Chanukka-Heldinnen

Chanukka – für Mädchen und für die Mütter von Töchtern

Im Chanukkaspiel meiner Schulzeit war ich der Drejdl. Das Kostüm war aus einer Kühlschrankverpackung hergestellt und ich musste ziemlich viel herumkreiseln. Diese Verkleidung schien passend für ein Mädchen zu sein. Ich kann mich auch tatsächlich nicht an andere „good girl parts“ erinnern. Jeder wusste ja, dass die Chanukkageschichte die Geschichte der Makkabäer war – mit ihren glitzernden Aluminiumschwertern und den Schildern waren sie allesamt lediglich als Rollen für Jungens vorstellbar.

Sicher – es gab Chana. Sie war die Mutter von sieben Söhnen, die allesamt gefoltert und umgebracht wurden, einer nach dem anderen – sie zogen es vor, lieber getötet zu werden als Schweinefleisch zu essen oder sich vor einem Götzenbildnis zu verneigen. Bei jedem einzelnen Tod war Chana als Zeugin zugegen. Einem Midrash zufolge stürzte sie sich anschliessend von einem Balkon – während des Falles wurde sie von einer göttlichen Stimme begrüsst, die ihr verkündete „glücklich ist die Mutter von Söhnen“ (BT Gittin 57b). Ob dies als grausamer satirischer Witz gedacht war oder den tiefen Glauben Chanas veranschaulichen soll – jedenfalls war dies keine Geschichte, die mich besonders anzog.
Eine andere Auslegung endet damit, dass diese Märtyrerin in geistiger Umnachtung endet, eine Auslegung, die zumindest leichter nachzuempfinden ist (Echa Rabba 1, 50). Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob diese ultimative Heldin jemals ihren Weg in eine Chanukka-Schulparty gemacht hätte – selbst wenn, wer hätte gerne Chana gspielt?

Auf der Suche nach geeigneteren weiblichen Rollen für Chanukkaparties traf ich auf zwei Quellen – die Erzählungen der mutigen Hasmonäerbraut und die apocryphische Geschichte der Judith. Hier finden wir verschiedene Versionen:

Ein besonders grausamens Gesetz der syrisch-griechischen Besatzung um 168 v.Z. war jenes Gesetz, das forderte, dass jüdische Bräute vor ihrer Hochzeitsnacht eine Nacht mit einem syrischen Statthalter verbringen mussten. Diese politische Praxis instutitionalisierter Vergewaltigung dauerte ungefähr drei Jahre an, bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine hasmonäische Braut rebellierte. Zuweilen wird diese Braut als Tochter des Hohepriester und Schwester der Makkabäer identifiziert.

Vor ihrer Hochzeitsfeier nahm die tapfere junge Braut ihre Kopfbedeckung ab und entkleidete sich, bis sie vollständig nackt vor ihrer Familie stand. Als die Brüder sie umgehend töten wollten, weil sie Schande über die Familie gebracht hätte, rief die Frau aus: „Ich stehe nackt vor Euch, ohne Sünde, und ihr wollt mich töten. Ohne Widerrede jedoch würdet ihr mich einfach einem syrischen General überlassen!“ Die Erzählung von der Hasmonäerbraut endet hier. In diesem Moment klugen, tapferen und risikoreichen Verhaltens übernehmen die Brüder die Handlung der Geschichte. Sie ziehen aus und töten den General. Das Drama dieser Szene würde zu einer völlig neuen Perspektive des Chanukkaspiels führen – aber höre ich nicht schon den einsetzenden Protest? Zu verstörend, zu destruktiv, zu sexuell, zu „erwachsen“ für ein Chanukkaspiel. Interessant ist jedoch, dass die Gewalttätigkeit der Makkabäer nie zu „erwachsen“ schien, jedoch der Widerstand gegen sexuelle Gewalt ein zu ernstes Thema, um darüber zu erzählen.

Erzählung: Tamar Cohen
Übersetzung: Susanna Ruerup