Substanz aus der Hand unserer Feinde errettet hat.

Der Dank für die Errettung von Körper und Seele kommt jedoch an beiden Festtagen zum Ausdruck: Wir sagen am Chanukka und am Purim das Al Hanissim-Gebet.